5 Fragen an Dieter Gass. Der Audi-Motorsportchef über die Formel E, den Wissenstransfer von der Rennstrecke auf die Straße und den Reiz des neuen Rennformats.
Herr Gass, Sie gehen seit der vergangenen Saison als Herstellerteam in der Formel E an den Start. Was war der ausschlaggebende Punkt selbst ein Team zu stellen und nicht weiterhin als Teampartner von Abt Schaeffler an den Start zu gehen?
Audi Sport war seit der ersten Saison Partner des Teams Audi Sport ABT Schaeffler und damit von Anfang an in die Entwicklung der Serie eingebunden. Mit dem wachsenden Erfolg der Serie und ihrer zunehmenden Bedeutung im Motorsport war für uns der Wechsel zu einem vollständigen Werkseinsatz der logische nächste Schritt. Deshalb ist Audi in der vierten Saison als erster deutscher Automobilhersteller in der Formel E an den Start gegangen.
Technologietransfer gab es auch in der WEC – warum sind Sie dort ausgestiegen und dann in die Formel E eingestiegen?
Technologie- und Wissenstransfer ist für Audi ein wichtiger Bestandteil der verschiedenen Motorsportaktivitäten, aber eben nicht der Einzige. So hatte auch der Weggang aus Le Mans und der WEC mehrere Gründe. Aus technischer Perspektive war nach dem ersten Sieg eines Hybrid in Le Mans der Wechsel in die Formel E ein Schritt in Richtung Elektromobilität.
Wie fließt das Formel-E-Format in die Serienentwicklung? Kommen Technologien in abgeschwächter Form in Serienfahrzeugen zum Einsatz oder ist es eine reine Know-How-Übertragung von der Rennstecke in die Serie?
Für eine direkte Übertragung von spezifischen Bauteilen sind die Formel E und unser Engagement im Vergleich zu den Entwicklungszyklen der Serie noch zu jung. Daher fokussieren wir uns hier aus technischer Sicht noch auf den Wissenstransfer. Wichtige Bereiche sind hier Effizienz, Performance, Thermomanagement und Rekuperation. Ein gutes Beispiel ist das neue Brake-by-wire System, das die Effizienz der Rekuperation durch ein softwaregestütztes Zusammenspiel aus Energierückgewinnung und mechanischer Bremse steigert.
Alteingesessenen Motorsportfans fehlt der Sound in der Formel E – gibt es Überlegungen das sinnliche Erleben der Motorsportgeräusche zu ersetzen?
Ich glaube, ein Erfolgsfaktor der Formel E ist, dass sie nicht versucht, den klassischen Motorsport nachzuahmen oder zu ersetzen. Die Formel E findet sehr erfolgreich ihren eigenen neuen Weg. Und in Bezug auf den Sound ist es wirklich spannend, was man alles hört, wenn der Motor etwas leiser ist.
Wo sehen Sie die Stärken der Formel E im direkten Vergleich mit der Formel 1 oder DTM?
Wie gesagt, die große Stärke ist es, dass die Formel E nicht versucht, im direkten Vergleich den klassischen Motorsport nachzuahmen, sondern eigene Wege geht. Und eben diese Alleinstellungsmerkmale sind es auch, die sie so erfolgreich machen. Electric City Racing – zukunftsorientierter Motorsport, in den Städten, direkt bei den Menschen und mit einem großen Anteil an Entertainment begeistert am Ende nicht nur neue Zielgruppen, sondern nach und nach auch viele eingefleischte Motorsportler.