Unterwegs im SUV-Klassiker mit e-Power-Antrieb. Fahrbericht.
Der Nissan X-Trail ist ein Bestseller. Mehr als sieben Millionen Exemplare wurden seit der Premiere 2001 verkauft. Die USA, China und Europa sind die besten Absatzmärkte. Und im Heimatland Japan kommt nicht zuletzt die elektrifiziere Version mit dem e-Power-Antrieb besonders gut an.
Für den europäischen Markt haben die Ingenieure diese Technik modifiziert. Nach dem Qashqai ist der X-Trail in Europa die zweite Baureihe, die mit dem System zu haben ist. Doch anders als den Qashqai gibt es den elektrifizierten X-Trail auch mit dem Allradantrieb e-4orce – ein X-Trail4more also, wenn das Wortspiel erlaubt ist.
Turbopower für Elektromotor
Beim Fronttriebler kombiniert das System einen 1,5 Liter großen und 116 kW (158 PS) starken Dreizylinder-Turbobenziner mit elektrifizierten Komponenten. Hierzu gehören eine Hochleistungsbatterie, ein Generator, ein Wechselrichter und ein 140 kW (190 PS) starker Elektromotor, der in ähnlicher Größe und Leistung in den Nissan-Vollelektrikern Leaf und Aryia zum Einsatz kommt. Der Benziner, ausgerüstet mit variablem Verdichtungsverhältnis, erzeugt Strom, der je nach Fahrsituation über den Wechselrichter an die Batterie, den Elektromotor oder an beide fließt. Dabei werden die Räder immer vom Elektromotor angetrieben. Das unterscheidet die e-Power-Antriebsphilosophie von der bisher bekannten Hybrid-Idee. Der e-Power-Nissan fühlt sich also an wie ein Vollelektriker, ein herkömmliches Getriebe ist überflüssig.
Die Drehzahl des Benziners bewegt sich beim X-Trail e-Power im Gleichschritt mit der Geschwindigkeit. Das System regelt und erhöht die Drehzahl des 1,5-Liter-Verbrenners schrittweise, um den Energiebedarf des E-Motors jederzeit decken zu können. Ob beim schnellen Losfahren aus dem Stand oder bei flotten Überholmanövern – der Wagen zieht jederzeit ohne Atempause kraftvoll durch. Der Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 gelingt in acht Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit ist bei 170 km/h abgeregelt.
Rad für Rad beim Allrad
Bei der Allradvariante kommt zusätzlich ein 100 kW (136 PS) starker Elektromotor an der Hinterachse zum Einsatz. Damit steigert sich die Gesamtleistung auf 157 kW (214 PS). Das verbessert nicht nur die Traktion, sondern auch die Fahrleistungen: null auf 100 in sieben Sekunden, Höchstgeschwindigkeit 180 km/h. Die Allrad-Software verteilt dabei die Leistung je nach Bodenhaftung direkt an die Räder, und auch die Bremsen werden radabhängig angesteuert.
Das funktioniert gut, die zügige Fahrt auf schmalen Straßen mit engen Serpentinen beweist es. Der Allrad-X-Trail überzeugt mit präzisem Handling, bleibt jederzeit in der vorgegebenen Spur und bietet gleichwohl hohen Fahrkomfort.
E-Auto für Lademuffel
Der Komfortaspekt ist auch der Schlüssel zur e-Power-Technik. „Wir wollen Kunden ansprechen, die sich vor allem aufgrund der Ladesituation mit der E-Mobilität noch nicht wirklich anfreunden können“, sagt Nissan-Marketingchef Frank Niewöhner. Sowohl im urbanen Raum, vor allem aber auch in ländlichen Bereichen herrsche bei vielen Menschen noch eine gewissen Unsicherheit. „Wir wissen, wie die mobile Zukunft aus politischer und rechtlicher Sicht aussehen soll. Aus diesem Grund ist unser Weg klar auf Elektromobilität ausgerichtet. E-Power ist aus unserer Sicht eine ausgezeichnete Brückentechnologie und Vorstufe zum rein elektrischen Fahren.“
Auch deshalb wurde den beiden e-Power-Varianten ein e-Pedal spendiert. Damit lässt sich der X-Trail ausschließlich mit dem Gaspedal beschleunigen und auch abbremsen. Wird das System über den Schalter in der Mittelkonsole aktiviert, bremst der Wagen mit 0,2 g bis auf Schrittgeschwindigkeit ab, sobald das Pedal gelupft wird. Das reicht aus, um die Bremsleuchten zu aktivieren, und es hilft dabei, kinetische Energie zurück in die Batterie zu laden. Am prinzipiellen Wirkungsgradmanko des Verbrennungsmotors kann das nichts ändern. Die Verbrauchswerte der e-Power-X-Trails sind weit entfernt von vollelektrischer Effizienz: Die WLTP-Messrunde dokumentiert 6,2 beziehungsweise 6,7 l/100 km (Allradversion), und unsere Testfahrt im anspruchsvollen Gelände verlangte unter dem Strich 7,2 l/100 km.
Sieben Sitze auf Wunsch
Und sonst? Es bleibt dabei, dass der X-Trail eine gute Figur macht. In der Länge hat er im Vergleich zum Vorgänger einen Zentimeter abgegeben (jetzt 4,68 Meter), in der Breite hat er hingegen zwei Zentimeter zugelegt (jetzt 1,84 Meter) und auch in der Höhe ist er ein bisschen gewachsen: plus 1,5 Zentimeter (jetzt 1,73 Meter). Front und Heck sind ziemlich senkrecht gestaltet, in den großen Radhäusern finden Räder der Dimensionen 18 bis 20 Zoll Platz.
Im Innenraum haben die Entwickler die Bedürfnisse von Familien in den Vordergrund gestellt. So gibt es reichlich Bein- und Kopffreiheit auch in der zweiten Reihe, und die Türöffnungswinkel von 85 Grad erleichtern den Ein- und Ausstieg in den Fond (unser Aufmacherbild) – ein echtes Praxisplus für Mütter und Väter im Kampf mit störrischen Kindersitzen.
Achtern gibt es auf Wunsch zwei zusätzliche Plätze (Aufpreis 800 Euro), auf denen kleinere Leute (bis 1,60 Meter) ganz passabel sitzen können. Werden die Sitze nicht benötigt, verschwinden sie flach im Ladeboden. Der hat dann immer noch ein Volumen von 485 Litern, beim Fünfsitzer sind es 575 Liter. Werden die hinteren Lehnen vorgeklappt, stehen 1298 beziehungsweise 1396 Liter auf einer durchgehend ebenen Fläche zur Verfügung.
Die Preisgestaltung ist üppig, aber nicht happig. Der e-Power-Fronttriebler kostet in Verbindung mit der gut ausgestattete Einstiegsversion Visia (18-Zoll-Aluräder, elektrische Außenspiegel, Bluetooth-Schnittstelle, USB-Eingänge vorn und hinten, Digitalradio, Tempomat,, zahlreiche Assistenzsystemen) 37.000 Euro. Der Allradler e-4orce startet in der nächsthöheren Ausstattungsstufe Acenta bei 44.400 Euro.
Fotos: Nissan