Unterwegs mit der Topversion des elektrischen Ponycars. Fahrbericht.
Der Name Mustang steht bei Ford seit knapp 60 Jahren für moderat gepreiste Sportwagen, gerne mit großvolumigen V8-Triebwerken. Seit gut einem Jahr galoppiert der Mustang aber auch mit Strom. Die Zusatzbezeichnung Mach-E macht aus der zweitürigen Ikone ein viertüriges SUV mit Coupédach, das Auto wird rein elektrisch angetrieben. Das leistungsstärkste Elektropferd im Mustang-Stall ist die GT-Version. Wir hatten Gelegenheit zu einem Ausritt.
358 kW, 860 Nm
Angetrieben wird der 4,74 Meter lange, 2,09 Meter breite (mit Außenspiegeln) und 1,61 Meter hohe Mach-E GT von zwei ölgekühlten Permanentmagnet-Synchronmotoren mit einer Peak-Leistung von 358 kW. Das Drehmoment von 860 Newtonmetern stellt alle bisherigen Serienmodelle von Ford in Europa in den Schatten. Bei einem rollenden Start wird die Tempo-100-Marke in 3,7 Sekunden (aus dem Stand in 4,4 Sekunden) erreicht. In der Spitze schiebt Ford bei 200 km/h einen elektronischen Riegel vor.
88 kWh für theoretisch 500 Kilometer
Serienmäßig rollt der Mustang Mach-E GT mit Allradantrieb und einer „Extended Range“-Batterie an, die eine nutzbare Kapazität von 88 kWh (brutto 98,7 kWh) bietet. Damit soll eine Reichweite laut WLTP-Modus von 500 Kilometern machbar sein. Um die tatsächlich zu erreichen, müssen jedoch nicht nur die äußeren Umstände wie beispielsweise das Wetter passen. Vor allem gilt es, den rechten Fuß nur sehr vorsichtig und zurückhaltend einzusetzen, was logischerweise ziemlich schwer fällt, denn der Mustang will sein Wildpferdtemperament nur ungern zügeln. Und wenn die Hufe dann fröhlich klappern, schlägt sich das im Energieverbrauch nieder. 20 kWh/100 km gibt Ford in der WLTP-Norm an.
Wir waren zunächst relativ zurückhaltend mit moderatem Tempo auf der Landstraße und exakt nach Tempolimit in der Stadt unterwegs. Da zeigte der Bordcomputer einen Wert von 21,4 kWh an. Auf der Autobahn war recht viel Verkehr, so dass die Geschwindigkeit zwischen 120 und maximal 140 km/h lag. Hier lag der Verbrauch dann bei 22,9 kWh.
Lediglich auf einem kurzen Abschnitt konnte der rechte Fuß schlagartig bis aufs Blech durchgedrückt werden. Aber Achtung: Solche Manöver, sollte ein Beifahrer an Bord sein, bitte nur mit Vorankündigung. Sonst droht eine Klage wegen Körperverletzung. Denn es geht derart vehement nach vorne, dass sich nicht nur der Magen gefühlt um die Wirbelsäule wickelt, sondern auch der Kopf ruckartig nach hinten gerissen wird. Ohne Vorankündigung und Körperspannung kann das unangenehme Folgen haben. Und klar auch, dass der Verbrauch bei vollem Strom- und Leistungseinsatz massiv nach oben geht.
Unterm Strich zeigte der Bordcomputer nach etwa eineinhalb Stunden und etwas mehr als 90 Kilometern Strecke einen Durchschnittsverbrauch von 22,1 kWh.
Zahm, Aktiv und Temperamentvoll
Die Art der Fahrt lässt sich über drei Fahrmodi vorwählen. Die Programme Zahm, Aktiv und Temperamentvoll verändern die Kennlinien – Lenkung, Fahrpedal, Dämpfung und Antriebsstrang werden mit jeder Stufe nachgeschärft. Dass mindestens zwei Klicks auf dem 15,5 Zoll großen Touchscreen für die Programmwahl notwendig sind, ist allerdings nicht optimal. Grundsätzlich auf Sportlichkeit ausgelegt sind die Abstimmungen von Lenkung, Federung und Dämpfung. Das Fahrwerk ist sportlich straff, aber keinesfalls unkomfortabel. Die Lenkung reagiert direkt, so dass der Mach-e GT in schnell anvisierten Kurven problemlos in der vorgegebenen Spur bleibt. Der Allradantrieb trägt dazu ebenso bei wie die 245/45er Reifen auf den serienmäßigen 20 Zoll-Rädern (21 und 22 Zoll optional).
Gebremst wird das 2,3 Tonnen schwere E-Fahrzeug mit einem leistungsstarken Brembo-System. Bevor das einsetzt, fließt aufgrund der Rekuperation erst einmal Energie zurück in den Akku. Dieser Übergang erzeugt anfangs das Gefühl, die Bremse würde nicht oder zu spät reagieren.
Eine gut funktionierende Rekuperation verlängert die Reichweite. Doch geladen werden muss halt doch. Zu Hause geht das mit einer Ladeleistung von bis zu elf kW an der Wallbox spielend über Nacht. Und ein Schnelllader mit bis zu 150 kW soll die GT-Akkus innerhalb von 45 Minuten von zehn auf 80 Prozent Füllstand bringen.
Digitaler Schlüssel, Touchscreen im Hochformat
Neu bei Ford ist ein digitaler Schlüssel. Erkennt das Auto via Bluetooth, dass sich das entsprechend legitimierte Mobilgerät nähert, werden die Türen freigegeben. Selbst zum Starten des Autos muss weder ein Smartphone noch ein Schlüssel in die Hand genommen werden. Mit einem separaten PIN-Code, der auf dem zentralen Touchscreen eingegeben wird, ist der Wagen fahrbereit.
Der 15,5 Zoll große Touchscreen im Hochformat ist auch das Bedienfeld für das Kommunikations- und Entertainmentsystem. Vor dem Fahrer liegt eine übersichtliche digitale 10,2-Zoll-Instrumententafel, auf der die wichtigsten Infos zu Fahrzeug und Fahrt angezeigt werden. Smartphones und andere Endgeräte docken kabellos über Apple CarPlay, Android Auto und AppLink an.
Platz da: Passagiere, Kofferraum, Frunk
Die Fahr-Akkus sind im Fahrzeugboden zwischen den 2,98 Meter auseinanderliegenden Achsen installiert. Das schafft Platz für ein großzügiges Raumangebot. Im Fond können selbst großgewachsene Personen bequem sitzen, im Ladeabteil steht ein Volumen von 402 Litern zur Verfügung. Werden die Rücksitze nach vorn geklappt, wächst der Stauraum auf bis zu 1420 Liter. Dazu kommen noch zusätzliche 81 Liter unter der Fronthaube im so genannten Frunk (Front-Trunk).
Der galoppierende Mustang, das eigentliche Markenzeichen der Modellreihe, ziert optisch die ansonsten geschlossen Front. Das Dach fällt nach hinten coupéartig ab und am Heck leuchten die typischen dreiteiligen Rücklichter.
Dass die Autohersteller derzeit massiv an der Preisschraube drehen, belegt auch der Mustang Mach-E GT. Bei der Präsentation Ende 2021 standen noch 72.900 Euro auf dem Preisschild, jetzt sind es 77.200 Euro. Davon können 7500 Euro Förderprämie abgezogen werden.
Fotos: Ford