Formel-E-Saisonfinale in Berlin. 18 Fahrer können theoretisch noch Weltmeister werden, auch Team-Weltmeisterschaft offen wie nie zuvor. Audi und BMW beenden nach der Saison ihr Formel-E-Engagement.
Am kommenden Wochenende beendet die Formel E in Berlin ihre siebte Saison. Es ist das zweite Formel-E-Finale in der deutschen Hauptstadt, in der bereits zwölf vollelektrische Rennen stattgefunden haben — die Metropole bleibt damit der einzige Austragungsort in dem die Formel E in jeder der bisherigen sieben Saisons startete. Mit Sébastien Buemi, Lucas di Grassi, António Félix da Costa, Maximilian Günther, Jean-Éric Vergne, Oliver Rowland und Stoffel Vandoorne gehen am Samstag und Sonntag sieben der bisherigen zehn Berlin-Sieger an den Start — außer 2015/16-Champion Buemi haben alle Berlin-Sieger noch die Chance auf den ersten FIA-Formel-E-Weltmeistertitel.
Fahrer-WM völlig offen
51 Punkte trennen Alexander Sims (Platz 18) vom Führenden Nyck de Vries (95 Punkte) — 60 Punkte können die Piloten am Wochenende auf dem stillgelegten Flughafen Tempelhof maximal sammeln. Rein theoretisch fahren also die ersten 18 Piloten um die Weltmeisterschaft.
Zehn Fahrer können aus eigener Kraft Weltmeister werden, 23 Punkte liegen zwischen dem Zehntplatzierten René Rast und dem Führenden Nyck de Vries. Und bei einem perfekten Rennen (schnellstes Qualifying, Poleposition, schnellste Rennrunde und Sieg) machen die Piloten zwölf Punkte auf den Zweitplatzierten gut. Bei zwei perfekten Rennen sind das also 24 Punkte. Allerdings hat in der aktuellen Saison noch kein Fahrer 30 Punkte an einem Renntag gesammelt. Jake Dennis und Sam Bird verfehlten das perfekte Rennen mit 29 Punkten in Valencia und New York City knapp — beiden Piloten fehlte die schnellste Rennrunde zur Maximalpunktzahl. Außerdem standen mit Edoardo Mortara, Alex Lynn und Nyck de Vries nur drei Piloten in der aktuellen Saison an beiden Tagen eines Doubleheader-Events auf dem Podium. „Es wird ein unheimlich spannendes WM-Finale, bei dem in beiden Wertungen noch alles möglich ist“, sagt Mercedes-Teamchef Ian James.
Robin Frijns, die Zuverlässigkeit in Person
In der vollelektrischen Rennserie ist das 24-köpfige Feld aufgrund der vielen Gleichteile extrem ausgeglichen. An der Spitze des Fahrerklassements liegt Nyck de Vries, obwohl er sieben der bisher 13 Saisonrennen ohne Punkte beendet hat. Allerdings siegte der Mercedes-Pilot bereits zwei Mal. Außer ihm schafften das nur Sam Bird und Jake Dennis, die mit je 81 Punkten auf Platz drei in Schlagdistanz zum Niederländer liegen. Auf Platz zwei liegt mit Robin Frijns der beständigste Fahrer der Saison, der Virgin-Pilot punktete zwar auch nur in sieben Rennen, hat die Ziellinie aber als einziger Fahrer in allen 13 Rennen überquert.
„Hinter uns liegen viele Rennen in dieser Saison mit unterschiedlichen Momenten und Erlebnissen, Höhen und Tiefen“, sagt de Vries. „Wir wissen, wie schwierig es ist und wie eng alle zusammenliegen, aber wir gehen gut vorbereitet in das letzte Event. Jetzt liegt es an uns, uns auf unsere Aufgaben zu konzentrieren und alles zu tun, was in unserer Macht steht.“
Finale mit zwei Streckenvarianten
In Berlin starten die zwölf Teams erstmals an einem Doubleheader-Wochenende auf zwei unterschiedlichen Streckenvarianten. Am Samstag wird auf dem 2,335 Kilometer langen Kurs gegen den Uhrzeigersinn gefahren, am Sonntag im Uhrzeigersinn. „Im Prinzip bedeutet das, dass wir uns auf zwei verschiedene Rennen vorbereiten müssen“, sagt Porsche-Formel-E-Einsatzleiter Amiel Lindesay. „Die Streckenlayouts sind jedoch dieselben wie in der Saison 6, was uns natürlich entgegenkommt. Wir haben uns intensiv am Simulator vorbereitet, konnten gleichzeitig aber auch auf reale Daten zurückgreifen.“
Hoher Volllastanteil, anspruchsvoller Belag
Die Fahrer erwarten jeweils zehn Kurven und ein Volllastanteil von 73 Prozent. Der Topspeed auf der Start-/Zielgeraden wird rund 220 km/h betragen. Energiemanagement, Reifenmanagement und Qualifyingperformance sind auf der breiten Strecke mit guten Überholmöglichkeiten der Schlüssel zum Erfolg. Der spezielle Flughafen-Belag sorgt für einen hohen Reifenverschleiß, die Teams haben deshalb pro Rennen und Auto je zwei Reifensätze zur Verfügung, statt der üblichen 1,5.
Audi und BMW verabschieden sich
Für Audi und BMW sind es vorerst die letzten beiden Formel-E-Rennen. Beide Teams verlassen die vollelektrische Rennserie. „Wir kommen nach Berlin, um uns erhobenen Hauptes von der Formel E und unseren Fans zu verabschieden“, sagt Audi-Teamchef Allan McNish. „Wir als Team haben hier einige der emotionalsten Momente der vergangenen Jahre erlebt. Es ist also der perfekte Ort für das letzte Kapitel unseres Formel-E-Abenteuers, das wir selbstverständlich mit so vielen Pokalen wie möglich beenden möchten.“
Audi plant für die Rallye Dakar
Audi ist Gründungsmitglied der Formel E und hat in den vergangenen sieben Jahren 46 Trophäen gewonnen. In den ersten drei Jahren als Privatteam ABT Sportsline mit Unterstützung des Technologieunternehmens Schaeffler, seit 2017 dann als offizielles Audi-Werksteam. Audi hat die vollelektrische Rennserie als Technologielabor für die Serie genutzt, ab Januar 2022 soll das Engagement bei der Rallye Dakar wichtige Daten für die Elektrooffensive liefern. „Die Rallye Dakar bietet uns die Möglichkeit, als Pionier neue Wege zu beschreiten und unsere Kompetenz im Bereich Elektromobilität unter Extrembedingungen zu präsentieren und weiterzuentwickeln“, sagt Audi-Motorsport-Chef Julius Seebach.
Mit BMW verlässt ein zweiter deutscher Hersteller die Formel E. „Berlin wird für das gesamte Team ein ganz spezielles Event werden. Auf der einen Seite ist es das Saisonfinale, und sportlich geht es noch um alles. Auf der anderen Seite markieren die beiden Rennen das Ende der werksseitigen Partnerschaft zwischen BMW i und Andretti Formula E“, sagt BMW-Teamchef Roger Griffiths. Sieben Jahre war BMW offizieller Vehicle Partner der Rennserie, drei Jahre starteten die Bayern mit einem Werksteam und mit Rookie Jake Dennis haben sie noch ein heißes Eisen im Feuer. Dennis liegt mit 81 Punkten zusammen mit Sam Bird auf Rang drei der Fahrerwertung und ist der erste Pilot, der in seiner Rookie-Saison zwei Siege gefeiert hat. „Es fühlt sich an, als hätte ich erst gestern mein erstes Formel-E-Rennen in Diriyah bestritten“, sagt Dennis. „Seitdem sind wir einen langen Weg gegangen, haben in meiner Rookie-Saison zwei Rennen gewonnen und sind mitten im Kampf um die Weltmeisterschaft. Ich bin extrem gespannt auf Berlin und werde alles geben, um das Momentum zu nutzen und um den Titel zu fahren.“
Porsche verlängert mit Lotterer und Wehrlein
Während sich zwei deutsche Teams aus der vollelektrischen Rennserie verabschieden hat Porsche bereits seine Fahrerpaarung für die kommende Saison vorgestellt — André Lotterer und Pascal Wehrlein starten im Januar 2022 in ihre zweite gemeinsame Saison beim Stuttgarter Sportwagenhersteller. „Wir haben in dieser Saison als Team enorme Fortschritte gemacht“, sagt Porsche-Formel-E-Einsatzleiter Amiel Lindesay. „André und Pascal haben wesentlich zu dieser positiven Entwicklung beigetragen.“
Sat1 überträgt live
Startzeit der finalen Formel-E-Saisonrennen ist am Samstag um 14 Uhr und am Sonntag um 15:30 Uhr. Sat1 überträgt die Läufe live, bei denen erstmals in der Saison wieder Zuschauer zugelassen sind.
Die aktuellen Punktestände vor dem Finale
Fahrerwertung nach 13 Rennen
1. | Nyck de Vries, Mercedes-Benz EQ Formula E Team | 95 Punkte* |
2. | Robin Frijns, Envision Virgin Racing | 89 Punkte |
3. | Sam Bird, Jaguar Racing | 81 Punkte |
4. | Jake Dennis, BMW i Andretti Motorsport | 81 Punkte |
5. | António Félix da Costa, DS TECHEETAH | 80 Punkte |
6. | Alex Lynn, Mahindra Racing | 78 Punkte |
7. | Nick Cassidy, Envision Virgin Racing | 76 Punkte |
8. | Mitch Evans, Jaguar Racing | 75 Punkte |
9. | Edoardo Mortara, ROKiT Venturi Racing | 74 Punkte |
10. | René Rast, Audi Sport ABT Schaeffler | 72 Punkte |
11. | Pascal Wehrlein, TAG Heuer Porsche Formula E Team | 71 Punkte |
12. | Jean-Éric Vergne, DS TECHEETAH | 68 Punkte |
13. | Stoffel Vandoorne, Mercedes-Benz EQ Formula E Team | 63 Punkte |
14. | Lucas di Grassi, Audi Sport ABT Schaeffler | 62 Punkte |
15. | Maximilian Günther, BMW i Andretti Motorsport | 62 Punkte |
16. | Oliver Rowland, Nissan e.dams | 59 Punkte |
17. | André Lotterer, TAG Heuer Porsche Formula E Team | 45 Punkte |
18. | Alexander Sims, Mahindra Racing | 44 Punkte |
19. | Nico Müller, DRAGON Penske Autosport | 30 Punkte |
20. | Sébastien Buemi, Nissan e.dams | 20 Punkte |
21. | Norman Nato, ROKiT Venturi Racing | 17 Punkte |
22. | Sérgio Sette Câmara, DRAGON Penske Autosport | 16 Punkte |
23. | Oliver Turvey, NIO 333 FE Team | 13 Punkte |
24. | Tom Blomqvist, NIO 333 FE Team | 5 Punkte |
25. | Joel Eriksson, DRAGON Penske Autosport | 1 Punkt |
Teamwertung nach 13 Rennen
1. | Envision Virgin Racing | 165 Punkte* |
2. | Mercedes-Benz EQ Formula E Team | 158 Punkte |
3. | Jaguar Racing | 156 Punkte |
4. | DS TECHEETAH | 148 Punkte |
5. | BMW i Andretti Motorsport | 143 Punkte |
6. | Audi Sport ABT Schaeffler | 134 Punkte |
7. | Mahindra Racing | 122 Punkte |
8. | TAG Heuer Porsche Formula E Team | 116 Punkte |
9. | ROKiT Venturi Racing | 91 Punkte |
10. | Nissan e.dams | 79 Punkte |
11. | DRAGON Penske Autosport | 47 Punkte |
12. | NIO 333 FE Team | 18 Punkte |
*Punkteschlüssel Plätze 1 bis 10: 25 P. / 18 P. / 15 P. / 12 P. / 10 P. / 8 P. / 6 P. / 4 P. / 2 P. / 1 P.
3 Zusatzpunkte gibt es für die Pole Position, jeweils 1 Zusatzpunkt für die schnellste Qualifyingzeit und die schnellste Rennrunde.