Big data, big business, big brother. Die komplette Digitalisierung und Vernetzung unserer Existenzen bedeutet einen Zivilisationsbruch alttestamentarischen Ausmaßes: vor uns die Sintflut!
Man weiß nicht so recht, was man dagegen tun kann. Der technologische Tsunami Digitalisierung reißt alles mit sich, was gerade eben noch festen Boden unter den Füßen hatte: die Wirtschaft, die Verwaltung, die Infrastruktur – das Private.
Manches ist faszinierend, vieles ist praktisch. Nie war es zum Beispiel einfacher, mit Verwandten, Bekannten, Geschäftspartnern in aller Welt zu kommunizieren. Oder mit dem Finanzamt. Und nie zuvor war die Güterproduktion perfekter, war die Qualität von Waren besser, das tägliche Leben komfortabler.
Die Kehrseite des Fortschritts ist, dass der Mensch nimmt, was er kriegt. So sind wir nun mal. Die Evolution hat uns zu Forschern und Wissenschaftlern empor gehoben, aber in den tiefsten Windungen unseres Stammhirns sind wir Sammler und Jäger geblieben. Ich ich ich. Will will will. Leben leben leben. Deshalb fliegen wir nach San Francisco zum Eis essen oder nach Argentinien auf den Rücken der Pferde, deshalb leben wir – gerade in ökologischer Hinsicht – auf Kosten der Wanderarbeiter in Kalifornien oder der Bauern in den Anden.
Die Globalisierung ist nicht das Programm für die Massen, sondern der Zinseszins für die Mächtigen.
Die Digitalisierung ist im Prinzip nichts anderes als die Datenbasis für Big Business. Für Techniken und Geschäftsmodelle, die wir nicht verstehen und nicht verstehen sollen. Wenn ich am Samstagnachmittag gegen 14 Uhr aus der Garage fahre, macht mein Smartphone ungefragt Meldung – Ziel, Fahrtdauer, Ankunftszeit – weil ich samstags um diese Zeit ab und zu ins Stadion gehe. Das ist nicht lustig, das ist eine Unverschämtheit. Was wissen sie in der Cloud sonst noch über meine Gewohnheiten? Und was kann ich tun, um meine Privatsphäre zu schützen? Smartphone weg, Tablet weg, E-Mail-Accounts weg, Whats-App weg, das ganze moderne Leben… einfach weg damit?
Die Autoindustrie jubelt die komplette Vernetzung des Individualverkehrs herbei. Das mache das Fahren sicherer, sagen sie. Vor allem macht es den Fahrer gläserner. Sie haben via Internet jetzt schon Zugriff auf die Software der Autos, die ihnen gar nicht mehr gehören, weil sie sie längst an uns verkauft haben. Niemand redet darüber, obwohl es alle wissen.
Was ist das Nächste? Dass jeder jugendliche Hacker, wann immer es ihm passt, die Bremsen meines voll vernetzten High-Tech-Gefährts lahm legen kann?
Datenqualität, Datenvolumen, Datensicherheit sind das vielleicht brennendste Thema unserer Zeit. Produkte, Dienstleistungen und Gesellschaft sind schon tief kontaminiert, aber unser Bewusstsein ist träge. Big brothers are watching us. Und sie sind nicht immer unsere Freunde.