Nissan X-Trail e-Power: Praxistest

Erstaunliche Antriebsalternative für Reichweiten-Skeptiker. 14 Tage mit dem Nissan X-Trail e-Power e4orce. Praxistest.

Alles Elektro oder was? Im Prinzip schon. Das Nissan-e-Power-System kombiniert die spezifischen Vorzüge der Antriebsalternativen Verbrennungsmotor und Batterieelektrik. Soll heißen: Durchzugskraft über das gesamte Drehzahlband trifft auf bewährten Energienachschub an der Tankstelle.

SUV der 4,60-Meter-Klasse: Nissan X-Trail e-Power

Das System

Und so funktioniert der Antrieb des Nissan X-Trail e-Power. Unter der Motorhaube arbeiten ein Dreizylinder-Benziner mit knapp 1,5 Liter Hubraum plus Stromgenerator, E-Motor und Wechselrichter. In der Fahrzeugmitte sind der DC-Wandler (Gleichstrom-Wandler) und die  kleine und damit leichte Lithium-Ionen-Traktionsbatterie (2,1 kWh Speicherkapazität) installiert. Geht der SUV mit Allradantrieb (e4orce) an den Starrt, ergänzen an der Hinterachse ein weiterer Wechselrichter sowie der zweite E-Motor das System.

Benziner und Rekuperation treiben den Generator an, die Traktionsbatterie speichert den gelieferten Strom und versorgt die Elektromotoren an den Antriebsachsen. Klingt komplex, funktioniert aber prächtig.

So funktioniert e Power: Benziner plus Generator plus E-Motor plus Wechselrichter. Praktisch: Tankstutzen (unten) ohne umständlichen Drehverschluss

Es summt und brummt  unter der Motorhaube, wenn der Dreizylinder die Traktionsbatterie mit Strom versorgt. Das passiert vor dem Hintergrund der geringen Speicherkapazität häufig. Läuft der Wagen im Schiebebetrieb, also ohne Energiezufuhr, lädt der Generator den Akku mit wiedergewonnener Bewegungsenergie, Ein großartiges Prinzip, das aber wegen der fehlenden Speicherkapazität des Akkus beispielsweise auf längeren Bergab-Passagen schnell an seine Grenzen stößt. Immerhin kommen auch One-Pedal-Driver auf ihre Kosten – ein griffgünstiger Schalter in der Mittelkonsole aktiviert die Funktion. 

Der Nissan X-Trail e-Power mit den zwei Elektroherzen für den Allradantrieb (e4orce) mobilisiert im Zusammenspiel mit dem Verbrenner eine Systemleistung von 157 kW (213 PS). Wichtiger als dieser Papierwert ist aber das wuchtige Drehmoment vom Start weg: 525 Nm machen den knapp zwei Tonnen schweren Wagen in der Praxis zum Kraftpaket. Vollen Leistungseinsatz quittiert das System mit einem kräftigen Knurren unter der Motorhaube, dann läuft der statische Verbrenner mit höherer Drehzahl. 

Tacho rechts, Systeminformationen links: Die Ziffern 0 bis 100 symbolisieren die abgerufene Leistung, das Feld unterhalb der Null informiert über die aktuelle Rekuperation, die Anzeige unten dokumentiert den Ladestand der Traktionsbatterie

Das Auto

Straffes Fahrwerk, geschmeidiger Komfort, tadellose Klimatisierung – top. Der Nissan X-Trail e-Power verkörpert die Ingenieursexpertise und Fertigungsroutine, die Nissan nach 110 Jahren Automobilbau ins Produkt bringt. Raumangebot, Materialauswahl und Verarbeitungsqualität überzeugen.

Der Einstieg ist eher ein Aufstieg und der Bauhöhe des Wagens geschuldet (172 cm). Das ist gewöhnungsbedürftig. Und dass bei höheren Geschwindigkeiten der Wind um die A-Säule zischelt, kann augenzwinkernd als Hinweis darauf gewertet werden, auf der Autobahn die Kirche im Dorf zu lassen. Es ist ein SUV und kein Rennwagen.

Auf Wunsch gibt es den X-Trail auf einer dritten Sitzbank im Heck zwei Extrasitze – ein Fall für die Jüngsten der Großfamilie.

Platz da: Gepäckraumvolumen zwischen 575 Liter und 1.396 Liter, die Rücksitzlehnen sind geteilt klappbar

Assistenten und Infotainment

Der Elektronikshop des Nissan X-Trail e-Power bietet das volle Programm: adaptiver Tempomat mit Abstandsassistent, autonomer Notbremsassistent vorne und hinten, Frontkollisionswarner, Totwinkel-Assistent, Verkehrszeichenerkennung, Spurhalte-Assistent, Stau-Assistent, 360-Grad-Rundumsichtmonitor.

Außerdem: Audiosystem, Bluetooth, Infotainment und Navi mit 12,3-Zoll-Touchscreen, Spracherkennung, Touchscreen. Last not least schlüsselloser Zugang, Abgang, Start und Stopp – der altmodisch geprägte Automobilist fremdelt wie so häufig zunächst einmal, findet dann aber rasch Freude am Sender in der Hosentasche.

 
Zugang, Abgang, Start und Stopp schlüssellos. Getriebe-Wählheben und Fahrmodus-Schalter griffgünstig vorne in der Mittelkonsole
Stärken, Schwächen, Preis

Die große Stärke der e-Power-Idee mündet zugleich in einer unübersehbaren Schwäche. Die Verbindung aus geschmeidigem Elektroantrieb und herkömmlicher Tankstellentauglichkeit ist einerseits ein bestechendes Produktmerkmal. Andererseits gerät der sagenhafte Wirkungsgrad des Elektromotors in die mechanischen Mühlen des Verbrennungsmotors. Der Nissan X-Trail e-Power ist ein sparsames Auto, keine Frage. Im motorfuture-Praxistest genehmigte sich der schwere Wagen im Schnitt 7,3 l/100 km – Kurzstrecke, Bundesstraßen, aber auch schnelle Autobahnetappen. Das sind gute Werte für einen Turbo-Benziner im Zwei-Tonnen-SUV. Aber zur Wahrheit gehört eben auch: Ein vergleichbares Batterieauto kommt mit einem Drittel des Energieeinsatzes ans Ziel.

Der Nissan X-Trail e-Power mit Allradantrieb kostet in Verbindung mit der Testwagen-Vollausstattung 51.490 Euro.
Der Nissan X-Trail e-Power e4orce ist eine Empfehlung für 

   Technik-Afficionados

 Reichweiten-Phobiker

   Skifahrer und Bergbewohner

  Individualisten

 

Fotos: motorfuture

 

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Oskar Weber