Ein Kunstwerk mit V12-Mittelmotor – auch schon wieder ein gutes halbes Jahrhundert auf der Straße.
Die 70er-Jahre des vorigen Jahrhunderts waren die besten, sagen jene, die dabei waren. Sie haben ihre Gründe. Das Leben in der westlichen Welt war für eine kurze Zeitspanne ganz frei in den 70ern. Man traute sich endlich, was man sich zuvor nie getraut hatte, und die langen Schatten der Verbote waren wie weggewischt. In der Welt des Automobils gab es Revolutionen in Europa – Autos wie den Fiat 127 oder den VW Golf -, und in Amerika blubberten noch die großvolumigen V8 vor sich hin und schoben in Leerlaufdrehzahl absurde Monumente aus Stahlblech über die Highways. Aus heutiger Sicht der schmallippigen Freudlosigkeit satanischer Frevel.
Nicht zuletzt die Farben: Die Designer ließen die Autos grün und gelb und orange lackieren, das waren die Farben der Hoffnung.
Sportwagen waren in diesen Tagen vor allem schnell, häufig zu schnell für die miserablen Straßen. Aber sie waren als Skulpturen auch künstlerischer Ausdruck ihrer Zeit der Experimente.
Der Lamborghini Countach ist eine solche Skulptur, ein bizarres Ufo, das sogar fahren konnte. Die ambitionierte Supersportwagen-Hobbywerkstatt des Landmaschinen-Fabrikanten Ferruccio Lamborghini ließ das Tier 1971 auf dem Genfer Automobilsalon auf das Publikum los. Das ist jetzt ein halbes Jahrhundert her.
Countach (sprich Kuntatsch) ist in der Sprache des Piemont übrigens ein Ausdruck der Überraschung und Bewunderung, vielleicht vergleichbar mit dem neuzeitlichen globalen „Wow!“, aber selbstverständlich eleganter.
Die Leute applaudierten begeistert. Das Bekenntnis zum Automobil war damals durchaus en vogue. Man fragte nicht, ob der Countach schön sei oder vernünftig oder vielleicht einfach nur verrückt, sondern man freute sich über den Mut und die Verwegenheit der Lamborghini-Leute, weil sie der Welt dieses motorisierte Kunstwerk schenkten – gerade so, wie es ihnen in den Sinn gekommen war.
Es sollte noch drei weitere Jahre dauern, bis der Countach in Serie ging oder jedenfalls das, was man damals bei Lamborghini so Serie nannte. Bis 1990 wurden rund 2000 Exemplare gebaut. Das Datenblatt nennt vor allem diese Zutaten: zwei Sitze, Flügeltüren, längs vor der Hinterachse platzierter V12-Mittelmotor, 4,0 bis 5,2 Liter Hubraum, 375 bis 455 PS Leistung. Das war vor 35, 40, 50 Jahren viel Holz, sehr viel Holz.
Ehre, wem Ehre gebührt: Die Namen der technischen Väter des Countach sind Paolo Stanzani (Technik), Giulio Alfieri (Weiterentwicklung), Marcello Gandini (Design) und Bob Wallace (Testfahrer).
Fotos: Lamborghini
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