KGM Torres EVX: Praxistest

Die koreanische Traditionsmarke SsangYong firmiert jetzt unter dem Konzerndach des KG-Konzerns. Das M im Namen steht für das Geschäftsfeld Mobility, den KGM Torres gibt es auch als Vollelektriker mit dem Modellzusatz EVX. Komplizierte Verhältnisse? Nein, ein ziemlich interessantes Auto. Praxistest.

Die Marke

Es gibt einen neuen Namen in der Automobillandschaft: KGM. KGM ist allerdings kein neuer Player, sondern der neue Name der südkoreanischen Marke SsangYong, die 1954 gegründet wurde. 1969 folgte die erste eigene Geländewagen-Produktion, 1986 die Zusammenarbeit mit Mercedes-Benz. Der Fokus der Produktpalette liegt seitdem auf SUVs und Pick-Ups.

Vor zwei Jahren hat der südkoreanische Mischkonzern KG Group den Automobilhersteller SsangYong übernommen, seit diesem Jahr startet die Marke unter dem neuen Namen KGM auf dem deutschen Markt. KGM steht für KG Mobility.

Das Auto

Der Torres EVX ist ein SUV der 4,70-Meter-Klasse. Konkret: 4,72 Meter lang, 1,89 Meter breit, 1,73 Meter hoch – inklusive Dachreling. Das Auto wiegt 1915 Kilogramm, darf knapp 500 Kilogramm zuladen und 1500 Kilogramm ziehen.

Der Antrieb

Der Torres EVX ist ein Vollelektriker mit Heckantrieb. Motor an der Hinterachse: 152 kW Leistung, das sind 207 PS. 339 Nm Drehmoment aus dem Stand. Das ist sehr ordentlich. Tempo-100-Sprint in 8,1 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit wird bei 175 km/h abgeregelt.

Der Wählhebel fürs Getriebe ist auf der Mittelkonsole nahe beim Fahrersitz platziert und liegt gut in der Hand.

Rekuperation

Energiesparen leicht gemacht. Die Paddel für die Energierückgewinnung während der Fahrt sitzen direkt am Lenkrad, der linke Schalter sorgt für mehr Rekuperation, wer rechts zieht, lässt den Wagen leichter laufen. One-Pedal-Driving, also die ausschließliche Steuerung übers Fahrstrompedal ist nicht vorgesehen. Eine gute Entscheidung der KGM-Konstrukteure, denn die obligatorisch notwendige Einbeziehung des Bremspedals beim finalen Stoppen fördert die Konzentration auf dem Fahrersitz.

Akku, Verbrauch und Reichweite

Das bringt uns zu einem zentralen Elektroauto-Thema, dem Verbrauch. Der Torres EVX genehmigte sich auf der motorfuture-Verbrauchsrunde – 150 Kilometer Berg und Tal, 20 Prozent Autobahn, 60 Landstraße, 40 Prozent innerorts – 18,0 kWh Strom auf 100 km. Das ist ein sehr guter Wert für einen hoch- und breitbauenden Zweitonner. Zum Vergleich: 18,0 kWh Strom entsprechen einem Dieseläquivalent von zwei Litern.

Bei der Fahrbatterie setzt KGM auf BYD-Technik. Die Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie im Wagenboden kann 73,4 kWh Strom speichern und basiert auf der „Cell to Pack“-Technik. Dabei werden rechteckig geformte Blade-Zellen direkt in die Batterie montiert. Das soll eine höhere Energieeffizienz und verbesserte Sicherheit bei hoher Haltbarkeit gewährleisten. KGM glaubt an die Konstruktion und gibt zehn Jahre oder eine Million Kilometer Garantie auf den Akku.

Und damit zum Elektroauto-Thema Nummer 1. 

Reichweite

Laut WLTP-Norm sind Reichweiten von bis zu 462 Kilometern möglich, aber Papier ist geduldig. Man muss kein Reichweiten-Phobiker sein, um spätestens alle 300 Kilometer mit einem Ladestopp zu kalkulieren. An Schnellladesäulen kann dann mit einer Ladegeschwindigkeit von 120 kW nachgeladen werden – das Datenblatt nennt für die theoretische 10-auf-80-Prozent-Ladung 42 Minuten. Ist keine Schnellladesäule verfügbar, lädt der Torres EVX an 11-kW-Ladestationen mit der handelsüblichen Geschwindigkeit. Die Ladebuchse sitzt im vorderen linken Kotflügel.

Dank der Vehicle-to-Load-Funktion kann der Torres EVX übrigens auch andere Geräte mit Strom versorgen, zum Beispiel den Akku des E-Bikes.

Fahrwerk und Komfort

Kein Ruhmesblatt verdient sich die Lenkung des Torres. Das Aggregat ist sehr leichtgängig, fühlt sich synthetisch an und agiert unpräzise. Das ist schade, denn Fahrspaß beginnt beim Lenken. Im Lenkrad selbst sind haptische Tasten fürs Radio, für den Sprachassistenten und die Assistenzsysteme installiert. Funktioniert gut und ist praktisch.

Der Fahrkomfort ist gut, kein Wunder bei einem Wagen dieser Gewichtsklasse. Kleine Einschränkung: Die Schenkelauflagen der Vordersitze sind ein bisschen kurz geraten.

Platz da

Platz ist jedenfalls genügend da. Der Kofferraum fasst 703 Liter, legt man die Sitze um, entsteht eine fast ebene Fläche, die dann 1.662 Liter Kofferraumvolumen bietet.

Im Fond finden bis zu drei Personen Platz, aber wie immer gilt auch hier: Je länger die Strecke, desto mehr wird ein Fünf- zum Viersitzer. 

Ablagen

Die Ablagen- und Staufachsituation an Bord ist praxistauglich. Flaschenfächer in den Türen, ein Abteil fürs Smartphone und eine große Box in der Mittelkonsole.

 

Armaturenbrett und Displays

Das Display für die Fahrerinformationen und der leicht in Richtung Fahrer geneigte Touchscreen für Fahrzeugkonfigurationen und Infotainment messen jeweils 31 Zentimeter. Die Ablesbarkeit ist via Menü stufenlos regelbar, der Touchscreen ist auch die Kommandozentrale für die Klimatisierung, die Navigation, das Audiosystem und alle weiteren Funktionen. 

 

Assistenzsysteme

Der Torres EVX ist ein sehr mitteilungsbedürftiges Automobil, das seine im Wortsinne umfassende Radarausstattung an der Front und an allen vier Karosserieecken offensichtlich permanent demonstrieren will. Es piepst und dudelt und pfeift jedenfalls immerzu, weil eigentlich immer einer der elektronischen Bordassistenten das menschliche Fahrpersonal maßregelt:

  • Mal touchiert der Wagen eine Straßenmarkierung,
  • ein andermal wird das vorgegebene Tempolimit um 1 km/h überschritten,
  • und die dampfende Kaffeetasse im Display mahnt gefühlt alle 15 Minuten eine Pause an, obwohl der Mensch hinterm Steuer fit ist wie der sprichwörtliche Turnschuh.

Ja, das Panikorchester meint es nur gut. Und überzeugt mit gelungenen Momenten, wenn die Lautsprecher Krach schlagen, weil die zerstreute Steuerfrau dem Torres entstiegen ist, ohne zuvor den Stoppbutton des Bordsystems betätigt zu haben. Und ja, auch die KGM-Assistenten sind im übertragenen Sinn nur Menschen: Wer das hin und wieder erratische Verkehrsschilder-Monitoring nicht gewissenhaft persönlich gegencheckt, sieht womöglich bald den Blitz einer Radarfalle.

Und außerdem

Der Torres EVX ist ein durch und durch sympathisches Auto, auch wenn diese Einschätzung natürlich Geschmackssache ist. Was uns wirklich gut gefällt sind stilistische Eigenheiten, die einerseits durchaus ein Augenzwinkern signalisieren. Die Trittflächen auf der Motorhaube zum Beispiel, die an Hardcore-Geländegänger erinnern.

Oder die Idee, eine altertümliche Hecktür zu suggerieren, die dann aber als Klappe ganz praktisch nach oben schwingt.

Andererseits sind auch die kleinen Fensterflächen, die in der Seitenansicht ein bisschen die Anmutung von Schießscharten haben, eine eigenständige Lösung wider jedes Zeitgeist-Diktat.

Das ist praktisch, weil es die Aufheizung des Innenraums durch Sonneneinstrahlung verringert. Und es ermöglicht überdies den Einsatz kurzer kompakter Scheibenwischer, wie man sie schon seit einer halben Ewigkeit vermisst. Da flattert nichts, da quietscht nichts, da wischt es nur. 

Hinzu kommen eine Materialanmutung und ein Verarbeitungsfinish, die den Anspruch der koreanischen Marke signalisieren, ein qualitativ ehrliches Auto abzuliefern.

Der Preis

Bleibt nach der Gesamtbetrachtung die Abrechnung. Der KGM Torres EVX kostet in der Testwagen-Topausstattung Lux 48.990 Euro. Für die Basisausstattung Core, die mit Basis so viel zu tun hat wie ein Fünf-Gänge-Menü mit einer Currywurst, verlangt KGM 41.990 Euro. Das sind attraktive Angebote.

 

Fotos: motorfuture

 

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