9 Tage, 6 Rennen, 3 Streckenlayouts, 1 Champion

Formel E beendet Saison mit sechs Rennen in neun Tagen in Berlin. Die 24 Piloten können maximal 180 Punkte erfahren, Meisterschaft noch völlig offen.

Am 29. Februar diesen Jahres fand in Marrakesch das letzte Formel-E-Rennen der aktuellen Saison statt, danach musste die vollelektrische Rennserie aufgrund der Corona-Pandemie pausieren. Am kommenden Mittwoch (5. August) fällt auf dem ehemaligen Flughafen Berlin Tempelhof der Startschuss für ein nie da gewesenes Saisonfinale: Die 24 Piloten fahren sechs Rennen innerhalb von neun Tagen (5., 6., 8., 9., 12. und 13. August) auf drei verschiedenen Streckenlayouts. Teams und Fahrer blicken dem Restart mit Freude, aber auch Respekt entgegen. „Dieses Event wird eine der größten Herausforderungen für uns werden“, sagt Mahindra-Chef Dilbagh Gill. „Sechs Rennen in neun Tagen – das hat noch keiner gemacht. Wir sehen es so, dass wir in Berlin einen Marathon laufen, nicht wie sonst einen Sprint.“

Einmal links rum, einmal rechts rum, einmal ganz neu

Doch nicht nur das sehr kompakte Saisonfinale, sondern auch die Vorbereitung darauf ist aufgrund der drei verschiedenen Streckenlayouts nicht einfach für die Teams. Einzig am 8. und 9. August kommt der bekannte Kurs aus den vergangenen Jahren zum Einsatz. Zum Auftakt am 5. und 6. August wird dieses Layout in entgegengesetzter Richtung gefahren, und für die Finalrennen am 12. und 13. August wird die Strecke dann völlig anders gestaltet. „Die drei unterschiedlichen Konfigurationen machen das Finale noch spannender als es ohnehin schon ist. Bei der normalen und umgekehrten Streckenführung ändert sich die Charakteristik komplett. Das dritte und vollkommen neue Layout begeistert uns: Hut ab für die Planung und Organisation seitens der Formel E und der FIA, die einen solchen Kurs möglich gemacht hat“, sagt Porsche-Formel-E-Einsatzleiter Amiel Lindesay. „Die unterschiedlichen Strecken-Charakteristika haben uns in der Vorbereitung viel Arbeit bereitet. Aber wir sind guter Dinge und liegen voll im Plan.”

20 Personen pro Team, keine Zuschauer

Eine weitere Herausforderung für die zwölf Teams ist die Beschränkung der Teammitglieder auf 20 Personen. Der stillgelegte Berliner Flughafen bietet die optimalen Bedingungen für den Restart der Rennserie ohne Zuschauer, für den die Formel-E-Macher ein Hygienekonzept erarbeitet haben, das obligatorische Corona-Tests vor den Rennen und tägliche Untersuchungen bei der Ankunft an der Rennstrecke beinhaltet. Außerdem dürfen sich gemäß der amtlichen Vorgabe maximal 1000 Personen auf dem abgesperrten Tempelhofer Feld aufhalten, Pressekonferenzen werden virtuell abgehalten, die Podiumszeremonie wird auf ein Minimum reduziert. „Dadurch, dass das Wohlbefinden des Fahrerlagers in den Vordergrund gestellt und offen kommuniziert wird, haben wir als Teams volles Vertrauen in ihre (Formel-E-Macher; Anm. der Red.) Fähigkeit, einen sicheren, spektakulären Meisterschaftsabschluss zu organisieren”, sagt Envision Virgin Racing Managing Director Sylvain Filippi. „Jeder bei Envision Virgin Racing arbeitet unglaublich hart, aber sechs Rennen in neun Tagen werden intensiv sein – insbesondere mit reduziertem Personal vor Ort und Home Office –, aber wir sind zu 100 Prozent bereit für die bevorstehende Herausforderung.”

180 Punkte sind noch im Topf

Und auch sportlich haben es die neun Tage in Berlin in sich: 180 Punkte gibt es – inklusive der Zähler für die schnellste Zeit im Qualifying, die Pole-Position und die schnellste Rennrunde – für jeden der 24 Fahrer maximal zu holen. Bei gerade einmal 38 Punkten, die aktuell zwischen dem Spitzenreiter und dem Zehntplatzierten liegen, ist damit klar: Die Meisterschaft ist noch absolut offen. „Das Saisonfinale ist fast eine eigene Meisterschaft. Sechs Rennen in neun Tagen hat so vermutlich noch niemand erlebt. Das kann besondere Chancen bieten. In der Meisterschaft ist alles offen, was das Ganze natürlich ausgesprochen spannend macht“, sagt Porsche-Pilot Neel Jani.

Eine Besonderheit ist auch, dass in der aktuellen Saison bisher lediglich fünf Rennen stattgefunden haben – der aktuelle Punktestand zählt schlussendlich weniger als 50 Prozent zur Finalrechnung. Und in Saison Nummer sechs gibt es, wie bereits in den vergangenen Jahren, fünf verschiedene Sieger aus den ersten fünf Rennen (Sam Bird, Alexander Sims, Maximilian Günther, Mitch Evans und António Félix da Costa). Marrakech-Sieger da Costa führt die Fahrerwertung mit 67 Punkten vor Mexiko-Stadt-Sieger Evans (56 Punkte) und Diriyah-Sieger Sims (46 Punkte) an. In der Teamwertung führt da Costas Team DS Techeetah mit 98 Punkten vor BMW (90 Punkte) und Jaguar (66 Punkte).

Fahrerwertung, Teamwertung völlig offen

„Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Reihenfolge am Ende ganz anders aussieht als jetzt“, sagt Audi-Teamchef Allan McNish. Audi-Pilot Lucas di Grassi reist auf Platz fünf der Fahrerwertung, aber mit einem klaren Ziel nach Berlin: „Wir fahren nach Berlin, um den Titel zu holen – das ist mein klares Ziel“, sagt der Brasilianer. „Wir haben schon sehr viele schöne Momente in Berlin erlebt, und natürlich gibt das ein gutes Gefühl. Trotzdem ist es dieses Mal ein völlig anderes Spiel: Neue Streckenlayouts, keine Fans und Gäste, viele Rennen in kurzer Zeit – es wird auch darauf ankommen, wer damit am besten umgehen kann.“

5. und 6. August live bei Eurosport

Es wird spannend in der vollelektrischen Meisterschaft, in der ab Mittwoch wieder 45 minütige Rennen plus eine Runde ausgetragen werden. Die Rennen starten um 19 Uhr und werden auf Eurosport übertragen (5. und 6. August; die restlichen Übertragungszeiten werden noch von der Formel E kommuniziert).

 

 

Fahrerwertung, Teamwertung: Die aktuellen Punktestände nach 5 Rennen

 

Franziska Weber