edition motorfuture: KING > Folge 72

Was hab‘ ich euch gesagt?“

Schweigen.

„Man kann sich auf sie verlassen.“

„Ja.“

„Sie ist total abgebrüht.“

„Ja.“

„Sie ist geil auf Kohle.“

„Ja.“

„Sie ist cool. Sie wickelt diesen King um den kleinen Finger.“

„King, King, King! Wir hatten hier eine Razzia wegen diesem Typen, das ist nicht cool. Gar nicht cool.“

„Razzia, Razzia, Razzia! Macht dir nicht ins Hemd. Es war eine kleine Hausdurchsuchung. Sie haben nichts gefunden. Sie können nichts finden. Sie können nach Moskau fahren oder nach Hongkong. Ja, das könnten sie… Aber das tun sie nicht. Das BKA ist nicht das FBI. Und schon gar nicht die CIA.“

Der Mann mit dem Glasauge grinste. Er drückte seine Zigarette in den Aschenbecher und ging hinter die Theke. Er schenkte sich einen Wodka ein. Er trank gerne ein Gläschen. Er hasste es, nach Alkohol zu riechen. Schwächlinge rochen nach Alkohol. Das war teurer Stoff hier, Spitzenwodka. Er trank gerne ein Gläschen.

„Es gibt hier nichts zu finden. Wir sind zu clever und die deutschen Bullen sind zu doof.“

„Bullen und Staatsanwälte sind vielleicht doof, aber man muss sie sich vom Leib halten. Schon vergessen?“

Der Mann mit den schmalen Augen und dem dunklen Bartschatten warf einen Blick über die Theke. Er sah an dem Mann mit dem Glasauge vorbei.

„Schenk mir auch einen ein. Und ihm auch.“

Er deutete auf den dritten Mann, der am Tisch saß und schwieg. Dieser Mann sah schläfrig aus. Er hatte die Augen halb geschlossen und schwieg.

„Keine Bullen, keine Staatsanwälte, keine Richter! Kapiert?“

Der Mann mit dem Glasauge schwieg. Er kam hinter der Theke hervor und stellte drei Gläser auf den Tisch.

„Wir sind ein Café und kein Hausdurchsuchungsladen, kapiert?“

„Man kann sich auf sie verlassen“, sagte das Glasauge.

„Das hast du von dem langen Elend auch gesagt. Kaum saß er im Vernehmungszimmer, hat er gezwitschert wie ein Vögelchen.“

„Ja, das lange Elend… Ein Griff ins Klo. Man muss höllisch aufpassen bei diesen Typen.“

„Dein Bruder und dein Cousin sind eingefahren wegen diesem Idioten.“

„Es sind auch dein Bruder und dein Cousin.“

„Das macht es nicht besser.“

Der Mann am Tisch leerte sein Glas. Er sah an dem Mann mit dem Glasauge vorbei.

„Dieser King. Er muss weg“, sagte der Schläfrige.

Schweigen.

Der Schläfrige nahm sein Glas, ließ die Flüssigkeit kreisen und stellte es wieder auf den Tisch. „Er muss weg.“

Schweigen.

„Warum muss er weg?“ Das Glasauge hatte sich wieder auf den Weg hinter die Theke gemacht. Er würde sich noch ein Gläschen genehmigen. „Warum muss er weg?“

Schweigen.

„Er nützt uns nur. Er gibt ihr Einsätze. Das ist gut fürs Geschäft.“

„Er muss weg“, wiederholte der Schläfrige.

„Warum?“

Schweigen.

„Nur so ein Gefühl“, sagte der Schläfrige schließlich.

„Ein Gefühl?“

Der Schläfrige klappte seine Lider nach oben. Ein Krokodil am Ufer eines Sumpfes. Seine braunen Augen waren ohne Glanz im trüben Licht des Lokals. Er sah träge über den Tisch hinweg. Zwischen den beiden anderen Männern hindurch. Er schwenkte den Wodka in seinem Glas.

 

 

Kapitel 23

Ein Haus- oder Wohnungseibruch ist keine große Sache. Der Einbrecher braucht ein bisschen Werkzeug: einen Satz Dietriche, einen Geißfuß, ein Türfallen-Öffnungsnadelset. Und für die rustikalen Fälle ein Stemmeisen, einen Saugheber und einen Glasschneider. Natürlich könnte man eine Scheibe auch mit einem Gummihammer einschlagen, aber das wäre unkultiviert und unprofessionell. So ein Haus- oder Wohnungseibruch ist wirklich keine große Sache. Der Einbrecher benötigt ein stabiles Nervenkostüm, und er braucht vor allen Dingen Ruhe. Ein ungestörter Einbruch ist ein Kinderspiel.

Teufel war früh aufgestanden.

⇒ Folge 73 am Montag bei motorfuture

 

 

KING. Projekt6 Band 1.

demnächst als eBook bei Kindle