Zukunft von gestern: Renault 4

Die großen Denker und Lenker der Automobilgeschichte haben dem Zeitgeist stets Paroli geboten. Mut weist den Weg in die Zukunft. Und neue Ideen müssen gar nicht so neu sein, wenn sie nur neu gedacht werden.

Der Renault 4 wurde in eine Zeit geworfen, als Kleinwagenkonstrukteure noch an die Macht des Hecks glaubten. Antriebsräder hinten, Motor hinten – das sparte viele Teile, brachte aber auch manche Nachteile. Die kleinen Hecktriebler waren Heckschleudern, weil sie vorne zu leicht und hinten zu schwer waren. Das machte sie in Verbindung mit kurzen Radständen, schlechten Reifen und lausigen Straßen zu gefährlichen Übersteuerern, die auch von guten Fahrern nur mit Vorsicht zu genießen waren. Hinzu kam das vergleichsweise profane Dilemma der Gepäckbeförderung. Sitzt der Motor im Heck, bleiben für den Kofferraum und den Tank nur die Front. Und weil sich beim Automobil vorne außerdem die vergleichsweise aufwendige Lenkachse breit macht, ist der Platz fürs Gepäck nur eine kümmerliche Resterampe. Dumm gelaufen.

Kleinwagenbauer mussten das Prinzip also umdrehen, wollten sie aus der Not (Diktat der Kaufleute: sparen, sparen, sparen!) eine Tugend machen (fahrsicheres, geräumiges Fahrzeug): Motor vorn, Antriebsräder vorn.

2CV de Luxe

Citroën hatte die technische Umsetzung des Frontantriebs im kleinen Wagen schon vorgemacht, aber der 2CV war als Regenschirm auf vier Rädern so spartanisch ausgefallen, dass auch minimale Mehrwerte nach großer weiter Luxuswelt rochen. Die Renault-Chefs spendierten ihrem R4 vor 60 Jahren ein festes Blechdach und vier Zylinder, fertig war der 2CV de Luxe.

Wie schon zuvor der 2CV war auch der R4 ästhetisch seiner Zeit weit voraus. Aber die Form folgte auch hier der Funktion, und das Publikum folgte bald der Idee. Der Renault 4 revolutionierte 1961 auf der IAA in Frankfurt den Automarkt als „Bluejeans auf Rädern“, ein Bonmot, das die Renault-Marketingleute ihrem Präsidenten Pierre Dreyfus in den Mund gelegt hatten. Anspruch und Wirklichkeit unterstrichen die simple Formel mit sensationellem Alltagsnutzen: vier Türen, variabler Innenraum, Heckklappe, viel Platz fürs Gepäck, kompakte Maße (3,66 cm kurz, 149 cm schmal, 155 cm hoch). 

Der Frontantrieb gab dem R4 die sichere Fahreigenschaften, die überschaubaren Leistungsdaten (750 bis 1100 ccm Hubraum, 24 bis 34 PS) garantierten in Kombination mit dem geringen Gewicht günstige Verbrauchswerte.

Keine Frage, der Renault 4 ist ein Highlight der Automobilgeschichte. Viele Autofahrer-Generationen wurden im R4 zunächst auf der Rückbank und später hinter dem Steuer groß. Renault baute in gut 30 Jahren (1961 bis 1992) rund 8,1 Millionen Exemplare seines Bestsellers.

Fotos: Renault

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Hugo von Bitz