Unterwegs mit der zweiten Generation des koreanischen Wasserstoffautos.
Verdammt lang her, dass Hyundai an den Toren der etablierten Automärkte rüttelte. Andererseits: Was sind schon 30 Jahre. Die Wende half den Newcomern damals mit über die scheinbar unüberwindbar hohe Hürde. Jedenfalls in Deutschland. Was im Westen belächelt wurde, war im Osten richtig guter Stoff.
Heute ist Hyundai eine wichtige Branchengröße. Platz vier auf dem Weltmarkt. Marktführer bei den Importeuren in Deutschland. Stilbildend beim Design – der Oberbayer Peter Schreyer hat für die Marke eine überzeugende Formensprache entwickelt. Nicht zuletzt mit dem Willen und der Kraft zu technischer Innovation. Hyundai bietet auf dem Weg in die neue Antriebszukunft neben Hybrid-Lösungen und der Batterieelektrik auch die Brennstoffzelle.
Hyundai und Toyota, Korea und Japan
Der Weg in die Wasserstoffwelt beim Personenwagen ist fast ein Alleinstellungsmerkmal des Koreakonzerns. Toyota ist mit dem Mirai ebenfalls am Start, auch die Japaner schwören auf die Zukunft der Wasserstoffwirtschaft. Aber das war es dann im Wesentlichen schon. Während der Wettbewerb noch tüftelt, probt und prüft, hat Hyundai bereits die zweite Seriengeneration des Nexo auf dem Markt.
Das Auto ist eine interessante Antwort auf die bange Frage der bekennenden Elektroauto-Gemeinde, wie man es denn in Zukunft mit den Laternenparkern halte. Mit jener Bevölkerungsgruppe also, die weder über Eigenheim noch Garage verfügt und auch nicht über die Möglichkeit, tagsüber eventuell beim Arbeitgeber Strom zu laden. Die Kombination Brennstoffzelle-Wasserstoff liefert hier die überzeugende Alternative: Der Treibstoff kommt an der Tankstelle aus der Zapfsäule wie beim Verbrenner auch. Der Rest ist Chemie und Elektrotechnik: In der Brennstoffzelle diffundiert Wasserstoff als hochverdichtete Gas zu Strom, der die Fuhre vollelektrisch antreibt.
Vortrieb mit Nachdruck
Das macht beim Nexo Eindruck, denn der Vortrieb erfolgt mit Nachdruck. Auch der Brennstoffzellen-Hyundai ist ein antriebsmächtiges Elektroauto. 395 Nm Drehmoment stehen aus dem Stand für die Fahrt zur Verfügung, und wer den Nexo mit leichtem Stromfuß surren lässt, kommt im Stadtverkehr mit 500 Gramm Wasserstoff 100 Kilometer weit. Der kleine Fahr-Akku (1,56 kWh) unterstützt dann mit rekuperierter Energie aus dem Schiebe- und Bremsbetrieb.
Abseits der Ortsschilder ist der Nexo ein souveräner Gleiter: komfortables Fahrwerk, verbindliche Lenkung, gute Bremsen. Vorausschauende Fahrer finden am Lenkrad zwei Hebelchen, die das Wasserstoffauto im Schiebebetrieb freier laufen lassen (rechts) oder stärker abbremsen (links). Wer bremst verliert aber nicht, sondern wandelt bereits verlorengeglaubte kinetische Energie zurück in den Fahr-Akku, siehe oben. Fahren und Sparen für Fortgeschrittene.
Die Sitze sind bequem, die Bedienung ist für ein Auto des digitalen Zeitalters übersichtlich, der Nexo ist ein kommoder Reisewagen. Man sollte es allerdings nicht allzu eilig haben: Überschreitet der Tacho die 120-km/h-Marke wird der Wagen laut – der Fahrtwind ist dann kein himmlisches Kind, sondern ein ungebetener Passagier, der penetrant aufs Dach trommelt. Vielleicht ein augenzwinkernder aerodynamischer Fingerzeig der Nexo-Konstrukteure, dass Elektroautos keine Renndiesel sind.
91 H2-Stationen
Bei der Brennstoffzellen-Wasserstoff-Technik ist das Reichweitenthema nicht ganz so virulent wie bei der BEV-Konkurrenz (Battery Electric Vehicle) – vorausgesetzt, die entlang der geplanten Strecke einkalkulierten Wasserstofftankstellen sind in Betrieb. Momentan gibt es in Deutschland 91 H2-Stationen, elf sind im Bau, sechs in Planung. Das klingt nicht schlecht, ist aber nur ein erster zaghafter Schritt in die Wasserstoff-Mobilität, zumal große europäische Gebiete – Frankreich, Spanien, Italien, Osteuropa – bislang Wasserstoffwüsten sind.
Das ändert nichts am besonderen Reiz der Idee, mit dem Elektroauto für einen kurzen Tankstop an die Zapfsäule zu fahren. Zwei Selbstversuche mit dem Nexo funktionierten übrigens tadellos: Tankkarte in den Schlitz, Zapfhahn auf den Tankadapter, Finger auf den grünen Knopf, zwei Minuten warten bis das Ladelicht erlischt, Zapfhahn zurück an die Säule, Verschlusskappe auf den Adapter, einsteigen, Reichweite checken. Gut 650 elektrische Kilometer meldet der Bordcomputer im Idealfall, das ist langstreckentauglich.
Technische Daten und Preise im KATALOG e
Fotos: Hyundai