Logbuch Renault Austral

Unterwegs im neuen Renault-SUV mit unkonventioneller Hybridtechnik. Fahrbericht.

Der Kadjar hat bei Renault ausgedient. Das Nachfolgemodell trägt den Namen Austral.

So spart er

Top-Motorisierung ist ein Hybrid mit der etwas umständlichen Bezeichnung E-Tech Full Hybrid 200, der auf einem neu entwickelten 1,2-Liter-Turbobenziner mit 96 kW/131 PS basiert. Renault kombiniert den Dreizylinder mit zwei Elektromotoren, die zusammen 50 kW/68 PS mobilisieren. Das Multi-Mode-Getriebe und die 1,7-kWh-Lithium-Ionen-Hochvoltbatterie (400 Volt) komplettieren den Antriebstrang. Die Systemleistung liegt bei 147 kW/200 PS.

Konstruktive Idee des Antriebs ist die effiziente Rekuperation mit einer ambitionierten Zielsetzung: 80 Prozent des Stadtverkehrs sollen tatsächlich elektrisch absolviert werden können.

Wir waren mit dem Austral E-Tech Full Hybrid 200 bei den ersten Testfahrten überwiegend auf Land- und Schnellstraßen unterwegs, immer wieder unterbrochen von kurzen Ortsdurchfahrten. Der Bordcomputer meldete nach einer Gesamtstrecke von 250 Kilometern 44 rein elektrisch absolvierte Kilometer, der Benzinverbrauch lag bei 6,4 l/100 km. Ein sehr akzeptabler Wert, denn zum einen war der Gasfuß keinesfalls zurückhaltend im Einsatz und zum anderen ging die Reise bis auf eine Höhe von knapp 2000 Metern.

Zur hohen Effizienz des Austral E-Tech Full Hybrid 200 trägt die rekuperative Bremsstrategie bei. Über Paddels am Lenkrad können vier Rekuperationsstufen gewählt werden, mit ein wenig Übung lässt sich der Austral bei der Bergabfahrt vor Kurven ohne Bremspedal  entschleunigen. 

Je nach Energiebedarf, Leistungsabgabe, Ladestand des Akkus und aktiviertem Fahrprogramm (Eco, Comfort, Sport oder Individuell) ermöglicht das System den Betrieb im vollelektrischen Modus sowie im seriellen und parallelen Hybridmodus. Beim seriellen Hybrid treibt der Verbrennungsmotor den Generator an, der wiederum den elektrischen Fahrmotor mit Energie versorgt und den Akku lädt. im Parallelhybridbetrieb wirken E-Motoren und Verbrennungsmotor zugleich auf den Antriebsstrang, etwa beim starken Beschleunigen. Und weil die Elektronik stets einen ausreichenden Stromrest im kleinen Akku konserviert, startet der Austral E-Tech grundsätzlich im Elektromodus.

So fährt er

Die Abstimmung von Federung, Dämpfung und Lenkung lässt keine Zweifel: Das Thema Fahrkomfort stand im Lastenheft des Renault ganz weit oben, der Austral passiert auch schlechte Fahrbahnabschnitte souverän. Beim Wechsel zum Sportprogramm spannt das Auto spürbar die Muskeln, die Lenkung reagiert jetzt direkter, Federung und Dämpfung werden straffer.

Die Topversion des Austral ist mit der Allradlenkung ausgerüstet. Bei niedrigen Fahrgeschwindigkeiten schlagen die Hinterräder mit maximal fünf Grad in entgegengesetzter Richtung zur Vorderachse ein, das bringt Agilität auf kurvenreichen Strecken und nicht zuletzt im Stadtverkehr. Der Wendekreis steht mit 10,1 Metern im Datenblatt, das ist Kleinwagen-Niveau. 

Die Kraftübertragung des überarbeiteten Multi-Mode-Automatikgetriebes ermöglicht jetzt 15 statt der bisher 14 Fahrstufenkombinationen, das bringe mehr Effizienz und ein noch direkteres Ansprechverhalten. Verspricht jedenfalls Renault. Doch die Wechsel zwischen den einzelnen Fahrstufen verlaufen nicht wirklich seidenweich. Ein kleines Ruckeln und Zucken verbunden mit einer Atempause ist immer mal wieder zu spüren, wenn es zügig voran geht.

Und in den Kurven könnten die ansonsten sehr bequemen Sitze dann durchaus ein wenig mehr Seitenhalt geben.

Voll digital, extrem clean, ziemlich variabel

Nach dem Mégane E-Tech Electric ist der Austral der zweite Renault mit dem Open-R-Cockpit, das zwei Bildschirme in Form eines liegenden L kombiniert: das hochformatige 12-Zoll-Multimediadisplay (Serie ab Techno) und das digitale 12,3-Zoll-Kombiinstrument. Kunden, die es schlichter mögen, wählen die Basisausstattung Equilibre mit dem querformatigen Multimedia-Monitor im Neun-Zoll-Format. Die Anzeigen im extrem clean gehaltenen Kombiinstrument jedenfalls sind recht gewöhnungsbedürftig. Digitale Striche, die sich ohne jegliche Skalierung quasi im Nichts bewegen, Prozentangaben zu Stromverbrauchswerten, die im Prinzip nichts aussagen – damit wird die Digitalisierung schlichtweg überstrapaziert. 

Ansonsten ist auch dieser Renault ein Auto für alle Fälle. Viel Platz und gute Variabilität auf einer Länge von 4,51 Meter, einer Breite von 1,83 Meter und einer Höhe von 1,62 Meter. Groß gewachsene Personen können auch in der zweiten Reihe bequem reisen, das Gepäckraumvolumen variiert zwischen 430 und 550 Litern (1455 Liter bei umgeklappten Rücksitzlehnen). Und die Investition in eine der aufpreispflichtigen Ausstattungslinien bringt unter anderem eine Rückbank, deren Teilsegmente (ein Drittel zu zwei Drittel) sich unabhängig voneinander um 16 Zentimeter längs verschieben lassen.

Praktischer Wagen, viel Technik, stolzer Preis: Der Renault Austral E-Tech Full Hybrid 200 kostet 40.400 Euro.

Fotos: Renault

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Wolfgang Schaeffer