KI auf dem Weg nach Hollywood

Werbespot für den Lexus ES: Regie Kevin Macdonald, Drehbuch Computer.

Es gibt nichts, was es nicht gibt. Und es geht immer weiter. Lexus, die Premiummarke von Toyota, hat jetzt einen Werbefilm veröffentlicht, der vollständig von künstlicher Intelligenz (KI) geschrieben wurde. Regie führte Kevin Macdonald, zu dessen Erfolgen Filme wie „Der letzte König von Schottland – In den Fängen der Macht“ (Originaltitel: „The Last King of Scotland“), die Whitney-Houston-Biographie „Whitney“ und die Oscar-prämierte Dokumentation „Ein Tag im September“ („One Day in September“) zählen.

Die weltweit erste Zusammenarbeit zwischen künstlicher Intelligenz und einem renommierten Regisseur soll ausloten, ob und wie das Zusammenspiel von Mensch und Maschine im Kreativebereich funktionieren kann. Das Ergebnis heißt „Driven by Intuition“ und ist ein Kurzdrama: Der einminütige Film erzählt die Geschichte eines Takumi Meisters von Lexus, der seine akribische Arbeit vollendet und den neuen Lexus ES in die Welt entlässt, wo er allerdings von Zerstörung bedroht ist. Doch im letzten Moment schreitet der automatische Notbremsassistent ein und demonstriert den Wert und die Wirksamkeit der intuitiven Fahrzeugtechnologie.

Der kreative Ansatz des Projekts soll nach Unternehmensangaben die Qualitäten des neuen Lexus ES widerspiegeln – einem Auto, dessen Rechnerleistungen permanent auf die Absichten des Fahrers und die sich ändernden Straßen- und Verkehrsbedingungen reagieren.

Roboter versteht Roboter

Die Lexus-Kreativagentur The&Partnership London hat in Zusammenarbeit mit dem technischen Partner Visual Voice einen KI-Drehbuchschreiber entwickelt. Dabei wurden IBM Watson Supercomputer-Werkzeuge und -Anwendungen genutzt. Anschließend wurde das Skript Macdonald vorgestellt, der vom Konzept fasziniert war, aber auch erkannte, dass ein anderer Ansatz als bei konventionellen Filmen nötig war. „Mich überzeugte auf Anhieb das melodramatische Potenzial der Geschichte“, erklärt Madconald. „Die Tatsache, dass künstliche Intelligenz einer weiteren Maschine Empfindungen verleiht, sie in eine Art Kampfsituation bringt und sie dann in den Sonnenuntergang entkommen lässt, ist eine starke emotionale Reaktion eines Roboters. Die charmant vereinfachende Art und Weise, wie KI die Geschichte geschrieben hat, fasziniert auf emotionale Weise und ist auch unerwartet genug, um dem Film eine eindeutig nicht-menschliche Note zu geben.“

Die Maschine denkt, der Mensch lenkt

Und so funktioniert es: Um die ursprüngliche Geschichte zu produzieren, wurde die künstliche Intelligenz mit preisgekrönten Automobil- und Luxuswerbungen „gefüttert“, die mehrere prestigeträchtige Cannes Lions International Awards für Kreativität gewonnen hatten. Zusätzlich wurden Daten zur emotionalen Intelligenz durch den Videomarktplatz Unruly eingespeist, um zu verstehen, was die Zuschauer am meisten anspricht und wie Aktionen, Objekte, Orte und Emotionalität in verschiedenen Kombinationen und Sequenzen verwendet werden, um die gewünschten Botschaften zu vermitteln.

Kunst am Set

Aufgrund der vielen Informationen zu früheren Werbespots war es den menschlichen Machern jedoch wichtig, dass der Film nicht zu vertraut oder alltäglich wirkte. Deshalb wurden zusätzliche Daten über die Marke Lexus und das Projekt ergänzt, um das Skript möglichst originell und markengetreu zu halten. „Es war ein ebenso anspruchsvolles wie faszinierendes Projekt. Anfangs war es fast unmöglich zu wissen, welche Qualität und Verständlichkeit die KI produzieren würde“, erklärt Alex Newland, Mitbegründer von Visual Voice. „Umso befriedigender und aufregender ist es, nun den fertigen Film als Ergebnis einer echten, eigenständigen kreativen Leistung zu sehen.“

Um sich eng am „intuitiven“ Charakter der Geschichte zu orientieren, wurde die KI durch MindX, der Abteilung für angewandte Wissenschaften der University of New South Wales in Australien, weiter verbessert. Dabei wurde untersucht, wie Menschen mit einem hohen Maß an Intuition auf Autowerbung reagieren.

Das Ergebnis ist ein Drehbuch mit unerwarteten Details: Die KI verleiht dem Auto eine überraschende emotionale Tiefe, während das menschliche Verhalten mit einem gesunden Zynismus betrachtet wird – wie beispielsweise die Gewohnheit, Katastrophen auf dem Bildschirm zu betrachten.

„Ich dachte, ich schreibe einen Werbefilm mithilfe von KI. Stattdessen übernahm der Rechner die Führung und schrieb das gesamte Drehbuch“, sagt Dave Bedwood, Creative Partner bei The&Partnership.

Das entstandene Skript besteht aus zwei Teilen: Während die Sequenz aus Objekten, Handlungen, Menschen und Orten die Basis für ein Drehbuch bilden, werden in einem gesonderten Bereich die zugrunde liegenden Erkenntnisse der KI aufgeführt, etwa die Vorliebe für einen begrenzten Redeanteil. Dieses „Erfolgskriterien“-Dokument liefert Einblicke dazu, was die KI mit dem Einfügen und Weglassen bestimmter Elemente erreichen wollte und was schließlich zu diesem Werbefilm geführt hat.

Na, neugierig geworden? Das Ergebnis sehen Sie hier:

„Driven by Intuition“

Redaktion