Inseln im Strom

Der Elektrowagen nimmt Fahrt auf. Aber die Quoten sind noch bescheiden. Die Industrie steht unter Spannung – hier die enormen Anschubfinanzierungen, dort die zurückhaltenden Konsumenten. Ein Blick auf die aktuellen E-Auto-Bilanzen der deutschen Hersteller.

Verbrenner weg, Elektromotoren rein, Strom kommt aus der Steckdose, alles gut. Klingt großartig, ist aber nicht so einfach. Noch ist das Elektroauto im Durchschnitt sündhaft teuer. Noch sind die Verbraucher bei der Kaufentscheidung mehrheitlich reserviert. Noch sind Elektroautos deshalb Inseln im Strom des Automobilgeschäfts.

Ein Blick auf die aktuellen Quartalsberichte der deutschen Hersteller belegt es: Gemessen an der Gesamtproduktion steigen die E-Auto-Anteile. Aber die Quoten sind noch bescheiden.

Die bisherige Bilanz des Jahres 2023 im Überblick.

 

Audi: 8,9 Prozent

Audi meldet für die ersten drei Quartale 2023 mit 1,387 Millionen Auslieferungen ein Wachstum von 16,2 Prozent. 123.000 Autos entfielen auf die Vollelektriker-Sparte BEV (Battery Electric Vehicle): 8,9 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Plus von 60 Prozent.

Für September 2023 meldet die Volkswagen-Konzernmarke 175.000 Auslieferungen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat entspricht das einem Gesamtplus von 24 Prozent, die Vollelektriker verbessern ihr Ergebnis um 77 Prozent.

 

BMW und Mini: 13,5 Prozent

Die BMW-Gruppe (BMW, Mini und Rolls-Royce) hat in den ersten drei Quartalen des Jahres 1,837 Millionen Autos ausgeliefert, davon 246.867 vollelektrische BEV. Das entspricht einem BEV-Anteil von 13,5 Prozent.

Im dritten Quartal 2023 wurden knapp 94.000 vollelektrische Autos ausgeliefert, 83.211 BMW und 10.720 Mini. Im Vergleich zum Vorjahresquartal ist das ein Plus von 79,6 Prozent. Die Marke BMW verbucht im dritten Quartal sogar ein Plus von 100,3 Prozent.

Rolls-Royce, um der Nobelhobel-Marke unterm BMW-Dach drei Sätze zu gönnen, bereitet sich übrigens auf den Marktstart des gewaltigen Elektrocoupés Spectre vor. Leistung und Preis? Wer so fragt, ist vermutlich auf dem falschen Dampfer unterwegs.

Zum Vergleich das globale Verbrenner-Geschäft der BMW-Gruppe im laufenden Jahr: rund 1,59 Millionen Einheiten, davon 138.544 Plug-in-Hybride.

Insgesamt wachsen BMW und Co in den ersten drei Quartalen um 5,1 Prozent, das entspricht einem Plus von knapp 90.000 Auslieferungen. Das Elektrogeschäft hält die Bayern also unter Spannung, auch wenn die absoluten Zahlen noch vergleichsweise bescheiden sind.

 

Mercedes-Benz: 11,5 Prozent:

Mercedes hat in den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres knapp 1,53 Millionen Autos ausgeliefert, davon 174.500 BEV – 11,5 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 2022 ist das ein BEV-Plus von 82 Prozent. Nimmt man den Smart Fortwo EQ aus der Statistik – der Kultzwerg wird aktuell noch ausgeliefert -, sieht die Mercedes-BEV-Bilanz für die ersten drei Quartale 2023 noch besser aus: plus 97 Prozent bei 160.300 ausgelieferten Vollelektrikern.

Nicht ganz so rosig sind die elektrischen Blütenträume unterm Stern im dritten Quartal 2023: 61.600 Auslieferungen (davon 57.700 Mercedes und 3.900 Smart) bedeuten im Vergleich mit dem Vorjahresquartal aber immerhin ein BEV-Plus von 66 Prozent.

Im wichtigen Exportmarkt USA schreiben die Vollelektriker in 3/23 übrigens bei 10.000 Auslieferungen ein Plus von 137 Prozent, zum Vergleich das Verbrenner-Ergebnis: 54.000 Autos. 

 

Opel: 17,7 Prozent

 

Die Traditionsmarke aus Rüsselsheim meldet Zahlen für den „wichtigen deutschen Heimatmarkt“. Im September 2023 machte der BEV-Anteil bei gut 14.000 Gesamtzulassungen 26,5 Prozent aus, für das dritte Quartal des laufenden Jahres meldet Opel eine BEV-Quote von 29,4 Prozent. Bleibt die Meldung für die ersten drei Quartale 2023: 17,7 Prozent Vollelektriker.

 

Porsche: 11,5 Prozent

Sportwagen sind und bleiben ein lukratives Geschäftsmodell, vorausgesetzt, man verkauft gute Produkte unter einen klangvollen Namen. Porsche hat in den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres 242.722 Autos ausgeliefert – plus 9,5 Prozent.

Auf den Vollelektriker Taycan entfielen mit 27.855 Auslieferungen 11,5 Prozent des Porsche-Geschäfts. In einer ähnlichen Größenordnung bewegt sich die Marktentwicklung des Taycan: plus 11 Prozent.

 

 

Volkswagen Markengruppe Core: 7,8 Prozent

Die VW-Volumenmarken Volkswagen Pkw und Nutzfahrzeuge (Transporter) sowie Skoda und Seat/Cupra lieferten in den ersten drei Quartalen 2023 insgesamt 4,82 Millionen Autos aus, davon 379.400 Vollelektriker – 7,8 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein BEV-Plus von 44,1 Prozent.

Die BEV-Ergebnisse der Markengruppe Core im Einzelnen: Volkswagen Pkw 273.000 Einheiten (plus 31,8 Prozent), Volkswagen Nutzfahrzeuge 19.600 (plus 1.032,3 Prozent), Skoda 54.400 (plus 47,6 Prozent), Seat/Cupra 32.300 (plus 84,1 Prozent).

Insgesamt, also inklusive der Marken Audi und Porsche (siehe oben), lieferte der Volkswagen-Konzern in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres 531.000 Vollelektriker aus: 341.100 in Europa (plus 60,9 Prozent), 117.100 in China (plus 3,9 Prozent), 50.300 in den USA (plus 73,7 Prozent) und 23.100 in weiteren Märkten (plus 77,4 Prozent). Unter dem Strich steht im Vergleich zum Vorjahreszeitraum beim VW-Konzern ein BEV-Plus von 45,0 Prozent.

BEV-Boom in Holland, Schweden und Frankreich

Der Markt in Westeuropa zeigt im dritten Quartal 2023 für die BEV-Vollelektriker (Battery Electric Vehicle) übrigens positive Tendenzen: 18,6 Prozent Marktanteil (518.000 Neuzulassungen). Das ist im Vergleich zum Vorquartal ein Plus von 2,4 Prozent. Für den September 2023 verbucht der Europäische Herstellerverband ACEA (Association des Constructeurs Européens d’Automobiles) allerdings einen signifikanten BEV-Rücksetzer um knapp vier Prozentpunkte: Marktanteil 14,8 Prozent (127.149 Neuzulassungen). Während allerdings die BEV-Zulassungen in Deutschland mit einem Minus von 28,6 Prozent förmlich einbrachen, meldeten andere EU-Märkte einen BEV-Boom: Niederlande plus 70,8 Prozent, Schweden plus 60,7 Prozent und Frankreich plus 34,2 Prozent.

Und nur der Vollständigkeit halber: Die deutschen September-Zahlen sind nach dem Aus der Subventionen für Gewerbetreibende Ende August ein Desaster mit Ankündigung. Geschäftsleute können rechnen, Firmen-Elektriker wurden vor Toresschluss der Förder-Milliarden eingetaktet. Jetzt sind die Auftragsbücher leer.

Fotos: motorfuture, Opel, Mercedes-Benz, BMW 

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Oskar Weber