Logbuch VW ID. Buzz

Unterwegs mit der Elektro-Reinkarnation des legendären Bulli T1. Fahrbericht.

Das Kundeninteresse am ersten elektrischen VW-Bus ist enorm groß. Schon vor der offiziellen Markteinführung im Oktober ist der Wagen auf Monate hinaus ausverkauft. Volkswagen meldet mehr als 10.000 Vorbestellungen. Überrascht sind die Modellplaner von der Nachfrage nach der Transporterversion. Statt der erwarteten 30 Prozent haben sich bislang rund 50 Prozent der Käufer für den ID. Buzz Cargo entschieden. 

Doch was bekommen die Kunden für ihr Geld? Und wie fährt sich der elektrisch angetriebene Bulli? Wir hatten jetzt die Gelegenheit zu ersten Testfahrten mit dem ID.Buzz.

Jede Menge Platz

Der Elektro-Bus ist 4,71 Meter lang, 1,99 Meter breit (ohne Außenspiegel) und 1,94 Meter hoch. Der Wendekreis steht mit 11,10 Meter im Datenblatt. Der üppige Radstand von 2,99 Meter schafft im Innenraum jede Menge Platz.

Sind alle fünf Sitzplätze belegt, bietet die Personenwagen-Version ein Kofferraumvolumen von 1121 Liter. Werden die Lehnen der im Verhältnis 60:40 geteilten Rücksitzbank umgeklappt, stehen bis zu 2205 Liter zur Verfügung. Allerdings bei einem nicht ebenen Ladeboden. Praktisch: Die zwei Sitzbankelemente können in der Länge um bis zu 15 Zentimeter verschoben werden, um je nach Bedarf mehr Beinfreiheit oder zusätzlichen Gepäckraum zu gewinnen.

Der Laderaum des Cargo – serienmäßig mit drei Sitzplätzen im Fahrerhaus –  hat ein Volumen von 3,9 Kubikmetern. Der ID.Buzz ist 20 Zentimeter kürzer als der Transporter T6, aber sein Stauraum ist fast gleich groß. Es gibt Platz für zwei Europaletten. Hinter den Sitzen folgt eine feste Trennwand zum Laderaum. Optional gibt es diese Trennwand mit einem Fenster und/oder einer Durchladeöffnung. Die Höhe der Ladekante liegt bei 63 Zentimetern, eine Schiebetür auf der Beifahrerseite ist serienmäßig. Gegen Aufpreis gibt es eine weitere Schiebetür auf der Fahrerseite (serienmäßig beim Bus).

Bei einem zulässigen Gesamtgewicht von drei Tonnen beträgt die maximale Zuladung beim Cargo 648 Kilogramm, beim Bus 529 Kilogramm, die Anhängelast bei beiden Varianten eine Tonne. Die Stützlast für die Anhängerkupplung – 952 Euro Aufpreis – liegt bei vergleichsweise bescheidenen 50 Kilogramm, die Dachlast bei 100 Kilogramm.

77 kWh, 423 Kilometer Reichweite

Angetrieben wird der ID. Buzz zunächst ausschließlich von einer 150 kW (204 PS) starken E-Maschine mit einem maximalen Drehmoment von 310 Nm. Die Höchstgeschwindigkeit wird bei 145 km/h elektronisch abgeregelt. Der Motor ist in die Hinterachse integriert und treibt diese an. Die Energie wird in einer Batterie mit  einer Kapazität von 77 kWh netto (brutto 82 kWh) gespeichert. Die Ladeleistung beträgt maximal 170 kW. VW gibt für den ID.Buzz Pro eine Reichweite von bis zu 423 Kilometern an (WLTP-Norm), der Cargo soll zwei Kilometer mehr schaffen. Auf die Batterie gibt es eine Garantie von acht Jahren oder 160.000 Kilometer.

Retro mit Maß

Schon beim ersten Blick auf den ID. Buzz wird deutlich, dass sich die Designer an der Bulli-Ikone T1 orientiert haben. Doch die Gestaltung des elektrischen Bulli  ist alles andere als eine totale Retro-Veranstaltung. Das Team um die Chefdesigner Klaus Szyciora und Jozef Kabaň hat sich vielmehr für die Neuinterpretation der Idee entschieden, Funktion und  Flexibilität auf kleiner Verkehrsfläche zu kombinieren. Und klar ist auch, dass die ikonische Formgebung bei einem Elektroauto nicht zulasten der Aerodynamik gehen darf, Stichworte Energieverbrauch und Reichweite. Der ID. Buzz kommt auf einen cw-Wert von 0,285, der ID. Buzz Cargo auf 0,29. 

Der Elektro-Bus setzt wie der neue Multivan komplett auf LED-Technologie. Die LED-Scheinwerfer, in der Top-Version als Matrixscheinwerfer, sind mit einer schmalen LED-Querspange verbunden. Mittig in die Querspange integriert ist das VW-Logo, ebenfalls eine Hommage an den T1. Im Heckbereich differenziert sich der ID. Buzz über die horizontal statt vertikal angeordneten LED-Rückleuchten des T6.1, und erstmals bei einem VW-Bus werden die LED-Rückleuchten über eine durchgehende Lichtleiste miteinander verbunden.

Das typische Bulli-Feeling

Der Innenraum ist extrem geräumig. Fahrer und Beifahrer nehmen im Bus auf bequemen und leicht erhöhten Einzelsitzen Platz. Das typische  Bulli-Feeling stellt sich damit auf Anhieb ein. Schon in der Basisversion sind die Vordersitze zur Fahrzeugmitte hin mit einer Armlehne ausgestattet, in den höheren Ausstattungsversionen haben die Frontsitze auch außen eine Armlehne. In die Rückenlehnen der Vordersitze integriert ist jeweils ein Seitenairbag, der sich automatisch der jeweiligen Sitzposition anpasst. Im Fahrersitz gibt es zudem einen Centerairbag, der bei einem Crash Fahrer und Beifahrer vor einem möglichen Zusammenprall schützt.

Die beiden Lehnen der Rückbank sind separat in der Neigung verstell-  und komplett umklappbar. Ist der  in der Höhe einstellbare  Kofferraumboden an Bord (optional, Bild ganz unten),  entsteht eine ebene Ladefläche. 

Total digital

Alle Anzeigen der Instrumententafel sind digital ausgeführt und befinden sich auf einer ergonomisch guten Sichtachse. Das „Digital Cockpit“ vor dem Fahrer besteht aus einem 5,3 Zoll großen Display. In der Mitte des Armaturenträgers liegt das mit einem Touchdisplay (Serie zehn Zoll) ausgerüstete Infotainmentsystem. Wird das Navigationssystem „Discover Pro“ geordert, ist damit ein Zwölf-Zoll-Screen verbunden. Sowohl das „Digital Cockpit“ als auch das Infotainmentsystem sind nur im unteren Bereich mit der Schalttafel verbunden. Das Display des Infotainmentsystems hat dadurch die optische Anmutung eines freischwebenden Tablets im Querformat.

Direkt unter dem Infotainmentsystem gibt es eine Bedienleiste mit digitalen Tastern und Touchslidern. Die Taster aktivieren Menüs für die Einstellungen der Klimaanlage, der Assistenzsysteme, der Fahrprofile und der Ein- und Ausparkfunktionen, die Touchslider sind für die Regelung der Innenraumtemperaturen und der Lautstärke des Infotainmentsystems zuständig. Links vom Multifunktionslenkrad  gibt es – wie schon im Golf 8 – eine digitale Bedieninsel für die Aktivierung der Lichtfunktionen, der Front- und Heckscheibenheizung sowie für die maximale Belüftung der Windschutzscheibe. Die Fahrbefehle werden über den Stockhebel rechts hinter dem Lenkrad erteilt.

Von fünf auf 80 Prozent in 30 Minuten

Der Elektro-Bulli basiert auf dem modularen E-Antriebsbaukasten (MEB) des Volkswagen-Konzerns. Eine Allradversion wird es zu einem späteren Zeitpunkt geben, ebenso Varianten mit weniger, aber auch mit mehr Leistung sowie eine Langversion mit einem um 25 Zentimeter verlängerten Radstand.

An DC-Schnellladesäulen zapft der ID. Buzz den Strom mit einer Leistung von bis zu 170 kW, der Akku kann dann in 30 Minuten von fünf auf 80 Prozent geladen werden. Sagt VW.

Der Verbrauch ist sehr nahe bei den Herstellerangaben (20,5 kWh/100 Kilometern). Wir waren in der Stadt mit durchschnittlich 21,1 kWh unterwegs, über Land und auf der Autobahn mit einem maximalen Tempo von 110 km/h stieg der Wert nur marginal auf 21,2 kWh. Antritt und Durchzug sind elektrotechnisch bestens. Bei der Wahl der Rekuperationsstärke besteht allerdings lediglich die Möglichkeit, den Drehschalter der Automatik auf B zu stellen. Dann fließt beim Ausrollen mehr Energie in den Akku zurück. Fehlanzeige jedoch bei der Disziplin One-Pedal-Driving. Das bremsenlose Verzögern bis zum Stillstand ist wie in allen Fahrzeugen der ID-Familie nicht vorgesehen.

Ziemlich wendig, ziemlich straff

Gute Noten verdient sich der ID. Buzz in Sachen Handling. Der Hinterradantrieb sorgt für einen kleinen Wendekreises und die direkte Lenkung hält den Elektro-Bulli präzise in der Spur. Auf glattem Asphalt rollt der Bus souverän dahin, für schlechte Fahrbahnabschnitte sind Federung und Dämpfung aber eine kleine Idee zu straff an- und ausgelegt. 

Unter dem Strich ist der Buzz-Bus ein attraktives Auto. Das hat seinen Preis. Den Cargo gibt es ab 54.430,60 Euro, die Pkw-Variante ab 64.581,30 Euro.

Daten und Preise im motorfuture KATALOG e

 

Fotos: Volkswagen

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Wolfgang Schaeffer