Gemeinsam einsam

Wenn aus Rivalen der Rennbahn Forschungspartner werden. BMW und Daimler mit Kooperation in Sachen Autonomes Fahren.

„Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen.“ Der Satz wird Albert Einstein zugeschrieben, und er ist klug und ironisch genug, dass er tatsächlich vom großen Denker stammen könnte. Die Zukunft – nur eine Projektion. Selbst die Vergangenheit ist ja oft genug ein Buch mit sieben Siegeln.

Rivalen der Rennbahn

BMW und Mercedes zum Beispiel: Mindestens seit den 70er-Jahren erbitterte Rivalen um die besten Autos, die beste Technik, die weltweite Kundschaft. Mal Mercedes vorn, mal BMW, aber immer gegeneinander.  BMW sportlich, Mercedes seriös, auf jeden Fall signifikant unterscheidbar. Der Tresor Mercedes gegen die unglaubliche Leichtigkeit des BMW-Seins. Freude am Fahren hier, der Stern auf dem Kühler als Peilstab der Solidität dort. Man respektierte sich in München und Stuttgart, aber man mochte sich nicht. Es gab immer wieder mal Versuche der Zusammenarbeit, aber alle endeten früher oder später im Nirwana. Etwa bei der Brennstoffzellen-Entwicklung – man begann gemeinsam, dann stieg BMW aus, wollte später zurück, aber die Daimler-Chefs sagten Nein. Das ist schade, denn Japan setzt auf Wasserstoff, China ebenfalls und Korea sowieso. Und Nordamerika hofft, mit der Brennstoffzelle den Diesel im Schwervekehr ersetzen zu können.

Neuer Anlauf

Jetzt also ein neuer Anlauf der Entwicklungskooperation in Bayern und Schwaben. Sie sind gemeinsam einsam im globalen Wettbewerb. Tolle Marken mit allen Premiumattributen, aber jeder für sich genommen klein. Möglicherweise zu klein in einer fernen oder doch schon näheren Zukunft. Die Kulturgeschichte ist eine endlose Abfolge von Aufstiegen und von Abstiegen.

Der Daimler-Konzern und die BMW-Group starten jetzt ihre Zusammenarbeit im Bereich automatisiertes Fahren. Ziel ist „eine langfristige, strategische Kooperation auf diesem Gebiet“, wie es in einer gemeinsamen Erklärung heißt. Die beiden Unternehmen „wollen gemeinsam die nächste Technologiegeneration für Fahrassistenzsysteme und automatisiertes Fahren auf Autobahnen sowie automatisierte Parkfunktionen (jeweils bis Level 4) entwickeln.“ 

1200 Experten, drei Forschungszentren

Ziel der Zusammenarbeit ist unter anderem eine Markteinführung der Technologie bis 2024. Im Rahmen der Kooperation sollen über 1200 Fachleute zusammenarbeiten, zum Teil auch in gemischten Teams. Zu den Standorten zählen das Mercedes‑Benz Technology Center (MTC) in Sindelfingen, das Daimler Prüf- und Technologiezentrum in Immendingen bei Tuttlingen und der BMW Group Autonomous Driving Campus in Unterschleißheim bei München. 

Partner gesucht – oder Kunden

Die nicht-exklusive Kooperation ist offen für weitere Automobilhersteller und Technologie-Partner. Die Ergebnisse der Zusammenarbeit sollen zudem auf dem Markt zur Lizenzierung angeboten werden.

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