Simona De Silvestro ist Entwicklungs- und Ersatzfahrerin des Porsche Formel E Teams. Die Schweizerin betreibt und lebt seit knapp 26 Jahren Motorsport.
Porsche startet seit zwei Jahren in der Formel E und ist damit nach über 30 Jahren zurück im Formel-Rennsport. Ebenfalls seit 2019 ist Simona De Silvestro Porsche-Werksfahrerin. Die Schweizerin ist damit die erste weibliche Werkspilotin in der Porsche-Motorsport-Geschichte. „Im Rennsport ist Porsche die Marke, für die man fahren will“, sagt die 33-Jährige.
Seit De Silvestro denken kann, ist sie motorsportbegeistert, zusammen mit ihrem Vater hat sie schon als Kleinkind Formel 1 geschaut. Michael Schumacher ist ihr Vorbild. Mit sechs Jahren bekommt sie ihr erstes Kart, eineinhalb Jahre später fährt sie ihr erstes Rennen. Und gewinnt sofort. Ihre Eltern unterstützen sie, obwohl ihr Vater ihrem ersten Rennstart zunächst skeptisch gegenübersteht. „Was soll das Mädel Rennen fahren?“, hat der Autohändler laut Simona De Silvestro gesagt.
Lange vor und auch noch nach Simona De Silvestros Kindheit und Jugend sind Rundstreckenrennen in der Schweiz verboten — im Jahr 2018 ist die Formel E die erste Rennserie, die nach 64 Jahren wieder ein Rennen in der Schweizer Metropole Zürich fährt. Deshalb startet die Schweizerin, die in Thun geboren und in der Westschweiz aufgewachsen ist, ihre Motorsportkarriere im nahe gelegenen Frankreich. Danach nimmt alles seinen Lauf, nach der Kartzeit folgen Stationen in der Formel Renault in Italien und mit 17 der Umzug in die USA. „Für mich war das ein no brainer“, sagt Simona De Silvestro über den Aufbruch in die USA. Dort hat die Rennfahrerin einen Sponsor, startet erst in der Formel BMW USA, dann in der Atlantic Championships, der Nachwuchsmeisterschaft der US-Serien IndyCar und schlussendlich in der IndyCar-Serie.
„Am Anfang waren alle skeptisch“
2015 sitzt die Schweizerin das erste Mal in einem Formel-E-Boliden und bestreitet die letzten beiden Rennen der Formel-E-Debutsaison in London. In der zweiten Saison hat sie ihr eigenes Cockpit bei Andretti und sammelt als erste Frau Punkte in der vollelektrischen Rennserie. „Am Anfang waren alle skeptisch“, sagt De Silvestro über den Start der Formel E. „Aber die Serie hat sich in den vergangenen sieben Jahren extrem entwickelt.“ In den ersten Jahren mussten die Piloten nach der ersten Rennhälfte ihre Boliden wechseln, weil die Batterien zu klein waren. Und auch sonst hakte die Technik. Doch das gehört der Vergangenheit an.
„Dabei zu sein ist cool“
„Vor 40 Jahren hat die Formel 1 die Sicherheit im Auto vorangetrieben und jetzt macht die Formel E den Fortschritt für die Elektromobilität“, erklärt De Silvestro den Transfer von der Rennstrecke auf die Straße: „Da dabei zu sein ist cool.“ Das ist ein Umdenken im Motorsport, denn De Silvestro erinnert sich: „Vor 15 Jahren hätte ich nicht gedacht, dass ich mal in einem Elektroauto Rennen fahre.“ Doch die erste Fahrt im Formel-E-Boliden zeigt ihr, dass der Antrieb keinerlei Einfluss auf den Fahrspaß hat: „Am Anfang ist es ein komisches Gefühl, der klassische Motor-Sound fehlt, aber nach drei Runden fährst du einfach ein Rennauto.“
Als Entwicklungs- und Testfahrerin arbeitet die Schweizerin viel im Simulator in Weissach. Lieber würde De Silvestro zwar mehr Zeit hinter dem Steuer des Porsche 99X Electric verbringen, aber die Softwareentwicklung ist in der vollelektrischen Rennserie der Schlüssel zum Erfolg. Außerdem sind die Testtage für die Teams von der FIA limitiert. Auch die 24 Formel-E-Stammpiloten sitzen außerhalb der Rennwochenenden wenig in den Formel-E-Boliden.
Und am Rennwochenende? „Für mich ist die Hoffnung, dass jemand nicht fahren kann“, lacht De Silvestro. „So ist das als Testfahrerin.“ Bisher ist das bei Porsche noch nicht passiert, die 33-Jährige unterstützt das Team während der Rennen und schaut den Ingenieuren über die Schulter. „Es ist auch interessant zu sehen, was die Ingenieure während der Rennen machen“, sagt De Silvestro über den für Rennfahrer sonst eher unüblichen Blickwinkel.
„Le Mans ist definitiv ein Ziel“
Simona De Silvestro, die bei Sauber auch schon Formel-1-Luft geschnuppert hat, fühlt sich wohl bei Porsche. Für die Zukunft wünscht sie sich aber auf jeden Fall noch mehr Zeit im Cockpit. Im Moment fährt sie für Precote Herberth Motorsport im ADAC GT Masters. Auch das ist neu für sie, denn dort teilt sie sich das Cockpit des Porsche 911 GT3 R mit Klaus Bachler. „Ein Auto zu teilen ist neu für mich, aber das Teamgefühl und der Teamgedanke machen Spaß“, sagt die Pilotin. „Auch wenn das Auto nicht immer perfekt auf einen eingestellt ist.“ Eine gute Übung für Simona De Silvestros Ziel ist es jedenfalls, denn auch in Le Mans beim legendären 24-Stunden-Rennen an der Sarthe wird bekanntlich das Cockpit geteilt. „Le Mans ist definitiv ein Ziel von mir“, sagt die Schweizerin. Wann das sein wird? „Für mich ist es wichtig, dass ich in einem guten Auto sitze.“