Die Landeshauptstadt Stuttgart, die europäische Hauptstadt des Automobils, ist die erste deutsche Kommune, die moderne Euro-4-Diesel komplett aus der Stadt verbannt.
Fahrverbote in Stuttgart für moderne, sparsame, saubere Abgasnorm-4-Diesel. Das ist verrückt. Die Stadt am Neckar ist Diesel-Hauptstadt, Daimler und Bosch haben dort ihre Hauptquartiere.
Es wird aber noch verrückter, wenn man die Details dieses Schildbürgerstreichs betrachtet. Denn das Verbot gilt natürlich nicht für Taxis, Lieferfahrzeuge, Handwerker-Transporter. Außerdem: Die Euro-4-Dieselnorm war zulassungsrelevant bis einschließlich 2010. Ein achtjähriges Auto kann bei guter Pflege heutzutage neuwertig sein. Wer so ein Auto besitzt, kann weiterhin damit herumfahren, aber nicht in Stuttgart. Auch wenn er als Pendler auf sein Auto angewiesen ist.
Pendler, Stuttgart 21
Soll er halt die S-Bahn nehmen oder die Straßenbahn oder den Bus – vorausgesetzt, die fahren überhaupt, denn Stuttgart ist eine einzige gewaltige Baustelle: Stuttgart 21!
Die Innenstadt und die Hänge und die Hügel ringsum werden seit Jahren mit schwerem Gerät ausgegraben, aufgebohrt und umgepflügt, dass der Feinstaub nur so fliegt, und es wird noch einige Jahre dauern bis ein Bahnhof unter der Erde liegt, den mit Ausnahme einiger Bodenspekulanten gar niemand wollte.
Klar, dass die Tunnelgrabungen für die neue Schienentrasse nach München Vorrang haben, langfristig bringt das zehn Minuten Zeitersparnis auf der Südschiene. Für S-Bahn-Pendler bedeutet das zwar häufig Änderungen, Einschränkungen, Verdruss, und wenn’s mal wieder ganz dumm läuft, kann man ja den Wagen nehmen. Aber bitte nicht den Diesel, obwohl der längst einen Partikelfilter hat und supersparsam ist.
„Umwelthilfe“, Verwaltungsgerichte, Stadt und Land
Die sogenannte „Umwelthilfe“ hat geklagt, das Verwaltungsgericht hat Recht gesprochen, Stadt und Land sind nur Erfüllungsgehilfen.
Ein Witz namens Messstelle
Dabei verbessert sich die Luftqualität in der Stadt permanent, die Autos werden immer sauberer, und die Platzierung der Luftmessstation am Neckartor direkt neben der achtspurigen Fahrbahn und in unmiittelbarer Nähe des Fernbahnhofs mit 16 Gleisen und der Stuttgart-21-Baustelle ist ein Witz.
Schadstoffe, Medizin, Statistik
Jeder weiß das, und jedermann weiß mittlerweile auch, was angesehene Fachmediziner zur Stickoxid-Belastung durch Dieselautos sagen: Negativwirkungen marginal, Opferstatistiken aus der Luft gegriffen und statistisch definitiv unhaltbar.
Mal 40, mal 950 Mikrogramm
Bleiben die Grenzwerte. Maximal 40 Mikrogramm Stickoxid sind im Straßenverkehr erlaubt, 950 Mikrogramm an Arbeitsplätzen in Industrie und Handwerk. An diesen Arbeitsplätzen verbringen hart arbeitende Männer und Frauen jede Woche bis zu 40 Stunden. Man muss kein Genie sein, um die Diskrepanz zu erkennen, und man braucht keine Phantasie, um zu vermuten, dass der Wahnsinn Methode hat.
Wem nützt es?
Zigtausende Pendler aus dem Umland, die in Stuttgart Lohn und Brot und Steuern erwirtschaften, stehen plötzlich ohne Auto da. Gut 30.000 Stuttgarter, die einen modernen Diesel mit der Abgasnorm 4 besitzen, dürfen ihr Auto in ihrer Stadt – Achtung, Schonfrist! – ab dem 1. April nicht mehr benutzen. De facto ist das Enteignung.
Wem nützt es? Fragen!