edition motorfuture: KING > Folge 15

Walter Knecht schwieg. Red‘ schon Mädchen. Seine Alarmsysteme arbeiteten auf Hochtouren, obwohl… Es gab ja gar keinen Grund für Alarm.

Die junge Frau sah ihn an. Dieser Mann förderte ihre sportliche Karriere mit allen Mitteln. Sie glaubte ihn zu kennen. Obwohl… Bei Hermann Hesse hatte sie gelernt, dass kein Mensch den anderen kennt.

Sie sagte: „Du bist bereits im ersten Raster hängen geblieben.“

„Wie bitte?“

„Mit deinem Namen.“

„Womit bin ich wo hängen geblieben?“

„Im allerersten Fahndungsraster bist du hängen geblieben. So haben sie sich ausgedrückt. Ein fetter Karpfen in einem noch großmaschigen Netz, hat der Anführer des Trios gesagt. Wortwörtlich gesagt. Ich habe mir diese Formulierungen nach dem Verhör, das sie Befragung nannten, direkt notiert. Erstes Raster…, fetter Karpfen…, großmaschiges Netz.“

 „Ich verstehe kein Wort“, sagte Knecht. Er spürte seine feuchten kalten Hände. Kalter Schweiß auch auf der Stirn und im Nacken. Sein flauer Magen bereitete ihm Unwohlsein. Er war jetzt wirklich beunruhigt, sehr beunruhigt.

„Wenn ich es richtig verstanden habe, ist dein Name ganz offensichtlich bei einer Routineüberprüfung im Fahndungsraster des Polizeicomputers hängen geblieben.“

„Mein Name?“

„Dein Spitzname, dein Szenename, nenn‘ es wie du willst.“

Mandy Müller registrierte die körperlichen Reaktionen des Chefschiedsrichters mit wachsendem Befremden. Sein Gesicht ist weiß wie ein Leintuch. Seine Augen flattern. Er lässt seine Tasse stehen, weil seine Hände zittern. Sie sagte sachlich: „Ein Bombenattentat bedeutet automatisch Terrorismusverdacht.“

Knecht schwieg.

„In einem solchen Fall, haben sie erklärt, lassen sie im LKA zunächst einmal die Namen aller Beteiligten durch den Zentralrechner laufen. Opfer, Zeugen, Umfeld… Das ganze Programm… Reine Routine.“

Knecht schwieg.

„Dein Standardspruch ist im Raster hängen geblieben.“

„Wie bitte?“

„Dein Standardspruch.“ Mandy Müller unterbrach sich, und sie gab sich keine Mühe, die Kunstpause zu tarnen, und Walter Knecht vermutete, dass es diese natürliche Attitüde latenter Anmaßung war, die der jungen Schiedsrichterin auf dem Platz eine so erstaunliche Autorität verlieh. Ein blutjunger Mann mit Pickeln am Hals stellte eine Tasse und ein Kaffeekännchen auf den Tisch. Der Junge steckte in einer etwas zu groß geratenen Kellneruniform. Die gestärkte Serviette über seinem linken Arm saß schief, und seine Hände waren groß und rot, und seine Frage klang noch ungeübt: „Darf es für den Herrn noch etwas sein?“ Vom See her wehte eine leichte Brise, und der modrige Geruch des Uferwassers mischte sich mit dem intensiven Duft eines großen Rosenbeetes – Gloria Dei, Black Baccara, Rouge et Noir – und Walter Knecht hörte das Wendeflattern eines Segels.

„Dein Standardspruch.“ Mandy Müller wartete bis der Lehrling im Haus verschwunden war und fuhr dann fort: „Ich zitiere: Ich heiße Knecht, aber ich bin der King.“

„Du meine Güte!“ Knecht lachte ein Lachen, das ihm selbst nicht gefiel – zu hell, hysterisch, künstlich.

„Das ist aber nicht das eigentliche Problem“, sagte die Frau.

Knecht schwieg.

„Das eigentliche Problem ist, wenn ich das alles richtig verstanden habe, dass der Name King in Abhörprotokollen auftaucht, die Polizei und Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen die Wettmafia angefertigt haben.“

Knecht schwieg. Sein Magen begann zu rebellieren.

„Es geht auch um Fußballspiele… Auch in deutschen Ligen.“

 

⇒ Folge 16 morgen bei motorfuture

 

 

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