Saison neun, Generation 3: mehr Leistung, weniger Gewicht

Formel E startet in Mexiko-Stadt in die neunte Saison. Neue Boliden, neue Teams, neue Fahrer, neues Reglement.

Die Formel E startet an diesem Wochenende in Mexiko Stadt in ihre neunte Saison. Die vollelektrische Rennserie wächst damit langsam aber sicher aus den Kinderschuhen. Der neue Formel-E-Bolide verkörpert bereits die dritte Fahrzeuggeneration, seit die Serie am 13. September 2014 ihr allererstes Rennen in Peking startete. Seitdem hat sich in der Rennserie viel getan.

Gen3: mehr Leistung, weniger Gewicht

Mussten die Fahrer die Autos der ersten Generation nach der halbe Renndistanz wechseln, geht mit dem Boliden der dritten Generation (Gen3) das leistungsstärkste Fahrzeug an den Start: 350 kW (476 PS), 322 km/h, 840 kg. Die höheren Leistungswerte gehen einher mit einem kürzeren Radstand, einer schmaleren Spur und einem reduzierten Gesamtgewicht. Das wirkt sich auf die Gesamt-Performance und Agilität der Fahrzeuge im Rennbetrieb aus. „Der Gen3-Bolide ist ein enormer Schritt vorwärts, was die Leistung angeht und er ist leichter. Das sind die beiden Dinge, auf die man sich als Fahrer immer freut – mehr Leistung und weniger Gewicht.“, sagt Porsche-Pilot António Félix da Costa.“ 

Schlüsselfaktor Software

Erneut dienen viele Gleichteile der Kostenreduktion. Spark Racing Technology baut das Einheits-Chassis, Williams Advanced Engineering liefert die Batterie, Hankook ist ab dieser Saison der neue Reifenlieferant der Formel E. Die Teams entwickeln den Antriebsstrang und die Software, die ein, wenn nicht sogar der Schlüssel zum Erfolg ist. „Eine der größten Herausforderungen ist es, so gut vorbereitet am Rennwochenende anzukommen, dass das Setup bereits beim ersten Training passt und wenig angepasst werden muss“, sagt Nissan-Formel-E-Team-Direktor Dorian Boisdron. Zwischen den einzelnen Sessions (Training, Qualifying und Rennen) liegt nur wenig Zeit für die auf 30 Personen limitierten Rennteams. Parallel zu den Teams an der Strecke arbeitet bei Nissan deshalb ein Team in Le Mans, das die Daten von der Rennstrecke auswertet und das Setting mithilfe des Simulators optimiert. Die so ermittelten Daten können dann an der Strecke in die Software der Boliden eingespielt werden. „Einen akkuraten Simulator zu entwickeln ist deshalb einer der Schlüsselpunkte“, sagt Boisdron.

Die Macher der Formel E haben ein Rennformat entwickelt, bei dem Training, Qualifying und Rennen an einem Tag stattfindet. Die Komprimierung ermöglicht die Organisation der Läufe auf engen, temporären Stadtkursen, die die Rennen zu den Zuschauern bringen und die Technik auf den Straßen unter Beweis stellen, auf denen sonst (im besten Fall) Elektroautos unterwegs sind. 

16 Rennen, vier neue Städte, fünf Doubleheader

16 Rennen in elf Großstädten stehen im aktuellen Saisonkalender. Erneut gibt es vier neue Austragungsorte: Hyderabad (Indien), Kapstadt (Südafrika), Sao Paulo (Brasilien) und Portland (USA). Schon traditionell starten die 22 Piloten auch in der kommenden Saison in Berlin (22. und 23. April 2023) – die deutsche Hauptstadt ist und bleibt damit die einzige Stadt, in der seit Saison eins in jeder Saison ein Rennen stattfindet.

Fünf Doubleheader stehen im Formel-E-Kalender, in Diriyah, Berlin, Jakarta, Rom und London finden jeweils zwei Rennen statt. „Für die Teams sind Doubleheader sehr anstrengend – zum Glück gibt es in der Formel E eine Sperrstunde“, sagt Boisdron.

McLaren, Maserati, Abt

Elf Teams gehen auch in dieser Saison an den Start. Mit NEOM McLaren (mit Nissan Antriebsstrang) und Maserati MSG Racing fahren zwei neue Teams mit großem Namen um die Formel-E-Weltmeisterschaft und mit Abt kehrt ein bekanntes Team zurück in den vollelektrischen Formelrennsport – Abt startet als Privatteam zusammen mit der Seat-Marke Cupra und einem Mahindra-Antriebsstrang. „Trotz aller Erfolge in der Vergangenheit kommen wir jetzt in der neuen Rolle des Underdogs und Herausforderers zurück in die Serie“, sagt Abt-Sportsline-Chef Thomas Biermeier. „Doch auch wenn wir Respekt vor der starken Konkurrenz haben, freuen wir uns jetzt alle, dass es endlich auf die Rennstrecke geht. Und wer Abt kennt, der weiß, wozu wir mit unserer kleinen, aber eingeschworenen Mannschaft in der Lage sein können.“

Nissan: neuer Name, neue Fahrer, Kirschblüten

Und auch bei den anderen acht Teams hat sich das ein oder andere verändert. Avalanche Andretti startet mit einem Porsche-Antriebsstrang, DS und Penske bilden ein Team, und Nissan startet erstmals als eigenständiges Team in die neue Saison und besinnt sich auf das 85-jährige Erbe seiner Motorsportgeschichte. „Nissan geht all-in und betreibt die Formel-E nicht nur als Marketingkanal, sondern als Technologietransfer: Von der Rennstrecke auf die Straße und von der Straße auf die Strecke“, sagt Nissan-Formel-E-Chef Tommaso Volpe. Nach zwei schwierigen Jahren setzt das Team, das seinen Sitz in Le Mans (Frankreich) hat, auf einen blumigen Neustart. Neuer Name, neue Fahrer und neues Auto mit neuem Design. Den Nissan e-4ORCE 04 (unser Aufmacherbild) schmücken rosa Kirschblüten – als Hommage an das Heimatland Japan, aber vielleicht auch als Symbol des optimistischen Neuanfangs. „Es ist ein Start in eine neue Ära“, sagt Volpe. „Wir wollten für diese Saison etwas völlig Neues und Einzigartiges schaffen, um einen so wichtigen Moment für uns in der Formel E zu markieren und auch um unsere japanische DNA zu feiern.“

Mit Norman Nato und Sacha Fenestraz sitzen ein Formel-E-Sieger und ein Rookie im Nissan-Cockpit. „In der Formel E arbeiten die Fahrer eng zusammen, teilen am Rennwochenende alle Informationen“, sagt Nissan-Pilot Norman Nato. „Das Niveau der Fahrer ist sehr hoch“, sagt sein Teamkollege Sacha Fenestraz. Mit Jake Huge schickt nur McLaren einen weiteren Rookie an den Start. Aber das Fahrerkarussell hat sich im gesamten Feld gedreht, einzig Jaguar startet mit seinem bekannten Fahrerduo Mitch Evans und Sam Bird in die neunte Saison.

„Am Ende ist es ein Energierennen“

Die Formel E ist für die Fahrer eine der anspruchsvollsten Rennserien. Mindestens 40 Prozent der benötigten Energie müssen während der Rennen durch Rekuperation gewonnen werden, um die Renndistanz zurücklegen zu können. „Am Ende ist es ein Energierennen“, sagt Volpe. Telemetriedaten gibt es nicht, alle Systeme sind an Bord. Die Fahrer und Renningenieure agieren via Funk, die Kommunikation erfolgt über Codewörter, weil der Funkverkehr für alle Teams und auch die TV-Übertragungen offen ist.

Trotzdem kämpft die vollelektrische Rennserie noch gegen Vorbehalte bei eingefleischten Petrolheads.

Um junge, talentierte Fahrer anzulocken gibt es in dieser Saison eine weitere Reglementänderung. Bei ausgewählten Rennen absolvieren Rookies das erste freie Training anstelle der Stammfahrer. Der Druck auf die jungen Fahrer ist hoch, weder die engen Stadtkurse, noch der enge Zeitplan verzeihen Fehler am Renntag. Außerdem dienen die ersten gefahrenen Meter den Teams als wichtige Anhaltspunkte, um das Softwaresetting zu optimieren.

Neu in Saison neun ist außerdem, dass die 22 Fahrer im Rennen eine bestimmt Rundenanzahl absolvieren müssen und nicht, wie in den vergangenen Saisons, 45 Minuten plus eine Rennrunde. Die vollelektrische Rennserie entwickelt sich stetig weiter. Das erste Saisonrennen im Autódromo Hermanos Rodriguez in Mexiko-Stadt wird am Samstag ab 20:30 Uhr auf ProSieben übertragen. 

 

Saisonkalender 

14. Januar Rennen 1 Mexiko-Stadt (Mexiko)
27./28. Januar Rennen 2/3 Diriyah (Saudi-Arabien)
11. Februar Rennen 4 Hyderabad (Indien)
25. Februar Rennen 5 Kapstadt (Südafrika)
25. März Rennen 6 Sao Paulo (Brasilien)
22./23. April Rennen 7/8 Berlin (Deutschland)
6. Mai Rennen 9 Monaco (Monaco)
3./4. Juni Rennen 10/11 Jakarta (Indonesien)
24. Juni Rennen 12 Portland (USA)
15./16. Juli Rennen 13/14 Rom (Italien)
29./30. Juli Rennen 15/16 London (Großbritannien)

 

Teams und Fahrer

Abt Cupra Formula E Team Robin Frijns (Niederlande) Nico Müller (Schweiz)
Avalanche Andretti Formula E Jake Dennis (Großbritannien) André Lotterer (Deutschland)
DS Penske Stoffel Vandoorne (Belgien) Jean-Éric Vergne (Frankreich)
Envision Racing Sebastien Buemi (Schweiz) Nick Cassidy (Neuseeland)
Jaguar TCS Racing Sam Bird (Großbritannien) Mitch Evans (Neuseeland)
Mahindra Racing Lucas di Grassi (Brasilien) Oliver Rowland (Großbritannien)
Maserati MSG Racing Maximilian Günther (Deutschland) Edoardo Mortara (Schweiz)
NEOM McLaren Formula E Team Jake Hughes (Großbritannien) René Rast (Deutschland)
NIO 333 Racing Sergio Sette Camara (Brasilien) Dan Ticktum (Großbritannien)
Nissan Formula E Team Sacha Fenestraz (Frankreich) Nato (Frankreich)
TAG Heuer Porsche Formula E Team António Félix da Costa (Portugal) Pascal Wehrlein (Deutschland)

Franziska Weber