Es war einmal

Die IAA. Und was davon übrig geblieben ist.

Es war einmal eine Branche, die brachte den Menschen Fortbewegung, Fortschritt, Vergnügen. Dazu Arbeit und Einkommen und Auskommen. Mit einem Wort Wohlgefallen. Die Branche stellte Automobile her und alles, was von A bis Z dazu gehört. Armaturenträger, Zylinderkopfdichtungen, das ganze Programm dazwischen.

Die Autoindustrie machte Milliarden Menschen mobil. Und brachte Millionen von ihnen in Lohn und Brot. Auf allen Kontinenten. Der Steuerbeitrag der Unternehmen und ihrer Beschäftigten war gewaltig. Er hielt Städte, Länder, Staaten am Laufen. Wäre die Autobranche pleite, wären die öffentlichen Kassen leer. Das wusste jedes Kind. Stop – weiß jedes Kind. Denn die Geschichte aus der Vergangenheit ist eine Geschichte der Gegenwart. Und hoffentlich auch der Zukunft. Moderne Sozialstaaten sind ohne ihre industriellen Schlüsselindustrien Automobil- und Maschinenbau bis auf weiteres nicht finanzierbar. 

Vor diesem Hintergrund ist es eines der Mysterien unserer Zeit, wie die gewaltige Geld- und Gesellschaftsmaschine Automobilindustrie an den Pranger genagelt wird. Sich an den Pranger nageln lässt.

Wenn es eines letzten Beweises bedurft hätte, die Internationale Automobilausstellung (IAA) in München liefert ihn in diesen Tagen. Die Messe, die sieben Jahrzehnte lang in ihrer Heimat Frankfurt am Main ein Hochamt des freien Westens und des Wirtschaftswunders war, heißt jetzt IAA Mobility.

Mobility – das meint die Zukunft der Mobilität zu Lande, zu Wasser und in der Luft, und das ist auch gut so. Der Fortschritt wächst nicht zuletzt an und mit der gesellschaftspolitischen Diskussion, und es ist eine Selbstverständlichkeit, dass eine Megabranche die langfristigen Rahmenbedingungen für ihre Arbeit diskutiert haben will, definiert haben muss. Es gibt viele Formate und unzählige Anlässe für solche Podien. Die IAA war in der Vergangenheit stets eine Plattform für die Zukunftsdebatte, aber die Foren füllten sich am Rande der Leistungsschau.

In München wird jetzt umgekehrt ein Schuh daraus, fast so, als schäme sich eine großartige Industrie ihrer großartigen Arbeit. In München stehen auch Produktexponate, fast ausschließlich Elektroautos. Das ist auch gut so, denn dem Elektroauto gehört die Zukunft. Schade nur, dass die Aussteller ihr Kerngeschäft Verbrennungsmotoren mittlerweile förmlich verstecken. Schade deshalb, weil die Verbrenner die Elektrozukunft noch sehr lange subventionieren werden.

In München präsentiert der Verband der Automobilindustrie (VDA) eine EAA, eine Elektroauto-Ausstellung. Die IAA gibt es nicht mehr. Das ist verkraftbar, denn das digitale Zeitalter lässt der guten alten Präsenzmesse langsam aber sicher die Luft aus den Reifen.

In München sind jetzt wieder die sogenannten Aktivisten unterwegs. Leute von sogenannten NGOs (Non Governmental Organisations), die ihre Kassen gerne auch aus öffentlichen Fördertöpfen füllen. Geld, das von der Gemeinschaft der Steuerzahler bereitgestellt wird: Einkommensteuer, Gewerbesteuer, Energiesteuer, Mehrwertsteuer. „Lasst euch nicht verIAArschen“, ist in diesen Tagen die konstruktive „Sand im Getriebe“-Botschaft an unzähligen Laternenmasten in München und Umgebung. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Unser Aufmacherbild: Elektromotorrad von Siemens auf der IAA Mobility. Fotos: motorfuture

Hugo von Bitz