Logbuch Nio EL8

Unterwegs mit dem neuen Nio-Flaggschiff. Fahrbericht.

Platz für sechs Personen, zwei Innenraumversionen, Allradantrieb – das Luxus-SUV EL8 ist das neue Flaggschiff der chinesischen Marke Nio. Mit einer Länge von 5,01 Metern, einer Breite von 2,20 Metern (inklusive Außenspiegel) und einer Höhe von 1,75 Metern ist das knapp 2,6 Tonnen schwere SUV eine stattliche Erscheinung.

Doch wenn’s ums Fahren geht, fühlt sich der neue Nio keinesfalls so riesig an. Selbst durch  relativ enge Gassen lässt sich der EL8 problemlos steuern. Auf Landstraße oder Autobahn indessen strahlt der Wagen große Souveränität aus. Das liegt zum einen am Radstand von 3,01 Metern und am auf Komfort getrimmten Fahrwerk. Auf der anderen Seite aber ist es das satte Leistungsangebot des über beide Achsen angetriebenen SUV. Vorn arbeitet ein Permanentmagnet-Motor mit 180 kW (245 PS), hinten eine 300 kW (408 PS) starke Induktionsmaschine mit einem dualen Dreiphasen-Wechselrichter. Mit der Gesamtleistung von 480 kW (643 PS) sowie einem Drehmoment von 850 Newtonmetern  beschleunigt der EL8 laut Datenblatt  in  4,1 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100, die Höchstgeschwindigkeit wird bei 200 km/h abgeregelt.

Beides haben wir während unserer ersten Testfahrt mit dem EL8 über insgesamt knapp 100 Kilometer nicht ausprobiert. Stattdessen führte uns die Tour durch kleinere Orte mit engen Passagen sowie über Landstraßen und einige Autobahnabschnitte. Unterm Strich haben wir dabei einen Verbrauch von 23,8 kWh/100 km ermittelt. Ein guter Wert für ein Auto dieser Größe und ein weiterer Beleg für den überragenden Wirkungsgrad der Elektrotechnik.

Der Fahrstrom kommt im EL8 wahlweise aus Batterien mit Kapazitäten von 73,5 kWh (Standard) oder 90 kWh (Long Range, jeweils netto). Während der On-Board-Lader nur elf kW leistet, liegt die Ladeleistung an DC-Ladestationen bei maximal 140 kW (Standard-Version) und 240 kW (Long Range). Die Ladedauer von zehn auf 80 Prozent wird mit 30 beziehungsweise 24 Minuten angegeben. Noch schneller geht es an den Nio-Swap-Stationen. Hier wird der komplette Akku in gerade einmal fünf Minuten vollautomatisch gewechselt. 17 dieser Stationen gibt es inzwischen in Deutschland. Die maximale Reichweite mit dem großen Akku gibt Nio mit 510 Kilometern an (WLTP-Zyklus). Mit der  kleineren Batterie sollen 390 Kilometer möglich sein. Die WLTP-Verbrauchswerte: 23,1 beziehungsweise 22,3 kWh für die 100-Kilometer-Distanz.

Der EL8 steht auf 20 bis 22 Zoll großen Rädern. Und auf Luft – Zweikammer-Luftfederung plus Continuos Damping Control (CDC) mit Stoßdämpferanpassung in Echtzeit. Sagt Nio.   

Premiumanspruch auch bei Ausstattung und Platzangebot des Passagierabteils. Zur Wahl stehen zwei Varianten mit unterschiedlichen Anordnungen der zweiten Sitzreihe. Alternativ gibt einen schmalen Mittelgang zur dritten Sitzreihe oder eine Mittelkonsole zwischen den zwölffach verstellbaren Ottoman-Liegesitzen der zweiten Sitzreihe. Fast überflüssig zu erwähnen, dass auch Fahrer und Beifahrer in der ersten Reihe auf perfekten Sitzen reisen.

Generell hat Nio den EL8 ziemlich komplett ausgestattet. So gibt es außer einer Vielzahl von Assistenzsystemen unter anderem eine 10,2 Zoll große digitale Instrumentenanzeige, ein 12,8 Zoll großes Zentraldisplay und ein Head-up-Display mit einer Größe von 16,3 Zoll. Das hochwertige 2.300-Watt-Infotainmentsystem umfasst 23 Lautsprecher und DAB-Radio. Bluetooth und Navigation sind ebenso selbstverständlich wie eine Vielzahl von USB-C-Anschlüssen.

Das Gesicht des EL8 zeigt die typische Nio-DNA mit den extremen schmalen Tagfahrlichtern. Filigran haben die Designer auch die Rücklichter gestaltet. Die sind über ein feines Leuchtenband miteinander verbunden und verleihen dem EL8  optisch mehr Breite. Da die Karosserie oberhalb der muskulös herausgearbeiteten Radhäuser nach oben schmaler zuläuft, wird die Breite zusätzlich betont. Die flächenbündigen Fenster, in die Kotflügel integrierte Kameras, eine unauffällig in die Dachlinie integrierte Dachreling sowie versteckte Blinker bringen nicht zuletzt den effizienten Luftwiderstandsbeiwert: cW 0,25.

Die Heckklappe schwingt weit nach oben, dahinter liegt ein Ladeabteil mit einer Größe von 265 Litern, wenn alle Plätze belegt sind. Auf Knopfdruck falten sich die Sitze der dritten Reihe zusammen, dann wächst das Kofferraumvolumen auf 810 Liter. Einen Frunk gibt es nicht im großen Nio, dafür die  Zulassung für größere Zugaufgaben: Anhängelast zwei Tonnen, Stützlast 120 Kilogramm.

Potenzielle Nio-Kunden werden ihr Auto leasen, schon klar. Es gibt aber auch eine offizielle Preisliste. Die beginnt für den Nio EL8 bei 82.900 Euro plus 169 Euro Monatsmiete Batterie. Die Executive-Version mit dem großen Akku kostet 87.900 Euro plus 289 Euro Batteriemiete. Die Kaufpreise für die Traktionsbatterien sind mit 12.000 und 16.000 Euro kalkuliert. Wer kauft, wird an den Wechselstationen allerdings nicht bedient. Die Tauschtechnik an der Swap-Station ist ein Exklusivangebot für die Akku-Mieter.

Fotos: Nio

 

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Wolfgang Schaeffer