Ganz schön geländegängig

Krieg und Frieden sind nichts anderes als die beiden Seiten der Medaille Mobilität. Das klingt ein bisschen abgefahren, ist aber banale Realität. Mobilmachung, Vorwärtsverteidigung, Rückzug, Geländegewinn. Oder Weltreise, Wochenendtrip, Stauprognose, Pendlerbeziehung. Dazwischen die Phänomene Völkerwanderung und Wirtschaftswunder. Wenn es etwas zu verdienen gibt, ist das Geschäftsfeld Mobilität nicht weit.

Die Welt ist simpel gestrickt, wenn es ums Überleben geht. Bei Hunger oder Durst ist der Griff in den Kühlschrank eine kluge Wahl. Davor setzt die Logistiklogik selbstverständlich den Bauern, den Händler, den Metzger, den Bäcker. Gerne werden diese Grundversorger heutzutage mit dem Kraftwagen angesteuert, vorausgesetzt, das Navi kennt den Weg.

Immer mehr Leute erledigen die lebensrettende Aufgabe im SUV. Der Suff war früher einmal die Beschreibung für den Zustand nach zu vielen halben Litern, heute ist er das plumpe Marketingkürzel für den großen geländegängige Wagen, den alle haben wollen, obwohl ihn nur die wenigstens brauchen: Sports Utility Vehicle – Sport- und Vielzweckwagen. Viele Leute sehen ganz klein neben ihren Sport- und Vielzweckwagen aus, weil der SUV an sich so groß geraten ist. Mickrige Männlein und winzige Frauchen in hochglanzlackierten Mannschaftstransportwagen.

Der Sport- und Vielzweckwagen ist ein Nachkomme des gemeinen Geländewagens, vulgo Jeep. Jeep ist eine Geländewagenmarke, aber alle Geländewagen sind Jeeps. Das ist praktisch, weil es die Sache auf den Punkt bringt. Niemand, der ein Tempo braucht, verlangt nach einem Papiertaschentuch.

Jeeps gibt es, weil der echte Jeep der erste war. Und weil der Name so eingängig ist. Vielleicht basiert die lautmalerische Silbe für das Militärfahrzeug auf klassischem Behördensprech (Government Project = GP = Jeep), aber nichts Genaues weiß man nicht. Andere tauften ihre Automobilprojekte in jenen Jahren KdF-Wagen (Kraft durch Freude), und alle reckten den Arm.

Was, wenn man’s genau nimmt, direkt zum Jeep führte. Bei seiner Präsentation vor 75 Jahren war die Blechwanne mit den vier großen Rädern ein Botschafter des Friedens. Dafür musste er aber erst einmal in den Krieg. Als motorisierter Nachfolger der Geländekavallerie half er mit, Europa von den Nazis zu befreien, ritt in der Folge aber auch durch Korea, Vietnam und Überall. Krieg und Frieden, West und Ost, gut und böse. Das ganze Programm eben.

Längst ist der Jeep ein Veteran, ein Mobilmacher für Zivilisten. Die Marke Jeep ist mittlerweile die erfolgreichste im großen Automobilreich des Fiat-Chrysler-Konzerns. Es gibt große und kleine Jeeps der Marke Jeep, teure und nicht ganz so teure. Jeep ist ein Juwel. 1,3 Millionen zahlungskräftige Kunden kauften im vergangenen Jahr ein Auto mit den sieben Schlitzen im Kühlergrill. Mit den Hardcore-Versionen kann man die Zugspitze hinauf- und wieder hinunter fahren, aber das macht keinen Sinn: Oben auf dem Plateau ist Halteverbot. Die meisten Leute erklimmen mit ihrem Jeep bravourös die Bordsteinkante zum Supermarkt. Es reicht ihnen, dass sie könnten, wenn sie nur wollten.

Jeep verkauft die Idee von Freiheit. Ganz schön geländegängig.

Franziska Weber