Die Formel E beendet ihre Saison mit sechs Rennen an neun Tagen ohne Zuschauer in Berlin. Zwei deutsche Formel-E-Fahrer werden in der deutschen Hauptstadt fehlen: Audi suspendiert Daniel Abt und auch Mahindra und Pascal Wehrlein beenden Zusammenarbeit.
Die sechste Saison der vollelektrischen Formel E wurde im März nach fünf Rennen aufgrund der Corona-Pandemie für unbestimmte Zeit unterbrochen. Nach und nach wurden alle der verbleibenden neun Rennen (Sanya, Rom, Paris, Seoul, Jakarta, Berlin, New York City und London) abgesagt. Das zuschauerfreundliche Konzept der vollelektrischen Rennserie, das die Rennen auf Stadtkursen in Metropolen zu den Zuschauern bringt, stellt die Macher der Serie in der aktuellen Situation vor ein großes Problem.
Heute hat die FIA das Konzept der Formel E für die Fortsetzung der aktuellen Saison genehmigt. Auf dem ehemaligen Flughafen Berlin-Tempelhof wird die sechste vollelektrische Saison fortgesetzt. Vom 5. bis 13. August werden sechs Rennen in neun Tagen darüber entscheiden, wer die Formel-E-Meisterschaft 2019/20 gewinnt. „Wir machen uns auf den Weg nach Berlin-Tempelhof – ein Ort, den unsere Teams, Fahrer und Fans lieben – für ein neuntägiges Rennfestival mit drei aufeinander folgenden Double-Headern“, sagt Formel-E-Chief-Executive-Officer Jamie Reigle. „Die Rennen werden auf drei unterschiedlichen Streckenführungen stattfinden, was eine neue Herausforderung darstellt und die Voraussetzung für einen unvorhersehbaren und dramatischen Saisonhöhepunkt schafft.“
Berlin bleibt damit die heimliche Hauptstadt der Formel E. Seit der ersten Saison 2014/15 gastiert die vollelektrische Rennserie jedes Jahr in der deutschen Hauptstadt – keine andere Metropole stand jährlich im Rennkalender. Obwohl die Formel E bekannt für ihre komprimierten Events ist — Training, Qualifying und Rennen finden an nur einem Tag statt —, sind drei Doubleheader in neun Tagen eine neue Herausforderung für die zwölf Teams. „Das Saisonfinale mit sechs Rennen in Berlin bietet eine einzigartige Gelegenheit und einen Ausdauertest – insbesondere mit drei verschiedenen Streckenlayouts -, aber wir werden bereit sein, uns der Herausforderung zu stellen. Das Team ist genauso heiß darauf wie ich, wieder rauszukommen und Rennen zu fahren“, sagt Venturi-Teamchefin Susie Wolff.
Der stillgelegte Berliner Flughafen bietet die optimalen Bedingungen für den Restart der Rennserie ohne Zuschauer, trotzdem haben die Formel-E-Macher ein Hygienekonzept erarbeitet, das obligatorische Corona-Tests vor den Rennen und tägliche Untersuchungen bei der Ankunft an der Rennstrecke beinhaltet. Außerdem dürfen sich gemäß der amtlichen Vorgabe maximal 1000 Personen auf dem abgesperrten Tempelhofer Feld aufhalten. „Dadurch, dass das Wohlbefinden des Fahrerlagers in den Vordergrund gestellt und offen kommuniziert wird, haben wir als Teams volles Vertrauen in ihre (Formel-E-Macher; Anm. der Red.) Fähigkeit, einen sicheren, spektakulären Meisterschaftsabschluss zu organisieren“, sagt Envision Virgin Racing Managing Director Sylvain Filippi. „Jeder bei Envision Virgin Racing arbeitet unglaublich hart, aber sechs Rennen in neun Tagen werden intensiv sein – insbesondere mit reduziertem Personal vor Ort und Home Office – aber wir sind zu 100 Prozent bereit für die bevorstehende Herausforderung.“
Die Rennen finden am 5./6., 8./9. und 12./13. August statt. Die verschiedenen Streckenlayouts und Startzeiten der Rennen werden in den kommenden Wochen bekanntgegeben.
Was bisher geschah
Die Meisterschaft in der Formel E ist nach aktuell fünf Rennen mit fünf verschiedenen Siegern (Sam Bird, Alexander Sims, Maximilian Günther, Mitch Evans und António Félix da Costa) noch völlig offen. Marrakech-Sieger da Costa führt die Fahrerwertung mit 67 Punkten vor Mexiko-Stadt-Sieger Evans (56 Punkte) und Diriyah-Sieger Sims (46 Punkte) an. In der Teamwertung führt da Costas Team DS Techeetah mit 98 Punkten vor BMW (90 Punkte) und Jaguar (66 Punkte).
Was in der Zwischenzeit geschah
Zur Überbrückung der rennfreien Zeit hat die Formel E in Partnerschaft mit UNICEF, dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, im Kampf gegen das Coronavirus eine neue virtuelle Rennserie entwickelt, die „ABB Formula E Race at Home Challenge“. Die virtuelle Serie bestand aus acht virtuellen Rennen sowie einem Testlauf, die von Mitte April bis Mitte Juni mit der Simulation rFactor 2 ausgetragen wurden. Neben allen Fahrern und Teams aus der ABB FIA Formel E Meisterschaft nahmen auch ausgewählte Top-Gamer an den virtuellen Events teil, um gemeinsam Spenden für UNICEF zu sammeln. Im Rahmen der Spendenaktion konnte UNICEF unter anderem mehr als sechs Millionen Schutzhandschuhe und über eine Million Gesichtsmasken an Kinder in aller Welt verteilen und dabei helfen, Kindern Lernangebote für Zuhause zur Verfügung zu stellen.
Mercedes-Pilot Stoffel Vandoorne gewann die virtuelle Rennserie mit 154 Punkten vor Pascal Wehrlein (134 Punkte) und Oliver Rowland (124 Punkte). „Die Meisterschaft hat viel Spaß gemacht. Es wäre schön, diese Performance in die reale Formel-E-Welt mitzunehmen“, sagt Sieger Vandoorne.
Anders als Vandoorne muss Daniel Abt die Konsequenzen aus der virtuellen in die reale Welt mitnehmen. Audi hat den Allgäuer nach dem Race-at-Home-Eklat mit sofortiger Wirkung suspendiert. „Daniel Abt hat beim fünften Rennen der Race at Home Challenge am 23. Mai sein Fahrzeug in Qualifikation und Rennen nicht selbst gesteuert, sondern dies einem professionellen Sim-Racer überlassen. Hierfür hat er sich direkt am folgenden Tag entschuldigt und die Disqualifikation akzeptiert. Integrität, Transparenz und die konsequente Einhaltung geltender Regeln haben für Audi oberste Priorität – dies gilt ausnahmslos für alle Aktivitäten, an denen die Marke beteiligt ist. Aus diesem Grund hat Audi Sport entschieden, Daniel Abt mit sofortiger Wirkung zu suspendieren“, erklärt Audi in einem Statement die Suspendierung.
Daniel Abt hatte sich am Tag seiner Suspendierung in einem YouTube-Video für sein Fehlverhalten entschuldigt und erklärt, dass er „eine lustige Story für die Fans kreieren“ wollte. Bevor der Allgäuer allerdings dazu kam, seine Aktion selbst aufzuklären, wurde er bereits am Sonntag nach dem virtuellen Rennen aufgrund unsportlichem Verhalten von der Formel E disqualifiziert. Abt musste außerdem eine Geldstrafe von 10.000 Euro an einen wohltätigen Verein spenden. Wie und ob der Deutsche noch einmal in der Formel E zu sehen sein wird, ist noch offen. Unklar ist außerdem, wer in Berlin hinter dem Steuer des zweiten Audi sitzen wird.
Auch ein weiterer Deutscher wird in Berlin fehlen. Pascal Wehrlein verkündete am 8. Juni 2020 auf seinem Instagram-Kanal: „Vom heutigen Tag an bin ich kein Mitglied mehr von Mahindra Racing. Ich wollte die Saison eigentlich zu Ende fahren, allerdings hat das die aktuelle Situation nicht erlaubt. Ich kann nicht viel über meine Zukunft sagen, aber ich werde euch auf dem Laufenden halten. Vielen Dank für all eure Unterstützung, bald sehen wir uns wieder auf der Strecke.“ Laut Medienberichten wird Wehrlein in der kommenden Saison für Rookie Porsche in der Formel E an den Start gehen. Bisher gibt es aber keine offiziellen Stimmen zum Wechsel des ehemaligen DTM-Champions nach Stuttgart.