Logbuch Renault Mégane E-Tech Electric

Unterwegs mit dem Vollelektriker der Bestsellerbaureihe.

Der elektrisch angetriebene Mégane ist das erste Fahrzeug, das auf dem  neu entwickelten und speziell für rein batterieelektrische Fahrzeuge konzipierten modularen CMF-EV-Plattform der Allianz Renault-Nissan-Mitsubishi steht. Der über die Vorderräder angetriebene Franzose wird in zwei Leistungsstufen mit 96 kW (131 PS) oder 160 kW (218 PS) angeboten. Fahrbatterien mit einer Kapazität von 40 oder 60 kWh stehen zur Wahl.

Zum Einsatz kommen fremderregte Drehstrom-Synchronmotoren. Die  Maschine mit 96 kW (131 PS)  mobilisiert ein maximales Drehmoment von 250 Nm. Renault kombiniert das Triebwerk mit der 40-kWh-Batterie und dem 60-kWh-Akku. In beiden Varianten ist die Höchstgeschwindigkeit zugunsten einer höheren Reichweite elektronisch auf 150 km/h begrenzt. Der WLTP-Verbrauch liegt bei 15,8 kWh mit 40-kWh-Batterie und 15,5 kWh mit 60-kWh-Batterie. Die Reichweiten gibt Renault mit 300 beziehungsweise 470 Kilometern an. 

Verbrauch: Überraschung

Das Topaggregat mit 160 kW (218 PS) und einem Drehmoment von 300 Nm ist ausschließlich in Kombination mit dem 60-kWh-Akku verfügbar. Hier wird die Höchstgeschwindigkeit elektronisch bei Tempo 160 begrenzt. Den WLTP-Verbrauch gibt Renault mit 16,1 kWh, die Reichweite mit 450 Kilometern  an.

Wir waren knapp 250 Kilometer mit der Top-Version unterwegs und sind auf einen Durchschnittsverbrauch von 17,4 kWh gekommen. Und das trotz vieler Steigungsstrecken und ungezählter Kurven. Damit ist der Praxiswert also keinesfalls weit weg von der Theorie.

Komfort: Es ist ein Franzose

Komfort stand klar im Vordergrund bei der Auslegung von Lenkung und Fahrwerk. Die sportliche Kurvenfahrt ist deshalb nicht so das Ding des Elektro-Mégane. Weder ist die Lenkung direkt genug, noch sind Federung und Dämpfung ausreichend straff abgestimmt. Das gilt selbst für den  Modus Sport, der außer Comfort und Eco sowie einer personalisierten Option per Knopfdruck am Lenkrad angesteuert werden kann. Mit den drei Rekuperationsstufen lässt sich die Geschwindigkeit gut dosieren. In der stärksten ist so etwas wie ein One-Pedal-Driving-Verhalten zu spüren. Bis zum Stillstand wird aber nicht verzögert. Weshalb die Designer den  Bedienknopf mit dem Begriff „Multi Sense“ statt mit Mode beschriftet haben, bleibt ein Rätsel.

Noch etwas mehr Gelassenheit  als beim Fahren sollte beim Laden der flüssig gekühlten Batterien gezeigt werden. An einer 22-kW-Säule mit einem 22-kW-AC-Bordladegerät – bei dem 40-kWh-Akku als Option zusammen mit dem DC-85-kW-Ladegerät zu haben – dauert es laut Hersteller zwei Stunden und zehn Minuten, um die leere Batterie auf 100 Prozent zu bringen. Eine Stunde länger dauert es bei dem großen 60-kWh-Energiespeicher. Steht lediglich eine  11-kW-Wallbox zur Verfügung, sind es entweder 4,25 oder 6,25 Stunden. 

Bei DC-Schnellladungen hat Renault auch Werte für den Ladebereich von praktisch Null auf 80 Prozent parat: 38 beziehungsweise 42 Minuten für den kleinen und den großem Akku. 

Kompakt, geräumig

Mit einer Länge von 4,20 Metern, einer Breite von 1,77 Metern, einer Höhe von 1,51 Metern und einem Radstand von 2,69 Metern tritt der  Mégane E-Tech Electric in der Kompaktklasse an. Und die Bodenfreiheit von 135 Millimetern zeigt an: Es ist kein SUV. Der Crossover, der auf 18 oder 20 Zoll großen Rädern anrollt, hat  ein Kofferraumvolumen von 440 Litern, das bei umgeklappten hinteren Lehnen auf bis zu 1332 Liter erweitert werden kann. Leider aber muss zum Be- und Entladen  eine mächtige und damit rückenunfreundliche Stufe überwunden werden. Die Anhängelast liegt bei 500 Kilogramm (Topversion 900 Kilogramm), Stütz- und Dachlast betragen jeweils 80 Kilogramm.

Muskulöse Schultern, breiter Rücken, dreidimensionales Lichtdesign

Weiche und geschwungene Linien prägen die Karosserie. Schulterpartien und Radhäuser treten aufgrund der eingezogenen Flanken muskulös hervor. Extrem schmal gezeichnete Voll-LED-Scheinwerfer sowie tief nach unten gezogene Tagfahrlichter an den äußeren Enden der geschlossenen Front zieren das Gesicht des Mégane E. Mächtige Einsätze in der Frontschürze sollen an die Flügel von Formel 1-Wagen erinnern. Auch wenn es damit Vorteile für die Aerodynamik geben soll – dieser Bezug ist irgendwie unpassend. Und wirklich gelungen sehen die Einsätze, die sich deutlich kleiner und damit schöner in der Heckschürze wiederholen, nicht aus.

Das Heck wirkt aufgrund der nahezu über die gesamte Fahrzeugbreite verlaufenden Rückleuchten enorm breit und präsent. Linien und Muster wurden mit einer speziellen Technik per Laser direkt in die Oberfläche und Innenseite der Plexiglas-Abdeckungen eingraviert und von innen mit LED-Elementen beleuchtet. Das ergibt einen dreidimensionalen Leuchteffekt.

Zwei Bildschirme, konventionelle Schalter für die Klimaanlage

Im komplett neu konzipierten Cockpit fallen auf Anhieb die beiden Bildschirme auf. Das digitale 12,3-Zoll-Kombiinstrument sowie das zwölf Zoll große Multimediadisplay mit Navigationssystem (Serie ab der zweiten Ausstattungsstufe, Neun-Zoll-Touchscreen in der Basisversion) sind lediglich durch einen Lüftungsschlitz  voneinander getrennt. Unterhalb des Touchscreens liegt die Bedienleiste mit Schaltern für die Klimaanlage. Das Fach mit der Schale für induktives Laden (nicht in der Basisversion) schließt sich direkt an. AppleCar Play und Android Auto sind integriert. Der Armaturenträger ist schmal gezeichnet. Die Breitenwirkung wird  zusätzlich mit einem Lüftungseinlass betont, der sich von der Mittelkonsole bis zur A-Säule auf der Beifahrerseite zieht.

Das unten und oben leicht abgeflachte Multifunktionslenkrad ist mit relativ wenig Bedienknöpfen ausrüstet. Für Renault typisch ist der zusätzliche Bedienstock auf der rechten Seite des Lenkrads für die Radioeinstellungen. Zudem gibt es noch Schaltwippen, um die Stärke der Rekuperation zu wählen.

Viel Platz, gute Sitze

Das Platzangebot für Passagiere ist wie bei E-Autos üblich, groß. Auf der Rückbank stehen beispielsweise drei Zentimeter mehr Kniefreiheit als beim Mégane mit Verbrennungsmotor zur Verfügung. Keinerlei Einschränkungen gibt es zudem beim Raum über dem Scheitel, da die im Fahrzeugboden untergebrachte Batterie mit elf Zentimetern eine vergleichsweise niedrige Bauhöhe hat. Das Lenkrad kann in Höhe und Länge verstellt werden, der Fahrersitz in der Höhe. 

Die Sitzqualität ist gut, der Seitenhalt passt zum eher auf Komfort ausgelegten Fahrzeugkonzept. Und während das Fach unter der Armauflage der Mittelkonsole  – mit zwei USB-C-Anschlüssen  – großzügig bemessen ist, sind die Ablagen in den Türen ziemlich schmal geraten. Kein Platz für Einliter-Flaschen.

Große Batterie: ab 41.700 Euro

Zur Preispolitik: Die Basisversion EV40 mit 96 kW und dem für Langstrecken ungeeigneten Standard-Charger kostet 35.200 Euro. Für den Boost-Charger sind 1900 Euro Aufpreis fällig. 

Renault geht  davon aus, dass sich um die 80 Prozent der Kunden für die große Batterie entscheiden. Hier liegt der Einstieg bei 41.700 Euro. Das Ausstattungsniveau ist durchweg gut. Bereits in der Basisausstattung sind unter anderem 18-Zoll-Aluräder, elektrisch einstell- und beheizbare Außenspiegel, Klimaanlage, Rückfahrkamera (scharfes Bild), Tempomat, Voll-LED-Scheinwerfer und  diverse Assistenzsysteme enthalten. Sehr empfehlenswert ist die zweite Ausstattungsstufe Evolution mit Klimaautomatik, induktiver Ladeschale, Zwölf-Zoll-Touchscreen samt Navi und prima funktionierender Google-Sprachsteuerung. Wichtiger Nebenaspekt: Bei der Navigation mit Google Maps lässt sich die für das Laden wichtige Vorkonditionierung der Batterie nutzen. 

Fotos: Renault

 

Wolfgang Schaeffer