Ein ziemlich spannendes Thema

Hochvolttechnik und Crashsicherheit ist ein im Wortsinne spannender Zielkonflikt bei der Entwicklung eines Elektroautos. Zentrale Konstruktionsmerkmale am Beispiel des Mercedes EQS.

Ein wichtiger Aspekt in Sachen Sicherheit bei E-Fahrzeugen ist der Schutz und die Crashsicherheit der Hochvoltbatterien. Einerseits dürfen die im kompletten Fahrzeugboden untergebrachten Akkus keinen Schaden nehmen. Andererseits muss das Hochvolt-System – HV-Komponenten sind außer der Batterie alle Komponenten mit einer Spannungslage von mehr als 60 Volt – bei einem schweren Unfall sekundenschnell abgeschaltet werden.

Da im Vorderwagen ein großer Motorblock zum Auffangen eines Teils der Aufprallenergie fehlt, müssen hier andere Strukturen geschaffen werden. Am Beispiel des Mercedes EQS wird deutlich, dass Längs- und Querträger entsprechend verändert beziehungsweise ergänzt wurden.

Schutz beim Seitencrash

Ein zentraler Punkt im Lastenheft ist aber nicht zuletzt der Schutz bei einem Seitencrash und dabei vor allem der mögliche Aufprall gegen einen Baum, einen Laternenmast oder eine Hausecke. Dann nämlich konzentriert sich die Crashenergie auf einen relativ kleinen Bereich. Um den Akku auch bei diesem Szenario zu schützen, wurden beim großen Elektro-Mercedes die Seitenschweller verstärkt. Das Batteriegehäuse ist zudem so konzipiert, dass Verformungen ausgeschlossen werden können, versprechen die Mercedes-Karosseriespezialisten. Und auch die Zellen im Akku seien so angesiedelt, dass sie selbst massive äußere Krafteinwirkungen auf das Auto unbeschadet überstünden.

Pyrotechnischen Batterie-Trennsystem

Dass die stromführenden Komponenten bei E-Autos nach einem Unfall eine Gefahrenquelle bedeuten können, ist nachvollziehbar. Zur Vermeidung von Stromschlägen und hochenergetischen Kurzschlüssen hat Mercedes ein mehrstufiges Hochvolt-Sicherheitskonzept entwickelt. Erkennen die Sensoren im Fahrzeug einen gefährlichen Aufprall, schaltet das pyrotechnischen Batterie-Trennsystem Pyrofuse das HV-System innerhalb von fünf Sekunden automatisch ab.

Weiteres wichtiges Konstruktionsmerkmal: Alle HV-Elemente sind so weit wie möglich in geschützten Fahrzeugbereichen positioniert.

Kleiner gelber Kasten

Einen besonderen Schutz gibt es für Fahrer und Beifahrer bei einem möglichen Seitencrash. Zwischen den beiden Vordersitzen ist unsichtbar für die Insassen das Airbag-Steuergerät platziert. In dem kleinen gelben Kasten ist jede Menge Technologie untergebracht, die zum Beispiel registriert, wenn die seitliche Radarüberwachung des Autos einen möglichen Seitencrash erkennt. Im Fall des Falles wird ein in die Sitzwange eingelassener Luftschlauch aufgeblasen, der die Person auf dem entsprechenden Vordersitz ein paar Zentimeter in Richtung Innenraum drückt. Der im Sitz nicht zu erkennende Luftschlauch lässt sich anders als ein herkömmlicher Airbag mehrfach nutzen. Kommt es also nicht zu dem befürchteten Seitencrash, muss lediglich die Auslöserpatrone ausgewechselt werden. 

Illustrationen: Mercedes-Benz

 

 

Wolfgang Schaeffer