Herr Tjarks macht Nägel mit Köpfen

Aber ist er überhaupt zuständig? Über die Pläne des Hamburger Senats, ab 2025 nur noch emissionsfreie Fahrzeuge zur Personenbeförderung neu zuzulassen.

Dass Lobbyismus und Mitgliedschaft bei den GRÜNEN sich nicht ausschließen, ist inzwischen hinlänglich bekannt. Fast alle energierelevanten Verbände und Einrichtungen haben seit kurzem Ex-Politiker der Partei als Vorstände, Sprecher oder Fürsprecher. Da wundert es nicht, wenn vor kurzem der Hamburger Verkehrssenator Anjes Tjarks bei der Vorstellung der neuen Pläne für eine schnellere Elektrifizierung der Taxiflotten in Hamburg von 25 frisch konzessionierten Toyota Mirai umgeben war (Foto rechts). Der Mirai ist ein Elektroauto, das mit Brennstoffzelle und Wasserstoff betrieben wird, mit einer Tankfüllung Wasserstoff 500 Kilometer schaffen soll und nach fünfminütigem Tankvorgang wieder fahrbereit ist (s. KATALOG e).

Tjarks machte denn auch gleich Nägel mit Köpfen: Ab 1. Januar 2025 sollen in Hamburg nur noch emissionsfreie Fahrzeuge zur Personenbeförderung neu zugelassen werden, also Taxen, Sammeldienste und Shuttle-Anbieter.

Länderrecht und Grundgesetz

Einige Länder sind dazu übergegangen, eigene Klimaschutzziele durch verbindliche Emissionsminderungsvorgaben festzusetzen. Auch Hamburg plant ein Klimaschutzgesetz. Es ist jedoch höchst zweifelhaft, ob die Ziele, die Senator Tjarks mit den Taxi-Regeln vorgeben will, von der Landeszuständigkeit gedeckt sind. Denn die Länder haben nur dort Zuständigkeiten, wo das Grundgesetz nicht dem Bund die Zuständigkeit zuweist (Art. 30, 70 GG).

Straßenverkehr, Kraftfahrtwesen (Art. 74, I, Ziff.22 GG) und Luftreinhaltung (Art. 74, I, Ziff. 24 GG) lassen den Ländern im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung nur dort Spielraum, wo der Bund nicht tätig wurde. Das neue Klimaschutzgesetz des Bundes vom 31.8.2021 bestätigt einerseits die europäische Einbindung, andererseits legt es klare Meilensteine und einen festen Zeitplan für Minderungsziele von Treibhausgasen fest.

Bundesrecht am Taxistand

Die Befugnis zum Betrieb eines Taxis ist im Personenbeförderungsgesetz des Bundes geregelt. § 1a PBefG postuliert zwar: Bei Anwendung des Gesetzes sind die Ziele des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit zu berücksichtigen. Die Detailregelungen des PBefG haben aber vor allem zum Inhalt, neben Schienen- und Omnibusverkehr auch bei Taxis die Regelung der finanziellen und technischen Details festzulegen (zum Beispiel Fassungsvermögen, Taxendichte, Barrierefreiheit). Auch der Umfang der Betriebspflicht wird in §47 PBefG geregelt. Die Länder werden nur in diesem Rahmen befugt, Rechtsverordnungen zur Durchführung des Gesetzes zu erlassen. Das meint die Anforderungen an Bau und Einrichtung der verwendeten Fahrzeuge, die im Übrigen vom Kraftfahrtbundesamt überwacht werden. (Siehe Diesel-Skandal)

Die Vorschrift, dass Immissionsgrenzwerte festgesetzt werden können (§57 PBefG), umfasst im Rahmen der EU-Regelungen nicht das Recht, Null-Emissionen vorzuschreiben. Das Verbot der EU von neuen Verbrennern gilt erst ab 2035 – für dann zugelassenen neue Autos. Und die Euro-7-Norm, die ab 2025 gelten soll, ist noch nicht einmal ausdefiniert.

Gleiches ergibt sich auch aus § 30 der StVO: „Bei der Benutzung von Fahrzeugen sind unnötiger Lärm und vermeidbare Abgasbelästigungen verboten.“ Dass sich das auf die vom Kraftfahrtbundesamt zugelassenen Fahrzeuge – und zwar alle – bezieht, liegt auf der Hand.

Mit dem Diesel-Taxi von Buxtehude nach Fuhlsbüttel

Es gibt im Übrigen noch ein praktisches Argument, dass gegen Einzelgänge der Länder spricht: Wie sollen länderspezifische Regelungen beispielsweise funktionieren, wenn ein Taxi-Unternehmer mit seinem 2025 dann neu zugelassenen sauberen Diesel (dank AdBlue) von Buxtehude (Niedersachsen) zum Flughafen in Hamburg-Fuhlsbüttel fahren will? Das praktische Argument wird ebenfalls durch das Grundgesetz (Art. 72, II GG) erhärtet. Die Länder haben in Straßenverkehr und Kraftfahrtwesen nichts zu melden, wenn die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

Gut gemeinter Lobbyismus ist noch längst nicht gut gemacht und schon gar nicht automatisch verfassungskonform.

Der Autor: Dietrich Austermann ist Jurist und CDU-Politiker. Von 1982 bis 2005 war er Mitglied im Deutschen Bundestag, von 2005 bis 2008 gehörte er der Landesregierung Schleswig-Holstein als Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr an.

Fotos: Mercedes, Toyota

Dietrich Austermann