edition motorfuture: KING > Folge 64

„Okay, das war ein Fehler“, sagte die Schiedsrichterin. „Er hat sich mit ausführlichen Einlassungen verabschiedet, wo er nach dem Spiel auf mich wartet. Und was er dann mit mir anstellt. Mit mir und meiner Trillerpfeife.“

„Hattest du Angst?“

„Nein.“

„Ich werde dich ein paar Wochen aus dem Verkehr ziehen müssen.“

„Natürlich, das verstehe ich. Hauptsache, du schickst mich irgendwann zurück auf den Platz.“

„Ich werde dir bald ein Zweitliga-Spiel geben“, sagte Knecht. „Und die Hotspurs aus dem Schwabenland werden es in den nächsten Spielen mit ein paar besonders harten Knochen zu tun bekommen.“ Der Schiedsrichter-Obmann blickte angestrengt hinüber zum grünen Schilf vor dem blauen See. Seine Erleichterung war grenzenlos.

 

 

Kapitel 19

Teufel war rausgefahren nach Brandenburg. Quer durch die ganze Stadt. Er brauchte eine neue Bleibe. Hier draußen waren die Mieten noch moderat. Billig war es schon lange nicht mehr. Er war Privatdetektiv. Er hatte kein festes Einkommen. Er machte sich Sorgen. Wie an den westlichen Rändern der Stadt gab es auch draußen im Südosten viel Wasser. Den Müggelsee, die Müggelspree, den Dämeritzsee, den Kalksee. Ein Häuschen direkt am Wasser, vielleicht sogar ein Bootshaus – daran verschwendete er keinen Gedanken. So etwas würde er nicht mehr finden. Die Sahnestücke am Rand der großen Stadt waren auch im Osten längst vergeben. Er war Privatdetektiv. Und er hatte kein Geld. Aber er hatte jetzt einen Hund. Und er hatte ein Boot. Für den Hund brauchte er ein Häuschen mit einem kleinen Garten und ein bisschen Auslauf. Und für das Boot brauchte er einen Liegeplatz. Bootsstand, sagen sie in Berlin. Für das Boot brauchte er einen Bootsstand. Möglichst günstig, auf jeden Fall bezahlbar. Er war Freiberufler. Er hatte kein festes Einkommen. Er hatte kein Geld, keine Rücklagen. Das Hundchen Rühmann hatte sich rasch mit ihm angefreundet. Hunde wissen, wer ihren Fressnapf füllt. Rühmann war ein pfiffiges Kerlchen, dem noch ein wenig die Disziplin fehlte. Aber das war kein Problem. Teufel hatte eine tiefe Stimme, und Rühmann hatte rasch begriffen, dass es besser war, sich diesem brummigen Mann unterzuordnen. Meistens jedenfalls. Teufel war hinausgefahren nach Rosenfeld hinter der Stadtgrenze. Das lag nahe genug an den Seen, und die Bootsstände waren günstig hier draußen, ebenso das bescheidene Reihenhäuschen, das zu besichtigen er sich gezwungen sah. Er brauchte eine neue Bleibe. Er sah sich die ländliche Nachbarschaft an. Die Häuserzeilen mit dem verwitterten Putz. Die kleinen Vorgärtchen. Die Vans und Mittelklassewagen in den Garageneinfahrten. Viele davon schon ältere Modelle. Das gefiel ihm. Das schienen Leute zu sein hier draußen, die ihr Leben in die Hand genommen hatten. Leute, die nicht auf Rosen gebettet waren in Rosenfeld. Aber das war nicht so wichtig am Rand der großen Stadt. Wichtig war nur die Chance, sein Leben selbst gestalten zu können.

 

„Was sind Sie, Privatdetektiv?“ Der Vermieter war ein älterer Herr mit hessischer Melodie. Er war extra aus Wiesbaden angereist, um für seine kleine Kapitalanlage persönlich einen neuen Mieter auszuwählen.

„Ja“, antwortete Teufel, „Privatdetektiv mit Hund“.

„Kann man davon leben?“

„Der Hund schon.“

„Was ist ihr richtiger Beruf?“

„Polizist. Ich war viele Jahr beim LKA. Erst in Baden-Württemberg. Dann in Berlin. Jetzt bin ich Privatdetektiv.“

„Sie sind Schwabe, das hört man“, sagte der alte Herr. „Ich mag euch Schwaben. Ihr seid so sperrig.“

Teufel nickte.

„Es hat Ärger gegeben“, sagte der Vermieter nachdenklich. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein LKA-Beamter freiwillig auf seine Pension verzichtet.“

„Ja, es hat Ärger gegeben, aber…“

„Das tut hier nichts zur Sache“, sagte der Mann. „Ich war fast mein ganzes Berufsleben lang Richter am Oberlandesgericht, und ich weiß, wie der Staat mit Polizisten umgeht, die in Schwierigkeiten geraten, weil sie ihren Beruf ernst nehmen, manchmal zu ernst nehmen.“

Teufel nickte wieder. Er sah hinunter zu dem Hundchen Rühmann.

„Ich nehme an, Sie bezahlen Ihre Rechnungen.“

„Selbstverständlich.“

„Haben Sie einen Eintrag bei der Schufa?“

„Ich habe keine Schulden. Und ich bezahle meine Rechnungen.“

„Haben Sie irgendwelche Referenzen?“

„Nun ich…“ Teufel sah hinunter zu dem Hundchen und suchte dann den Blick des Vermieters: „Sagt Ihnen der Name Pawelke etwas, Professor Pawelke?“

„Pawelke… Professor Hans Pawelke?“

⇒ Folge 65 morgen bei motorfuture

 

 

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