Am besten wäre, sagen die Experten der Aktion Gesunder Rücken (AGR), man würde gar nicht sitzen. Jedenfalls nicht hinterm Steuer. Aber das ist schwierig. Der klassische Außendienstler beispielsweise wohnt ja fast in seinem Auto, nämlich statistische 1.600 Stunden pro Jahr. Und selbst seine Hausfrau, wenn er noch eine hat, kommt auf jährlich 300 Steuerstunden. Das sagen jedenfalls die AGR-Kreuzritter in ihrem Kampf gegen das Volksleiden „Rücken“.
Der moderne Mensch, sofern er am richtigen Leben teilnimmt, muss also sitzen, obwohl er gar nichts verbrochen hat. Was uns direkt in den Sitz drückt, das unbekannte Möbel.
Der Sitz leidet unter unserer schnelllebigen Welt, in der oft nur Äußerlichkeiten zählen. Farbe und Material sind Auswahlkriterien. Die inneren Werte bleiben meist außen vor. Zu unrecht. Oder haben Sie schon einmal einen Unterschied zwischen einem baugleichen Sitz in blau und grau bemerkt? Ausnahmen bestätigen ja immer die Regel, so auch beim Sitz: Handelt es sich bei den inneren Werten um die Sitzheizung oder -belüftung, den Luftschal oder die Massagefunktion, bemerkt der Konsument das wohlwollend. Alles sehr komfortable Zusatzfunktionen, keine Frage, aber wenig ausschlaggebend bei der Sitzentwicklung.
Beim Autokäufer Underdog, beim Automobilhersteller Technologieträger. Circa fünf Jahre Entwicklungszeit und zehn Prozent der Herstellungskosten stecken in der, neben dem Lenkrad, wichtigsten Verbindung zwischen Mensch und Maschine. Doch was muss bei der Entwicklung beachtet werden? Sicher, belastbar, bequem, variabel, leicht verstellbar und nicht zu schwer muss ein guter Sitz sein. Die Sicherheit hat bei der Entwicklung Priorität Nummer eins – Gurt und Airbag können ihre Schutzwirkung nur dann perfekt entfalten, wenn der Sitz im Falle des Unfalls nicht unter seiner Besatzung zusammenbricht. Dieses Problem sitzt dem Sitzentwickler gewissermaßen permanent im Nacken: Der Sitz muss sich an die individuellen Fahrergrößen anpassen, sowohl die kleine, zierliche Einmeterfünfzig-Frau als auch den Zweimeter-Hünen bequem und sicher von A nach B transportieren. Jeder Autositz ist deshalb ein kleines technisches Meisterwerk, das sich dem gerade fahrenden Mensch anpasst und nicht andersherum. Circa 50.000 Variationsmöglichkeiten in Höhen- und Längsverstellung beherbergt ein moderner Autositz: Sitzhöhe, Sitzneigung, Sitzlänge, Sitzflächentiefe, Kopfstütze, 4-Wege-Lordosenstütze und Seitenwangen an Lehne und Sitzkissen können verstellt werden. Das soll die Fahrt komfortabel und den Rücken gerade machen – falls man denn bei all diesen Einstellmöglichkeiten je zum Fahren kommt.