5 Fragen an Dr. Christoph Lauterwasser. Der Geschäftsführer des Allianz Zentrum für Technik (AZT) über Versicherungstarife, Unfallstatistiken und Schadenkosten von Elektroautos.
Christoph Lauterwasser, 55, leitet das Allianz Zentrum für Technik (AZT) seit Juli 2007. DAS AZT untersucht als Forschungsinstitut der Allianz Deutschland AG Fragestellungen aus den Bereichen Kraftfahrzeugtechnik und Straßenverkehrssicherheit mit dem Ziel die Verkehrssicherheit zu erhöhen und die Schadenkosten zu verringern.
Herr Lauterwasser, wie viele E-Autos sind inzwischen bei der Allianz versichert, und lehnen sich die Versicherungstarife an die vergleichbaren Leistungsklassen mit Verbrennungsmotor an?
Aktuell sind bei der Allianz im Privatsegment 4.000 E-Fahrzeuge und 18.500 Hybridfahrzeuge versichert. Generell ist die Typklasse bei PKW im deutschen Markt der entscheidende Faktor für die Tarifierung einzelner Fahrzeugmodelle, das gilt für Elektrofahrzeuge genauso wie für andere Motorisierungen. Demgemäß wurden alle neuen Elektrofahrzeuge zum Marktstart unverändert mittels der Ergebnisse aus Crashtests und weiterer technischer Parameter wie der maximalen Leistung bewertet und eingestuft.
Was können Sie bisher über die Unfallstatistik von E-Autos sagen?
Spannend war es für uns natürlich zu sehen, wie sich das Schadengeschehen in der Praxis entwickelt und ob wir Besonderheiten erkennen können. Generell zeigen unsere Untersuchungen, dass Elektrofahrzeuge ein ähnliches Schadengeschehen wie konventionell betriebene Autos aufweisen. Bei den typischen Unfallschweren sind Komponenten der Hochvoltanlage meist nicht direkt betroffen. In unseren Unfallanalysen fiel aber auf, dass Elektrofahrzeuge weniger häufig in Unfälle verwickelt sind – und zwar um 25 Prozent! Positiv zu vermerken ist die Beobachtung, dass die Elektrofahrzeuge bisher unauffällig sind, was die Häufigkeit von Fahrzeugbränden betrifft.
Wie hoch sind die durchschnittlichen Kosten bei Schäden an E-Autos?
Die Schäden sind bei Elektrofahrzeugen etwa ein Viertel teurer als bei Autos mit Verbrennungsmotoren. In einer detaillierten Analyse zeigen sich folgende wesentliche Gründe für erhöhte Schadenkosten: zum einen gibt es noch Optimierungspotential beim Crashverhalten mit Blick auf das Deformationsverhalten und die Reparaturfreundlichkeit. Zum anderen ist es derzeit noch aufwendiger, Elektrofahrzeuge zu reparieren, weil nicht jede Werkstatt dafür optimal ausgerüstet ist. So sind spezielle Schulungen ebenso notwendig wie die entsprechende Werkstattausrüstung.
Ein kurzer Blick in die Zukunft: Wie wird sich Ihrer Meinung nach die Unfallstatistik von E-Autos bei größeren Reichweiten entwickeln?
Mit Blick auf die zunehmende Reichweite der Elektrofahrzeuge und die damit einhergehende flexiblere Nutzung erwarten wir künftig eine Angleichung der Unfallhäufigkeit an Fahrzeuge mit konventionellem Antrieb. Um erhöhte Versicherungskosten zu vermeiden, muss in der Entwicklung neuer Elektromodelle deshalb besonderes Augenmerk auf Crashoptimierung und Reparaturfreundlichkeit gelegt werden.
Gibt es einen klassischen E-Auto-Fahrer? Wie alt sind Ihre Versicherten?
Aus den Fällen, die wir untersucht haben, ergab sich, dass die Elektroautofahrer meist zwischen 45 und 64 Jahren alt waren und zu etwa dreiviertel männlich. Gleichzeitig waren in der Gruppe nur wenige Senioren (älter als 65 Jahre). Generell dominieren Firmenfahrzeuge das Segment. Ich glaube aber, dass wir angesichts der aktuell noch geringen Zulassungszahlen noch nicht von einem klassischen E-Auto-Fahrer reden können. Auch hier erwarten wir, dass ein größeres Angebot, eine flexiblere Nutzung und günstigere Fahrzeugpreise zu einer breiteren Nutzerschicht führen.