Unterwegs im Elektro-Kombi von Nio. Fahrbericht.
Am 25. November 2014 in Shanghai gegründet präsentiert Nio am 22. November 2016 den Supersportwagen EP9 in London und zeigt sich damit erstmals auf dem europäischen Markt. Das erste Nio-Serienmodell ES8 rollt im Mai 2018 vom Band im chinesischen Hefei, vor einem Jahr ist die Elektromarke in den deutschen und europäischen Markt eingestiegen – der erste Nio ET7 wurde am 17. Oktober 2022 in Deutschland ausgeliefert.
Nio Houses, Nio Hub
Nio tritt im Premiumsegment an und verfolgt dabei ein neues Marketingkonzept neben dem jetzt schon fast üblichen Direktvertrieb: Der neue Markteinsteiger will für die junge chinesische Marke auch eine Nio-Commuity aufbauen. In Großstadt-Zentren entstehen Nio Houses, die neben den Showrooms auch Cafés und Eventräume für mögliche Kunden beherbergen und ein ultimatives User-Erlebnis bescheren sollen. In Deutschland gibt es bisher drei Nio Houses in Berlin, Düsseldorf und Frankfurt. Drei weitere Begegnungsstätten in Europa gibt es in Norwegen und den Niederlanden, weltweit betreibt der Elektroautohersteller bereits 125 Nio Houses.
In München wurde am 15. Juni 2023 das erste Nio Hub eröffnet: „Das NIO Hub München ist das erste seiner Art weltweit und verbindet das Community- und Marken-Erlebnis auf der einen Seite mit erstklassigem Service auf der anderen Seite“, sagt Nio-Deutschland-Geschäftsführer Ralph Kranz bei der Eröffnung.
Laden oder tauschen
Und auch beim Laden geht Nio neue Wege, Nio-Fahrer können ihre Batterien an sogenannten Power-Swap-Stationen (PSS) innerhalb von fünf Minuten wechseln – Reichweitenangst und lange Ladezeiten sollen so der Vergangenheit angehören, Voraussetzung dafür ist natürlich, dass eine Tauschstation in der Nähe ist. Bisher gibt es 26 Tauschstationen in Europa, sieben davon in Deutschland: in Zusmarshausen (Bayern), Hilden (Nordrhein-Westfalen), Dorsten (Nordrhein-Westfalen), Ulm-Seligweiler (Baden-Württemberg), Großburgwedel (Niedersachsen), Waldlaubersheim (Rheinland-Pfalz) und Regensburg (Bayern). 312 Batteriewechsel sind laut Hersteller pro Tag und Station möglich, 13 Batterien können dort gleichzeitig laden. Der Nio-Batteriewechsel ist nur mit gemieteten Batterien möglich – Nio-Kunden haben die Wahl, den Akku zu kaufen oder zu mieten.
Im Moment stehen in Deutschland fünf Nio-Modelle zur Wahl: ET7, ET5, EL7, EL6 und ET5 Touring. Drei der Modelle sind bereits auf dem Markt, EL6 und ET5 Touring stehen in den Startlächern, können seit August bestellt werden und sollen im vierten Quartal 2023 ausgeliefert werden. Wir waren im Nio ET5 Touring unterwegs, dem ersten Elektro-Kombi der Marke.
Elektro-Kombi ET5
Bis zur B-Säule ist der Touring äußerlich identisch mit seinem Derivat Nio ET5, danach ändert sich die Dachlinie und bietet durch die Kombisilhouette mehr Stauraum – das Kofferraumvolumen variiert von 450 bis zu 1.300 Liter bei umgeklappter Sitzbank. Der 4,79 Meter lange Kombi soll freizeitaktive Kunden und Familien ansprechen.
Zu Absatzprognosen äußert sich Nio nicht, in den ersten drei Quartalen 2023 wurden laut Kraftfahrt-Bundesamt in Deutschland 855 Nio zugelassen.
Der Markteintritt ist in Deutschland für neue Hersteller immer noch ein hartes Brett, die Bekanntheit der Marke ist hier sicherlich ein Thema. Am Design und am Fahrspaß kann es bei Nio jedenfalls nicht liegen. Der Nio ET5 Touring wird von einem Zweimotoren-Allradsystem mit einer Gesamtleistung von 360 kW und 700 Nm angetrieben, das sich aus dem 150-kW-Induktionsmotor vorn und dem 210-kW-Permanentmagnetmotor hinten zusammensetzt.
Das macht Spaß
Der Antritt ist extrem potent und macht richtig Spaß – je nach Fahrmodus (Eco, Komfort, Sport und Sport+) wird das noch verstärkt, ebenso wird das Fahrwerk steifer und die Lenkung direkter. Der fast zwei Meter breite Kombi beschleunigt in 4,0 Sekunden von 0 auf 100 km/h und auch die Verzögerung ist gut: Der ET5 Touring bremst laut Datenblatt in 33,9 Meter von 100 km/h zum Stand. Mit dem 100-kWh-Akku sind laut Hersteller Reichweiten bis zu 560 Kilometer möglich.
Nomi und die sensiblen Assistenten
Im Innenraum finden fünf Personen Platz, die verarbeiteten Materialien sind hochwertig, alle Funktionen lassen sich über ein 12,8-Zoll großes Touchscreen steuern. Das ist partiell wegen vieler Zwischenschritte etwas umständlich. Zusätzlich gibt es die Sprachassistenz Nomi, die Kugel thront in der Mitte des Armaturenbretts und dreht sich zu der Person, die mit ihr spricht. Größtenteils funktioniert die Spracherkennung, weitere Assistenzsysteme wie die Geschwindigkeitserkennung sind etwas zu sensibel eingestellt und korrigieren den Fahrer ab der geringsten Geschwindigkeitsüberschreitung penetrant.
Der Akku kostet extra
Der gut ausgestattete Nio ET5 Touring kostet 47.500 Euro – ohne Batterie. Wer einen Akku kaufen möchte, zahlt zusätzlich 12.000 Euro für die kleine oder 21.000 Euro für die große Variante. Allerdings: Die Kaufvariante schließt den Akku-Wechsel an der Power-Swap-Station aus. Wird die Wechseloption gezogen, ist eine Akku-Miete fällig: je nach Kapazität 169 beziehungsweise 289 Euro im Monat.