Wer zu früh kommt, den bestraft das Leben. Normalerweise ist das so in der Geschichte der Menschheit. Und es betrifft nicht nur den politischen und kulturellen Wandel, sondern auch die Warenwelt der Konsumgesellschaft. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Der Smart ist so eine Ausnahme. Alleine hätte es der Kleine freilich nicht geschafft. Die Idee, ein 2,50-Meter-Auto für den wendigen Einsatz in der Großstadt zu bauen, war ihrer Zeit zu weit voraus. Die Autotester zählten noch die Zylinder und die Pferdchen unter der Motorhaube, als sich der Zweisitzer vor 20 Jahren unter die Leute wagte. Die Konkurrenz spottete über den „Elefantenrollschuh“ (Ferdinand Piech), und das Publikum war irritiert: Das soll ein Auto sein, zudem eines von Mercedes?
Der Stern blieb dem Zwerg zwar von Anfang an verwehrt. Aber die Macht und das Geld der feudalen Daimler-Familie päppelte den anfangs doch arg kränkelnden Winzling so lange, bis das Baby auf eigenen Füßen stehen konnte. Betriebswirtschaftlich war das Smart-Projekt also nur durch beharrliche Querfinanzierung möglich. Strategisch zahlt es sich längst aus: Der Smart senkt nicht nur den Flottenverbrauch der Daimler-Modellpalette, er ist von seiner kompletten Konzeption her geradezu prädestiniert für den Elektroantrieb.
Das hat folgerichtige Konsequenzen: Von 2020 an wird der Smart ausschließlich mit elektrischem Strom fahren. Vor 20 Jahren wagten es die Visionäre der Marke immerhin hinter vorgehaltener Hand, von solchen Ideen zu reden. Dass sie damals vor allem höhnisches Gelächter ernteten, wundert niemanden, der das Trägheitsmoment und die Arroganz der Autobranche kennt.
Übrigens: Gut zwei Millionen Smart wurden seit 1998 produziert und verkauft. Zum Vergleich: Die Daimler-Marke Mercedes-Benz verkaufte 2017 knapp 2,3 Millionen Personenwagen.
20 Jahre Smart im Zeitraffer
1994: Joint Venture mit Swatch
Nicolas G. Hayek, der Erfinder der Swatch Uhr, will ein kleines Stadtauto auf den Markt bringen. Für die schnelle und erfolgreiche Umsetzung geht Hayek auf die Suche nach einem erfahrenen Partner. In der Kombination aus hundertjähriger Erfahrung im Automobilbau bei Mercedes-Benz und der kreativen Kraft von Swatch scheinen sich zwei ideale Partner für ein Projekt gefunden zu haben. Die Zusammenarbeit führt zu einem einzigartigen Fahrzeugkonzept und zu einer neuen Automobilmarke: Smart.
Aus den ersten Verhandlungen zwischen Mercedes-Benz und Nicolas Hayek entsteht nach kurzer Zeit die Micro Compact Car AG mit Sitz im schweizerischen Biel. Auf der Suche nach einem Produktionsstandort stehen über 70 Standorte weltweit zur Wahl. 1994 erhält der Standort Hambach in Frankreich den Zuschlag.
1997: Weltpremiere auf der IAA in Frankfurt
Nach dem Start der Entwicklung 1994 feiert das Smart City Coupé (später in Smart fortwo umbenannt) 1997 seine Weltpremiere auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt (IAA). Die Produktion beginnt im Juli 1998 in dem neuen Werk im französischen Hambach. Der Verkauf startet im folgenden Oktober in neun europäischen Ländern (Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Schweiz und Spanien). Smart wird eine 100‑prozentige Tochtergesellschaft der Daimler-Benz AG (heute Daimler AG).
1998: Markteinführung
Am 2. Juli 1998 läuft der erste Smart fortwo vom Fließband in Hambach. Am 3. Oktober 1998 startet die Markteinführung.
1999: Smart Diesel
Smart präsentiert auf der IAA Ende 1999 den cdi-Diesel mit einem Verbrauch von 3,4 Litern auf 100 Kilometer. Bis zur Einführung des neuen Modells 2007 werden über 140.000 Smart cdi verkauft.
2003: Modellpflege
Neuer, größerer Dreizylindermotor mit 37 kW/50 PS und 45 kW/61 PS aus 698 cm³. Dieselmotor mit 30 kW/41 PS. 2003 ändern sich auch das Smart-Logo und die Nomenklatur: Aus dem City Coupé und Cabrio werden fortwo Coupé und Cabrio.
2007: zweite Generation
Eine bessere Fahrwerksabstimmung, der längere Radstand sowie die etwas größere Karosserie geben der zweiten Smart-Generation einen Hauch von Verbindlichkeit mit auf den Weg. Zur Markteinführung im April 2007 geht der Smart fortwo zudem mit neu entwickelten und leistungsstärkeren Benzinmotoren an den Start: Der Dreizylinder mit einem Liter Hubraum leistet wahlweise 45 kW/61 PS, 52 kW/71 PS oder 62 kW/84 PS. Die Leistung der Dieselvariante liegt bei 33 kW/45 PS.
2008/2009: USA und China
Im Januar 2008 startet der smart auch in den USA, 2009 in China. Das Reich der Mitte entwickelt sich schnell zu einem der größten Märkte für die Marke.
2012: Smart fortwo electric drive
Seit Frühjahr 2012 fährt der elektro-Smart mit einer Batterie der Deutschen Accumotive.
2014: dritte Generation
Nicht alle Fans begrüßen die dritte Smart-Generation im Frühjahr 2014. Der Zweisitzer wächst in der Breite um zehn Zentimeter, das erschwert das in den meisten Städten tolerierte Querparken.
Das markentypische Heckmotorkonzept wird jetzt auch im viersitzigen Smart forfour angeboten, der in Kooperation mit Renault entsteht. Der Charme des Viersitzers erschließt sich allerdings nur Kaufleuten, denen Skaleneffekte im Produktionsprozess wichtiger sind als Originalität. Mit einer Länge von 3,50 Meter ist der forfour genau genommen ein ganz gewöhnlicher Kleinwagen.
Für den Antrieb der dritten Generation wandern Dreizylinder-Motoren mit 45 kW/60 PS, 52 kW/71 PS und 66 kW/90 PS, ins Heck, das vormals obligatorische Automatikgetriebe weicht einem Fünfgang-Schaltgetriebe.
Im Heck des Smart electric drive arbeitet ein 60 kW/81 PS starker Elektromotor mit 1-Stufen-Automatik.
Fotos: Daimler
In Planung: Smart wird rein elektrisch
Smart plant derzeit den kompletten Umstieg auf Elektroantrieb. Nach den Testmärkten USA und Kanada (seit 2017) soll es es die Autos der Marke von 2020 an auch in Europa ausschließlich mit batterieelektrischem Antrieb geben. Die Elektrifizierung der restlichen Weltmärkte soll zeitnah folgen.
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