Unterwegs mit dem vollelektrischen Volvo-Flaggschiff. Fahrbericht.
Das Auto. Der EX90 ist nach EX30, EX40 und EC40 Volvos viertes E-Modell. Gebaut wird das SUV im US-Bundesstaat South Carolina. Auf den amerikanischen Highways wirkt das Flaggschiff der Marke alles andere als überdimensioniert. Für europäische Verhältnisse aber ist der Wagen mit einer Länge von 5,04 Metern, einer Breite von 1,96 Metern und einer Höhe von 1,74 Metern schon ein ziemliches Kaliber.
Am Steuer des EX90 geraten die staatlichen Außenmaße ebenso wie das Gewicht von 2,8 Tonnen allerdings ganz schnell in Vergessenheit. Es ist schon erstaunlich mit welcher Leichtigkeit sich der Wagen, in diesem Fall der Twin Motor AWD, bewegen lässt.
Antrieb, Akku und Verbrauch. Der Twin Motor AWD ist eine von drei unterschiedlichen Antriebsversion des EX90, der generell mit 400-Volt-Technologie ausgerüstet ist. Einstieg ist der Single Motor mit Hinterradantrieb, der Permanentmagnet-Synchronmotor leistet 205 kW (279 PS), das stattliche Drehmoment von 490 Nm schiebt den Wagen an. Die Traktionsbatterie hat eine Nettokapazität von 101 kWh, bei einem WLTP-Verbrauch von 19,9 kWh/100 km ergibt das eine Reichweite von 580 Kilometern. An der Spitze des Angebots treibt der Twin Motor Performance AWD den großen Volvo an: zwei Elektromotoren an Vorder- und Hinterachse, 380 kW (517 PS) Systemleistung, 910 Nm Drehmoment. Der Akku hat hier eine Nettokapazität von 107 kWh, was bei einem Normverbrauch von 22,0 kWh/100 km für 570 Kilometer Reichweite sorgt. Der Antritt ist fulminant: 0 auf 100 km/h in 4,9 Sekunden.
Frischen Strom gibt es an der Schnellladesäule mit bis zu 250 kW und an der Wallbox über den On-Board-Lader mit elf kW. Der Schnelllader benötigt 30 Minuten für die Standardversorgung (zehn auf 80 Prozent).
Wir waren auf unserer Testfahrt mit dem Twin Motor AWD unterwegs, der etwas weniger Leistung (300 kW/408 PS) und Drehmoment (770 Nm) mit den Verbrauchs- und Reichweitenwerten der Topmotorisierung verbindet. In der Praxis zeigt sich die Praxisnähe der Laborwerte zumindest auf den stark befahrenen US-Highways mit den rigiden Tempolimits sowie im dichten Verkehr der Citys. Wir haben auf unseren insgesamt knapp 300 Testkilometern einen Durchschnittswert von 22,1 kWh gemessen – für ein Auto dieser Gewichts- und Leistungsklasse ist das ein sensationeller Wert.
Platz da. Die Fahrwerksabstimmung ist tadellos. Die Passagiere reisen zudem bequem auf gut gepolsterten Sitzen und dürfen sich über ein riesiges Platzangebot freuen. Das gilt selbst dann, wenn der EX90 als Siebensitzer genutzt wird. Da die Sitze der zweiten Reihe einzeln in der Länge zu verschieben sind, reicht das Platzangebot dahinter bei Bedarf auch für zwei Personen mit einer Körpergröße von 1,84 Metern. Natürlich sind Kopf- und Beinfreiheit hier eingeschränkt, die Plätze in der dritten Klasse sind im Regelfall ein Angebot für Kinder. Hinter der dritten Sitzreihe stehen 324 Liter Gepäckraum zur Verfügung, hinter der zweiten Reihe sind es 669 Liter. Und werden alle Rücksitzlehnen vorgeklappt, steigt das Ladevolumen auf einer komplett ebenen Fläche auf maximal 1.955 Liter.
Das Cockpit wird von einem 14,5 Zoll großen, rahmenlosen Touchscreen dominiert. Navigation, Android-Infotainment, Klimatisierung, Fahrzeug-Apps, Parkkameras und weitere Assistenzfunktionen werden hier gesteuert – ausschließlich hier. Das ist ein echten Kritikpunkt, denn ebenfalls nur über den Screen sind in mehreren Schritten die Bedienfunktionen für das Verstellen der Außenspiegel und des Lenkrads zu aktivieren (die eigentliche Einstellung erfolgt dann über Knöpfe am Lenkrad).
Über einen großen Bedienknopf auf der Mittelkonsole lässt sich immerhin die Lautstärke des Infotainmentsystems manuell regeln. Lobenswert ist auch die direkt hinter dem Lenkrad platzierte Instrumentenanzeige, wichtige Fahrinformationen liegen also im direkten Sichtfeld, das Head-up-Display ist optional an Bord (Serie bei Plus und Ultra).
Licht und Sicht. Mittig oberhalb der Frontscheibe ist der so genannte Lidar-Sensor (Light Detection and Ranging) ins Wagendach integriert. Die Technik nutzt Licht in Form eines Impulslasers, um Entfernungen mit hoher Präzision und Genauigkeit zu messen. Dadurch lassen sich Gefahren früher erkennen – gut für die Sicherheit. „Untersuchungen zeigen, dass sich mit Lidar-Technik an Bord die Zahl der Unfälle mit Todesopfern und Schwerverletzten um bis zu 20 Prozent senken lassen, während Kollisionen insgesamt um bis zu neun Prozent verringert werden können“, heißt es bei Volvo. Der unsichtbare Schutzschild wacht aber nicht nur über die äußere Umgebung des Fahrzeugs, sondern scannt auch das Aufmerksamkeitspotenzial des Fahrers. Noch ist das System inaktiv und sammelt lediglich Daten. Spätestens im kommenden Frühjahr soll aber über ein Softwareupdate Over-the-Air die Aktivierung des Sensors erfolgen.
Die Preise. Der Volvo EX90 mit der Basismotorisierung kostet 83.700 Euro. Der Twin Motor AWD steht mit 91.700 Euro in der Preisliste, für den Performance werden 96.800 Euro aufgerufen.
Fotos: Volvo
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