Rückblick auf die Formel-E-Saison 2020/21. Viele Hochs und Tiefs. Erste Formel-E-Weltmeistertitel für Nyck de Vries und Mercedes.
Die Formel E hat ihre siebte Saison am vergangenen Wochenende in Berlin beendet. Nach 15 Rennen in acht Metropolen feiern Nyck de Vries und sein Team Mercedes die ersten Formel-E-Fahrer- und Team-Weltmeistertitel.
Die engen Punktestände in der WM-Wertung und auch das finale Rennen am Sonntag fassen die vergangene Saison gut zusammen: Positionswechsel, Zweikämpfe und ein nicht ganz unumstrittenes Qualifyingformat würfeln das 24-köpfige Fahrerfeld Rennen für Rennen durcheinander. Wer ganz oben stehen will braucht auch ein Quäntchen Glück. „Was für ein Abschluss für diese Saison, in der es viele Höhen, Tiefen, Aufs und Abs gegeben hat – und das letzte Saisonrennen war dabei keine Ausnahme“, sagt Mercedes-Motorsport-Chef Toto Wolff. „Was wir heute gesehen haben, war ein Spiegelbild dessen, wie die Saison verlaufen ist – alles andere als unkompliziert, immer unerwartet, aber am Ende wurde harte Arbeit stets belohnt.“
Fahrerwertung Saison 2020/21
1. | Fahrer-Weltmeister
Nyck de Vries, Mercedes-Benz EQ Formula E Team |
99 Punkte* |
2. | Edoardo Mortara, ROKiT Venturi Racing | 92 Punkte |
3. | Jake Dennis, BMW i Andretti Motorsport | 91 Punkte |
4. | Mitch Evans, Jaguar Racing | 90 Punkte |
5. | Robin Frijns, Envision Virgin Racing | 89 Punkte |
6. | Sam Bird, Jaguar Racing | 87 Punkte |
Lucas di Grassi, Audi Sport ABT Schaeffler | 87 Punkte | |
8. | António Félix da Costa, DS TECHEETAH | 86 Punkte |
9. | Stoffel Vandoorne, Mercedes-Benz EQ Formula E Team | 82 Punkte |
10. | Jean-Éric Vergne, DS TECHEETAH | 80 Punkte |
11. | Pascal Wehrlein, TAG Heuer Porsche Formula E Team | 79 Punkte |
12. | Alex Lynn, Mahindra Racing | 78 Punkte |
René Rast, Audi Sport ABT Schaeffler | 78 Punkte | |
14. | Oliver Rowland, Nissan e.dams | 77 Punkte |
15. | Nick Cassidy, Envision Virgin Racing | 76 Punkte |
16. | Maximilian Günther, BMW i Andretti Motorsport | 66 Punkte |
17. | André Lotterer, TAG Heuer Porsche Formula E Team | 58 Punkte |
18. | Norman Nato, ROKiT Venturi Racing | 54 Punkte |
Alexander Sims, Mahindra Racing | 54 Punkte | |
20. | Nico Müller, DRAGON Penske Autosport | 30 Punkte |
21. | Sébastien Buemi, Nissan e.dams | 20 Punkte |
22. | Sérgio Sette Câmara, DRAGON Penske Autosport | 16 Punkte |
23. | Oliver Turvey, NIO 333 FE Team | 13 Punkte |
24. | Tom Blomqvist, NIO 333 FE Team | 6 Punkte |
25. | Joel Eriksson, DRAGON Penske Autosport | 1 Punkt |
*Punkteschlüssel Plätze 1 bis 10: 25 P. / 18 P. / 15 P. / 12 P. / 10 P. / 8 P. / 6 P. / 4 P. / 2 P. / 1 P. 3 Zusatzpunkte gibt es für die Pole Position, jeweils 1 Zusatzpunkt für die schnellste Qualifyingzeit und die schnellste Rennrunde.
Teamwertung Saison 2020/21
1. | Team-Weltmeister
Mercedes-Benz EQ Formula E Team |
181 Punkte* |
2. | Jaguar Racing | 177 Punkte |
3. | DS TECHEETAH | 166 Punkte |
4. | Audi Sport ABT Schaeffler | 165 Punkte |
Envision Virgin Racing | 165 Punkte | |
6. | BMW i Andretti Motorsport | 157 Punkte |
7. | ROKiT Venturi Racing | 146 Punkte |
8. | TAG Heuer Porsche Formula E Team | 137 Punkte |
9. | Mahindra Racing | 132 Punkte |
10. | Nissan e.dams | 97 Punkte |
11. | DRAGON Penske Autosport | 47 Punkte |
12. | NIO 333 FE Team | 19 Punkte |
Corona komprimiert den Kalender
Aber der Reihe nach: Die siebte vollelektrische Rennsportsaison ist von vielen Besonderheiten geprägt. Coronabedingt startet die Formel E erst im Januar in die Saison und komprimiert den Reisekalender mit sieben Doubleheader-Events auf drei Kontinenten. Erstmals trägt die Serie den Status der FIA Weltmeisterschaft. Und erstmals in der noch jungen Formel-E-Geschichte finden zum Saisonstart in Diriyah (Saudi-Arabien) zwei Nachtrennen statt. Weitere Novität: Der Kurs in London (Großbritannien) führt partiell durch eine Messehalle, und wie bereits im Vorjahr starten die 24 Fahrer beim Saisonfinale in Berlin an einem Wochenende auf zwei verschiedenen Streckenvarianten – einmal im und einmal gegen den Uhrzeigersinn.
Ausgeglichen oder willkürlich?
Und auch sportlich setzt die 7. Saison neue Maßstäbe: elf Sieger aus sieben Teams, 20 Piloten auf dem Podium und elf Polesetter lautet die sehr ausgeglichene Bilanz. Außerdem sammeln alle 25 Piloten, die im Laufe der Saison gestartet sind, Punkte.
Ausgeglichen und konkurrenzfähig könnte man das Feld beschreiben. Oder unvorhersehbar und etwas willkürlich.
Warum das so ist? Die Formel E setzt aufgrund von Kostenreduktion viele Gleichteile ein, einzig den Antriebsstrang entwickeln die Teams selbst. Außerdem sorgt das Qualifying-Format (die bestplatzierten Fahrer starten zuerst) für wechselnde Poleposition-Anwärter, da die erste Qualifyinggruppe mit den schlechtesten Grip-Verhältnissen zurecht kommen muss. Besonders deutlich ist das in einer Saison zu sehen, bei der auf sechs (von insgesamt neun) Strecken zwei Rennen gefahren werden und die Qualifyings und Rennen der einzelnen Piloten direkt miteinander verglichen werden können. „Ein großartiger Tag nach einem ernüchternden gestern“, sagt António Félix da Costa nach seinem dritten Platz in New York City nachdem er am Vortag keine Punkte sammeln konnte. Audi-Pilot di Grassi erklärt den Kampf um die Meisterschaft in New York so: „Am Ende werden Kleinigkeiten entscheiden.“
Am Ende entscheiden Kleinigkeiten
Und nach 15 Saisonrennen sieht man genau das. Nyck de Vries (Bild unten) fährt mit Messer zwischen den Zähnen auf den achten Rang in Berlin und ist mit 99 Punkten der erste Formel-E-Weltmeister. „Mir fehlen die Worte. Es war eine so schwierige Saison mit vielen Höhen und Tiefen“, sagt Weltmeister de Vries. „Alles lief auf das letzte Rennen hinaus, und ich denke, wir hatten heute bei allem, was passiert ist, das Glück auf unserer Seite.“ Auf den Plätzen zwei bis vier folgen Edoardo Mortara (92 Punkte), Jake Dennis (91 Punkte) und Mitch Evans (90 Punkte), die beim letzten Saisonrennen direkt beim Start (Evans und Mortara) und in einer sehr frühen Rennphase (Dennis) ausscheiden.
Trotz der Ausfälle trennen die ersten vier Piloten in der Endabrechnung lediglich neun Punkte. Ein hauchdünner Vorsprung — pro Rennen können die Piloten maximal 30 Punkte sammeln (Sieg, Poleposition, schnellste Qualifyingzeit und schnellste Rennrunde, siehe Erläuterung Ergebnistabellen oben).
Wie eng das gesamte Feld zusammen liegt, sieht man auch daran, dass der Mercedes-Pilot die Meisterschaft gewonnen hat, obwohl er nur in sieben von 15 Rennen gepunktet und im Schnitt deshalb nur 6,6 Punkte pro Rennen gesammelt hat.
Audi und BMW steigen aus
Mit Audi und BMW verabschieden sich zwei Hersteller aus der Formel E. „In sieben Jahren haben wir mit Audi Sport, ABT und Schaeffler extrem viel erreicht. Dass diese erfolgreiche Partnerschaft nun zu Ende geht, ist sehr schade“, sagt Audi-Pilot und Berlin-Sieger Lucas di Grassi. Der Brasilianer hat bisher sämtliche Rennen der Formel-E-Geschichte für Audi bestritten. Audi startet ab dem kommenden Jahr mit dem Elektrofahrzeug Audi RS Q e-tron bei der Rallye Dakar und erhofft sich dort einen Technologietransfer vom Motorsport in die Serienproduktion. „Audi Sport ABT Schaeffler ist das erfolgreichste Team in der Formel E und wir waren ein Pionier in dieser Rennserie. Nun wartet eine der größten Herausforderungen, die es im Motorsport gibt, auf uns: die Rallye Dakar“, sagt Audi-Motorsport-Chef Julius Seebach.
Mit BMW verlässt ein zweiter deutscher Hersteller die vollelektrische Rennserie — sieben Jahre war BMW offizieller Vehicle Partner der Rennserie, drei Jahre starteten die Bayern mit einem Werksteam. „Die Möglichkeiten des Technologietransfers zwischen Rennsport und Serie sind inzwischen im Wesentlichen ausgeschöpft“, argumentiert man bei BMW kurz und knapp. BMW-Pilot Jake Dennis fährt aber auch im kommenden Jahr mit einem BMW-Antriebsstrang — der US-amerikanische Teampartner Andretti übernimmt den Startplatz und den Antriebsstrang.
Mercedes kündigt Ausstieg nach 8. Saison an
Nur drei Tage nach dem Gewinn der Fahrer- und Team-Weltmeisterschaft kündigt auch Mercedes den Ausstieg aus der vollelektrischen Rennserie an. Nach der kommenden Saison will sich der erste Formel-E-Weltmeister auf die Formel 1 fokusiieren. „Die Formel E war ein guter Weg, um unsere Kompetenz im Motorsport zu demonstrieren und unsere Marke Mercedes-EQ zu etablieren“, sagt Mercedes-COO Markus Schäfer. „In Zukunft werden wir den technologischen Fortschritt – besonders im Hinblick auf Elektroantriebe – mit Fokus auf die Formel 1 vorantreiben. Dort steht unsere Technologie ständig auf dem Prüfstand und das im intensivsten Wettbewerb, den es in der Automobilwelt gibt.“
Gen3-Autos: stärker, schneller, Boxenstopps
Was bedeutet das für die Formel E? Die Macher blicken (noch) positiv in die Zukunft. Ein neuer Meilenstein soll der neue Gen3-Bolide sein, der ab der neunten Saison (2022/23) eingesetzt wird. Ein technischer Meilenstein mit einer deutlichen Leistungssteigerung auf 350 kW im Qualifying und 300 kW im Rennmodus. Auch das Rennformat wird sich ändern. Geplant sind Schnelllade-Boxenstopps, bei denen mit bis zu 600 kW nachgeladen werden kann. Die Neuerungen sollen die Rennen noch spannender machen, der Technologietransfer aus dem Rennsport in die Serienproduktion soll die Elektromobilität vorantreiben. „Die neuen Gen3-Autos werden schneller und leistungsstärker sein, und diese ständige Weiterentwicklung der Rennleistung, die wir in der Formel E sehen, ist großartig für die Fans und den Sport“, sagen die Nissan-e.dams-Chefs Oliver und Gregory Didot.
Saison 8: 16 Rennen in zwölf Metropolen
Der vorläufige Rennkalender der achten Saison steht unterdessen schon fest: Die achte vollelektrische Saison startet am 28. und 29. Januar mit einem Doubleheader in Diriyah (Saudi-Arabien). 14 Rennen in elf Metropolen folgen. Neben dem Saisonstart in Saudi-Arabien fährt die Formel E erneut in Mexiko-Stadt, Rom, Monaco, Berlin, New York City und London. Neu im Kalender sind die Rennen in Kapstadt, Vancouver und Seoul, in Südkorea findet am 15. und 16. August 2022 das Saisonfinale der kommenden Saison statt. Zwei Austragungsorte sind noch nicht bestätigt.
Saisonkalender 2021/22
28.01.2022 | Diriyah (Saudi-Arabien) |
29.01.2022 | Diriyah (Saudi-Arabien) |
12.02.2022 | Mexiko-Stadt (Mexiko) |
26.02.2022 | Kapstadt (Südafrika) |
19.03.2022 | tbd |
09.04.2022 | Rom (Italien) |
30.04.2022 | Monaco (Monaco) |
14.05.2022 | Berlin (Deutschland) |
04.06.2022 | tbd |
02.07.2022 | Vancouver (Kanada) |
16.07.2022 | New York City (USA) |
17.07.2022 | New York City (USA) |
30.07.2022 | London (Großbritannien) |
31.07.2022 | London (Großbritannien) |
13.08.2022 | Seoul (Südkorea) |
14.08.2022 | Seoul (Südkorea) |