Der mit dem Golf tanzte

Idee von heute macht aus Leuten von gestern Fans von morgen. Oder die Erfindung des Opel Manta GSe ElektroMOD.

Die Jugend kennt nur die großen Gefühle, die kleinen sind für spätere Zeiten. Die Jugend verabschiedet sich nicht, sie sagt nicht Lebewohl. Sie ist irgendwann verschwunden, grußlos und ohne Umstände, und wenn sie weg ist, laufen die Uhrzeiger schneller.

Keine Panik, Alter, das Ziehen in den Knochen und das Zerren an den Sehnen sind nur die ersten Botschaften aus der Zukunft.

Und dann sind da ja die Stunden am warmen Ofen der Erinnerung. Die alten Bilder sind verblasste Pastellfarben auf alten Fotografien, und die Geschichten von damals wiederholen sich jetzt, und die Zuhörer sind bereits geduldig. Erinnerungsoptimismus ist die letzte Hoffnung, die stirbt, aber die Ausflüge in die Vergangenheit sind häufig aus dem Märchenbuch. Den Weg zurück gibt es nicht, die Geschichte macht Tempo, und die Städte und die Dörfer sind renoviert.

Manta, Manta

Automobile sind Maschinen, damals waren sie Freunde. Weggefährten im Sinne des Wortes. Botschafter der Freiheit. Was für ein Wort: Freiheit.

Vielleicht ist es diese Idee, die das Projekt Manta GSe ElektroMOD mit Leben füllt. Spannend ist es sowieso. Doch der Reihe nach.

Opel Classic, Opel E

Am Anfang, erzählen sie bei Opel, war das Auto. Ein orangeroter Manta mit schwarzem Vinyldach. Gesichtet von Opel Classic, gesichert bei Opel Classic. Die wilden 70er aus erster Hand, insgesamt ordentlich in Schuss, aber doch ein wenig verlebt. Noch unrestauriert, vielleicht doch nur ein Teileträger.

Gleichzeitig elektrisiert die E‑Offensive die Marke: Mokka-e, Corsa-e und so weiter. Und so kommt eins zum anderen. Den Start markieren die Opel Classic-Leute. Es gibt in der Szene ja den Trend zu RestoMods, zu klassischen Fahrzeugen mit modernen Antrieben. Warum also den alten Manta nicht unter neuen Strom setzen? Mit sattem Drehmoment an der Hinterachse für schnelle Sprints ohne großes Getöse. Der Traum lernt das Laufen. Designer, Modellbauer, Ingenieure, Techniker, Mechaniker, Produktexperten – Opelaner sind Car Guys. „Der GSe ist eine Hommage an den Manta von früher und zugleich ein Brand Statement für die Gegenwart“, sagt Quentin Huber, Leiter Markenstrategie und Social Media bei Opel. Soll heißen: „Opel ist mutig und klar.“

Von oben gibt es grünes Licht. Auch die Opelaner in der Geschäftsleitung haben Benzin und Volt im Blut. 

Das Ergebnis verknüpft die Vergangenheit mit der Zukunft. Der Manta GSe ElektroMOD transportiert in alter Form die neue Technik: LED-Technologie, volldigitales Cockpit, batterie-elektrischen Antrieb. „Die Mischung aus Zeitgeist von damals und heute ist absolut faszinierend“, sagt Opel-Designer Pierre-Olivier Garcia stellvertretend für das Manta GSe-Team.

Technik im Detail

Basis des Projekts ist der bereits erwähnte Manta A. Baujahr 1974, modisches schwarzes Hütchen aus Vinyl, Automatikgetriebe. Das ElektroMod-Team rüstet pro forma auf das nostalgische Viergang-Schaltgetriebe um, modifiziert die Bremsanlage (hinten Scheiben, an der Vorderachse größere Durchmesser) und stimmt das Fahrwerk neu ab: Vorn straff, hinten etwas weicher, damit das Auto immer reichlich Traktion an der angetriebenen Hinterachse hat. Schließlich ist der ElektroMOD ein starkes Stück Manta: 108 kW Synchronmotorleistung und reichlich Drehmoment aus dem Stand. Die 31 kWh-Fahrbatterie sitzt fast über der Hinterachse, im Kofferraum ist Platz für den Italienurlaub.

Der elektrische Manta wiegt nach dem Umbau 1137 Kilogramm – 175 Kilo mehr als das Original, aber deutlich weniger als viele moderne Autos mit Verbrennungsmotor. Bei normaler Fahrweise kommt der GSe auf 200 Kilometer Reichweite, die Höchstgeschwindigkeit ist elektronisch auf 150 km/h begrenzt.

Eine Idee von heute macht aus Leuten von gestern Fans von morgen. Der Manta ist eines der Autos, die damals mit dem jungen Golf tanzten. Gäbe es den GSe ElektroMod in Kleinserie, wäre die Versuchung groß, den freien Platz in der Garage zu vergeben.

Fotos: Opel

Hugo von Bitz