Logbuch Fiat 500 Elektro

Unterwegs mit Europas meistverkauftem Elektroauto im Segment A/B. Praxistest.

  • 87 kW (118 PS)
  • (Lithium-Ionen-)Batterie: 42 kWh, Ladeleistung: 85 kW
  • Testverbrauch: 14,7 kWh/100 km

Vor knapp 67 Jahren, am 4. Juli 1957, hat Fiat den Nuova Cinquecento präsentiert, der das Erbe des Topolino, antrat. Großes Ziel des kleinen Wagens: die Massenmotorisierung in Italien und Europa. Zusammen mit dem Fiat 600 avanciert der Cinquecento rasch zum Helden auf vier Rädern – bis zum Produktionstopp Ende 1975 werden weltweit knapp 3,8 Millionen Exemplare verkauft. Exakt 50 Jahre später belebt Fiat den Klassiker und präsentiert am 4. Juli 2007 die zweite Modellgeneration des Fiat 500, der seither weltweit über 3,2 Millionen Mal verkauft wurde, 185.000 Mal als vollelektrische Version.

Den Namen verdankt der Kleinwagen seiner ersten Motorisierung: der luftgekühlte Zweizylinder-Heckmotor mit einem Hubraum von 479 cm³ (500 cm³ Nennvolumen) leistet 13 PS und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 85 km/h. Weitere Motorvarianten folgen – in der zweiten Modell-Generation wanderte der Motor zudem vom Heck in die Front. Und seit 2020 gib es den Erfolgswagen auch als Vollelektriker. 

Blickfang, Sparfuchs

Wir waren mit dem Fiat 500 Elektro Cabrio unterwegs – im Vergleich zur geschlossenen Version ist der Wagen mit dem großen Faltdach 40 Kilogramm schwerer, der Verbrauch dadurch etwas höher.

Auch 16 Jahre nach der Markteinführung der zweiten Modellgeneration zieht der Fiat 500 die Blicke im Stadtverkehr auf sich, obwohl das 3,63 Meter kurze und 1,68 Meter Wägelchen in deutschen (Groß-)Städten mittlerweile omnipräsent ist. Zu Recht, der Wagen ist sehr handlich und für die Stadt und Kurzstrecke gemacht. 

Der vollelektrische 500 überzeugt mit 87 kW (118 PS) und 220 Nm Leistung, die Beschleunigung aus dem Stand ist direkt und kraftvoll: in 3,1 Sekunden von null auf 50 km/h und in 9 Sekunden von null auf 100/km/h. Typisch E-Auto. Mit der 42 kWh-Lithium-Ionen-Batterie (netto 37,7 kWh) liegt der Verbrauch auf den knapp 500 Testkilometern bei 14,7 kWh/100 km. Das entspricht einer Reichweite von 254 Kilometern. Ein guter Wert, der, sobald man den Fiat auf der Kurzstrecke in der Stadt bewegt, noch besser wird. Und genau das ist das Einsatzgebiet des 500.

Ordentlich Leistung auf der Straße und beim Laden

Ein großer Vorteil von E-Autos ist ja – im Gegensatz zum Verbrennungsmotor – der geringe Verbrauch auf der  Kurzstrecke. Klar, das ständige Rekuperieren schafft via Generator Strom zurück ins System.  Apropos Rekuperation. Beim wegen der Traktionsbatterie immerhin 1,4 Tonnen schweren Fiat stehen drei Fahrmodie zur Wahl: Normal, Range und Sherpa. Wählt man über den Kipphebel in der Mittelkonsole den Range- oder Sherpa-Modus, rekuperiert der Fiat automatisch und das entspannte One-Pedal-Driving kann losgehen. Die Leistungsentfaltung unterscheidet sich in den drei Modi nur marginal. Im Sherpa-Modus riegelt die Technik bei 80 km/h ab, im Normal- und Range-Modus sind Geschwindigkeiten bis zu 150 km/h möglich. Allerdings zeigt sich auf der Autobahn schnell, dass die Reichweite ab 110 km/h rapide schwindet. Dank 85-kW-Ladeleistung kann an Schnelladesäulen aber in 35 Minuten von 20 auf 80 Prozent nachgeladen werden.

Neben der guten Leistungsentfaltung überzeugt auch die Lenkung des Fiat 500 Elektro, ebenso die Federung, die Dämpfung und die Bremsen. Einziges Manko beim Fahren: Die sehr breite C-Säule beeinträchtigt die Sicht nach hinten – man muss sich oft auf den Tote-Winkel-Assistenten verlassen. Ein Plus: Alle Assistenzsysteme können bequem über Schalter am Lenkrad bedient werden.

Doch bevor man überhaupt losfährt, fällt der fehlende Schalthebel auf. An sich keine Besonderheit bei einem E-Auto, aber beim Fiat sind die Gänge im Armaturenbrett eingebettet – vier relativ große Tasten (P, R, N und D). Was anfangs gewöhnungsbedürftig ist, wird sicher mit der Zeit zur Gewohnheit. Drückt man auf „D“, kann es losgehen, und die ersten Meter werden mit leiser Musik untermalt. Gespielt wird der Wiener Walzer „An der schönen blauen Donau“, Johann Strauss an Bord, ehe der 500e elektroautotypisch quasi lautlos durch die Straßen surrt.

2+2

Im Innenraum sitzen Fahrer und Beifahrer bequem auf den Vordersitzen, die Rückbank des Viersitzers ist eigentlich nur für Kinder oder extrem kurze Fahrten geeignet – 2+2 bezeichnet das Platzangebot im Fiat 500 besser. Das Kofferraumvolumen beträgt 185 Liter, durch das Umklappen der Rückbank vergrößert sich das Ladevolumen auf 550 Liter. Außerdem lässt sich unter der Fronthaube ein Frunk nachrüsten, in dem das Ladekabel Platz findet.

Typisch italienisches Design außen wie innen. Vor allem im Innenraum steckt viel Liebe zum Detail: In den Türgriffen findet sich die Abbildung des Ur-Fiat-500 und in der Ladeschale die Skyline von Turin – wo 1957 die erste Generation des Cinquecento vom Band lief, wird heute der neue, vollelektrisch angetriebene Fiat 500 gebaut. Gelungen und praxisnah: die Kombination aus klassischen Schaltern und Touch-Display. Das Infotainmentsystem liefert alle gängigen Funktionen, wie immer gilt aber auch im 500e: die Bedienung ist vor und nicht während der Fahrt sinnvoll.

Im Moment hat man beim Fiat 500 Elektro die Wahl zwischen zwei Motorvarianten (70 kW und 87 kW) und zwei Batteriegrößen (23,8 kWh und 42 kWh). Der Einstieg in die vollelektrische Cinquecento-Welt ist aktuell rabattiert – 5000 Euro Nachlass. Der geschlossene Fiat 500 mit 70 kW Leistung und 23,8 kWh Lithium-Ionen-Batterie kostet aktuell 24.490 Euro, das Cabrio mit großem Motor und Antrieb (84 kW und 42 kWh Batterie) 32.990 Euro.

Fotos: motorfuture

 

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Franziska Weber