Alles im Bus

Es gibt schöne Autos, es gibt schnelle Autos, es gibt praktische Autos. Und es gibt den Bus. Den VW Bus. Das vermutlich beste Auto, das man für Geld kaufen kann.

Der VW Bus ist jedenfalls das beste Auto, das ich je besessen habe. Das ist kein Lob, sondern ein Sonderlob, denn die Liste ist lang. Limousinen, Kombis, Sportwagen, Cabrios. Alfa Romeo, Audi, BMW, Fiat, Ford, Jaguar, Mercedes, Smart; und ja, ein VW war auch schon dabei.

Mit dem war ich nicht so zufrieden. Es war ein Golf Cabrio, und der Wagen war nicht ganz dicht. Vorne an der A-Säule regnete es rein, und der Fahrersitz war ständig nass. Das ist an und für sich kein Problem, aber man hat in einem neuen Auto natürlich keine Lust, sich ständig auf ein vierfach gefaltetes Handtuch zu setzen. Sitzheizung gab es damals noch nicht, was genau genommen besser war, denn so konnten keine Heizdrähte rosten. Die Werkstatt gab alles, aber das war zu wenig. Als uns ein kleiner Sohn geboren wurde, tauschte ich das weiße Golf Cabrio gegen einen blauen Ford Sierra Turnier. Wegen des Kinderwagens. Der Kofferraum im Golf Cabrio war nicht größer als ein Backofen. Meine Freunde fassten sich an den Kopf, aber ich ertrug den Spott. Ich hatte jetzt einen Sohn, einen Kinderwagen für den Kinderwagen und einen trockenen Fahrersitz. Und als der kleine Sohn ein noch kleineres Schwesterchen bekam, war der Ford fortan der beste Freund der Familie. Man überlegte nie, was gerade noch so ins Auto passen könnte – man sorgte sich nur, wieder die Hälfte vergessen zu haben.

Schon damals habe ich übrigens an einen VW Bus gedacht, aber es war aussichtslos. Zu teuer.

Was uns zurück zum Thema bringt. Der Bus ist das beste Auto, das ich je besessen habe. Es ist ein T6. T steht bei Volkswagen für Transporter, die Ziffer für die Baureihe. Der T6 ist der aktuelle VW Bus. VW Nutzfahrzeuge hat im vergangenen Jahr knapp 210.000 Stück davon gebaut, die allermeisten im Transporterwerk Hannover.

Unser T6 ist ein California, also die Variante mit dem eingebauten Oberstübchen. Wenn man das Dach hoch klappt, hat man eine kleine Zweizimmerwohnung auf Rädern. Oben unter der Dachschräge das Schlafzimmer, unten einen Wohn-, Ess-, Büro-, Lagerbereich. Einen Garten gibt es auch, meist sogar einen ziemlich großen. Man kann den Zweizimmer-Bus auf einem Berg parken und ins Tal gucken, oder man kann ihn an den Strand stellen und dem Wellenrauschen lauschen. Und wer mit meist mehrtägigen Events wie dem Motorsport zu tun hat, hat mit dem California einen vielseitigen Begleiter am Start: Arbeitsgerät, Hotelzimmer, Reisewagen. Ein langes Wochenende in Le Mans oder ein kurzes bei der Formel E in Berlin – man kann sich spontan auf den Weg machen und vor Ort ist man mitten drin.

Das ist sehr praktisch. Und es macht gesellig.

Ursprünglich hatten wir den VW Bus als klassischen Redaktionsmuli eingeplant. Mal ein Fahrrad transportieren oder zwei, mal ein Mopped, mal schweres Material von der Druckerei zum Kunden schaffen – Alltagsjobs für ein typisches Transporterleben. Der weintraubengelbe California schaffte es auf unseren Hof, weil der Händler einen guten Preis machte – der Cali hatte auf dem Caravan-Salon in Düsseldorf Dienst getan, und es gibt Leute, die mögen es nicht, wenn vor ihnen schon das halbe Rheinland durchs Auto gewandert ist. Auch die Farbe stört uns nicht. Grape yellow. Das passt doch sehr gut zu einem VW Bus. Und man kommt mit den Leuten ins Gespräch: „Was ist das denn für eine Farbe?“ Die meisten Farbenforscher klingen freundlich.

Jetzt haben wir noch ein Hotelzimmer dazu bekommen. Man nutzt es nicht oft, aber es ist da.

Natürlich fährt der VW Bus auch. Unserer hat das Temperament einer Wanderdüne. Es ist ein Diesel mit 102 PS und Tempomat. Man kommt mit siebeneinhalb Litern 100 Kilometer weit, wenn man auf der Autobahn den Regler bei 120 km/h drückt. Ich ertappe mich immer öfter dabei, dass mir auch 110 km/h genügen. Der Diesel murmelt vor sich hin, und man sitzt hoch genug, um die Hektik eine Etage tiefer mit komfortablem Abstand zu betrachten. Die Sicht ist ausgezeichnet. Es gibt viele Sehenswürdigkeiten entlang der Autobahn. Gehöfte, Gebäude, Kirchtürme. Sogar Landschaften.

Plötzlich ist der Weg wieder das Ziel. Es ist egal, ob man von Stuttgart nach Berlin eine Stunde mehr oder weniger braucht. Der VW Bus macht Mut zur Pause. Überall. Die Terrassenmöbel sind mit an Bord: Klapptisch in der Seitentür, Campingstühle in der Heckklappe.

Alles im Bus.

Gut, dass wir den Gelben getroffen haben. Schade, dass man nicht schon früher drauf gekommen ist. 

Hugo von Bitz