Das E-Bike ist die beste Erfindung seit es Fahrräder gibt.
Manchmal wird man mit Blicken gehänselt. Der Nachbarradler an der roten Ampel schaut zuerst auf die Lithium-Ionen-Batterie zwischen meinen Beinen und dann auf meine Baseballkappe. Der Nachbarradler trägt einen aerodynamischen Hochleistungshelm. Er ist vielleicht zehn Jahre jünger als ich. Aber die Falten haben sich schon tief in sein Sportlergesicht gegraben, und hinter seinem gehetztem Blick sitzen müde Augen. Auf dem Carbonfasertrikot über dem schmächtigen Oberkörper steht „Triathlonfighter Grunewald“.
Ich möchte ihm sagen, er solle um Gottes Willen die Kirche im Dorf lassen. Aber da ist er schon weg. Während ich mich gemütlich vom Akku anschieben lasse, ist er schon bergauf hinter der nächsten Kuppe verschwunden. Die aerodynamische Endspitze seines Hochleistungshelms leuchtet weiß im Abendlicht.
Ein Bekannter von mir ist vor ein paar Jahren auf dem Tennisplatz tot umgefallen. Turnierspiel bei sengender Mittagssonne. Herzinfarkt. Er wollte unbedingt gewinnen. Er hat nicht kapiert, dass seine Pumpe schon 50 Betriebsjahre hinter sich hatte. Bei einem Ruhepuls von 60 sind das 15.768.000.000 Herzschläge. Erstaunlich, was so ein muskulärer Zellklumpen zu leisten in der Lage ist. Sein Ruhepuls lag vermutlich unter 60. Aber nicht an jenem Sommertag in der Mittagshitze auf dem roten Sandplatz.
Mein Fahrrad ist jetzt ein E-Bike. Das E-Bike ist die beste Erfindung seit es Fahrräder gibt. Der kleine Elektromotor an der Hinterradnabe ist ein Flautenschieber gegen den Wind und ebnet steile Steigungen zu sanften Hügelchen. Oft benötigt man den elektrischen Tritt in den Hintern gar nicht. Man hat schließlich zwei Beine mit zwei Waden zum Treten. Radfahren ist gut für die unteren Extremitäten. Der Elektromotor verhindert, dass man sich quälen muss. Nach 40, 50 Kilometern gönne ich dem Akku das Ladegerät, der Strom kommt aus der Steckdose.
Weil es Steigungen flach bügelt, benutze ich mein Fahrrad jetzt bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Mittlerweile sogar auf längeren Strecken. Die Bewegung tut gut, die frische Luft auch und man spart Parkgebühren. Man darf nicht übermütig werden auf dem E-Bike. Wenn man den Motor unter Hochspannung laufen lässt, kann so ein Ding sehr schnell sehr schnell werden. Und schnelle Fahrräder sind kippelige Angelegenheiten. Ein Fahrrad ist schließlich kein Mercedes.
Vielleicht sollte man sich doch so einen Plastikhelm aufs Hirn schnallen. Leider machen diese Dinger aus alten Köpfen skurrile Skulpturen. Da muss der Radler noch nicht einmal im Triathlontrikot stecken. Andererseits: Man sieht sich ja nicht, wenn man auf seinem E-Bike durch die Gegend fährt.
Unser Aufmacherbild Stillleben: E-Bike vor VW-Bus. Foto: motorfuture