Apple und das Überraschungs-I

 Das Auto als ultimatives Mobilgerät: Der kalifornische Technikgigant gibt Gas.

Seit sich Apple-Manager Jeff Williams bei einer Konferenz des Technologieblogs „Record“ zum Thema geäußert hat, ist es ein offenes Geheimnis: Der Technikgigant aus Kalifornien beschäftigt sich mit dem Thema Auto. Die Glaskugelspezialisten der einschlägigen Medienszene melden, dass es sich bei den Plänen um einen Elektrovan handeln soll. Williams Aussage im Mai – „The car is the ultimate mobile device, isn’t it?“ – und ein neuer prominenter Mitarbeiter scheinen Indizien genug zu sein. Der Neue heißt Doug Betts und war bis Ende 2014 Produktionschef bei Fiat Chrysler Automobiles.

Betts ist nicht der erste Automobilexperte, der zum kalifornischen Technikriesen wechselt. Bereits seit September 2014 verstärkt Johann Jungwirth, von 2009 bis 2014 CEO des Mercedes Benz Research & Developement Center in Sunnyvale, das Apple Team. Für das Design des Autos ist laut „manager magazin“ Jonathan Ive verantwortlich, Apples Chefdesigner und wichtigster Mann neben Konzern-Chef Tim Cook. Kein Wunder, Carguy Ive wollte ursprünglich Autodesigner werden.

Leiter des Apple-Autoprojekts – Arbeitstitel „Titan“ – soll der ehemalige Ford-Mann Steve Zadesky sein, der bereits bei der Entwicklung des iPods und des iPhones mitgearbeitet hat. Laut „Wall Street Journal“ darf sich Zadesky ein Team von 1.000 Mitarbeitern zusammenstellen – seit circa einem guten Jahr wirbt der „Titan“-Chef deshalb Mitarbeiter aus der Automobilbranche ab.

Tesla-Chef Elon Musk zum Beispiel bestätigte Anfang Februar in einem Interview mit „Bloomberg Businessweek“, dass Apple Tesla-Mitarbeitern 250.000 US-Dollar Wechselprämie und eine Gehalts-steigerung von bis zu 60 Prozent bietet. Kein schlechter Anreiz für Jobwechsler, doch trotzdem läuft auch bei Apple nicht alles reibungslos.

Bereits Anfang des Jahres hatte Apple die erste Klage wegen unrechtmäßigen Abwerbens von Mitarbeitern auf dem Tisch. Kläger war A123 Systems, ein Spezialist für Elektroauto-Batterien. Schlußendlich einigten sich die Parteien außergerichtlich. Einzelheiten sind nicht bekannt, aber der Batteriehersteller wurde sicherlich gut entschädigt. Geld regiert immer noch die Welt – die momentane Kapitalreserve von 178 Milliarden US-Dollar erleichtert Apple den Eintritt in die Automobilwelt erheblich.

Die Stimmen in der Automobilwelt zum möglichen Einstieg Apples sind unterschiedlich. Ford-CEO Mark Fields äußert sich sportlich: „Es ist positiv für die Branche, was das Entstehen von Wettbewerb und Innovationen betrifft.“ Weniger Gedanken macht man sich in Stuttgart. Daimler-Chef Dieter Zetsche lassen die Spekulationen über einen möglichen Einstieg Apples ins Automobilgeschäft eher kalt: „Wir haben lange Erfahrung im Automobilbau, wir haben das Auto erfunden“, sagte Zetsche der „Welt am Sonntag“. Und: „Erfahrung ist in einem so komplexen Geschäft wie dem Automobilbau mit entscheidend. Wer dort neu einsteigt, hat die nicht.“ Allerdings kennt Zetsche auch die Stärken Apples, die finanziellen Mittel: „Wir haben Respekt vor jedem ernstzunehmenden Wettbewerber. Und wenn das eine Firma ist, die einen wirtschaftlich starken Hintergrund hat, ist das zweifellos eine potenzielle Stärke eines Wettbewerbers.“

Oft scheitern Neueinsteiger an den hohen Hürden im Automarkt, aber nicht zuletzt Tesla hat gezeigt, dass ein Einstieg in diese komplexe Branche auch heutzutage möglich ist. Neben dem hohen finanziellen Investment benötigt nachhaltiger Erfolg auch eine starke Marke und ein sorgfältig geknüpftes Vertriebsnetz. Für das Erfolgsunternehmen Apple ist das allerdings das kleinste Problem.

„Apple hat außergewöhnlich hohe Kapitalreserven und es gibt genug Entwicklungspartner neben den klassischen Herstellern, die Autos auch entwickeln und montieren können“, sagt Andreas Dinger, Partner und Managing Director bei der Boston Consulting Group im „manager magazin“. „Es wird allerdings nicht leicht. Das ist ein sehr komplizierter Entwicklungsprozess. Sie müssen Aspekte wie Sicherheit und Fahrerdynamik bedenken. Man benötigt schon ein bisschen Erfahrung“, ergänzt Dinger. Für den Autoexperten ist die viel spannendere Frage: „Was will Apple eigentlich damit erreichen?“ Gründer Steve Jobs hat Apples Ambitionen einmal so beschrieben: „Lasst uns lieber das Morgen erfinden, statt uns Sorgen über das zu machen, was gestern war.“

Mit der Software AppleCar hat das Unternehmen bereits einen großen Fuß in der Tür zur Automobil-branche. Die Gerüchteküche brodelt: Das iCar soll bereits 2020 produktionsreif sein. Wenn Apple wirklich am Einstieg in die Automobilbranche interessiert ist, dann sind fünf Jahre für ein so starkes Unternehmen eine lange Zeit.

Franziska Weber