569 pro 1000

Wunsch und Wirklichkeit in der politischen Debatte: Das Automobil wird verteufelt und ist gleichzeitig begehrt wie nie zuvor. Aktuelle Zahlen aus Deutschland.

Meinungsmache und die Übermittlung angeblich gefühlter Stimmungen sind das eine in der gesellschaftspolitischen Debatte. Die nackten Zahlen sind das andere. Das Automobil ist ein perfektes Beispiel für das zeitgenössische Auseinanderdriften von Wunsch und Wirklichkeit. Die Wende weg vom Individualverkehr ist vor dem Hintergrund der Klimaschutz-Debatte scheinbar beschlossene Sache. Aber nur theoretisch. In der Praxis fahren nämlich immer mehr Menschen mit immer mehr Autos durch Deutschland.

Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden (Destatis) hat jetzt die aktuellen Details zur Pkw-Dichte in Deutschland aufbereitet. Die Ergebnisse, Stand 2019, sind verblüffend.

  1. Das Automobil ist kein Auslaufmodell, im Gegenteil. In Deutschland waren im vergangenen Jahr pro 1000 Einwohner 569 Personenwagen zugelassen.
  2. Die Zahl der zugelassenen Automobile steigt. In den vergangenen 10 Jahren (2009 bis 2019) wuchs der Personenwagen-Bestand in Deutschland von 41,3 Millionen auf 47,1 Millionen. Das entspricht einem Plus von 14 Prozent.
  3. Auch die Pkw-Dichte, also die Zahl der Autos pro Einwohner, wuchs im genannten Zeitraum (2009 bis 2019) signifikant – von 509 auf 569 Personenwagen pro 1000 Einwohner. Das entspricht einem Plus von 12 Prozent.

Die Abstimmung auf Rädern bringt also ein Ergebnis, von dem die politischen Parteien nur träumen können. Zieht man die unter 18-Jährigen ab – ein Auto ohne Führerschein macht keinen Sinn – verfügen statistisch betrachtet gut 70 Prozent der Bevölkerung in Deutschland über einen Personenwagen.

Warum der Kraftwagen so beliebt ist? Weil er die Leute ans Ziel bringt, und diese Ziele sind häufig der Arbeitsplatz und die Privatwohnung in ständig wechselnder Reihenfolge. In Flächenländern ist die Pkw-Dichte deshalb größer, in Stadtstaaten mit einem entsprechenden Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln kleiner. Autofahrer-Bundesland Nummer eins ist das Saarland mit 640 Pkw pro 1000 Einwohner, aber selbst in Berlin kommen auf 1000 Einwohner noch 335 zugelassene Personenwagen.

Plus für Busse und Bahnen

Die erstaunlich hohe Pkw-Dichte geht übrigens nicht zu Lasten des Öffentlichen Personenverkehrs. Im Gegenteil. „Die mit der wachsenden Bevölkerung gestiegene Mobilität schlägt sich auch in Fahrgastzahlen im Linienverkehr nieder“, schreiben die Bundesstatistiker. Wurden 2010 in Deutschland noch rund 10,6 Milliarden Passagiere in Bussen und Bahnen gezählt, waren es 2019 bereits 11,4 Milliarden – ein Plus von 8 Prozent.

Mit einem Fahrgast-Zuwachs von 24,6 Prozent im genannten Zeitraum spielt übrigens auch hier Berlin eine Sonderrolle. 

Das lässt – Ideologen, aufgepasst! – Rückschlüsse auf ein typisch menschliches Verhalten zu. Die Leute gestalten ihre Lebensumstände gerne nach und unter individuellen Gesichtspunkten. Das gilt auch für die Wahl des Transportmittels.

 

Foto: motorfuture

Oskar Weber