Ohne Kerzen

Die IAA war viele Jahrzehnte lang  eine globale Leistungsschau. Gewissermaßen die Weltmeisterschaft der Automobilindustrie. Das ist leider vorbei. Eine Schlüsselbranche huldigt dem vermeintlichen Zeitgeist.

Die IAA, die Internationale Automobilausstellung, war viele Jahrzehnte das Klassentreffen und das Fest einer großen Idee. Man feierte den Fortschritt und verdiente Geld, und die sogenannten kleinen Leute in den Fabriken und Büros der Branche konnten für ihre Familien in den Vorstädten bescheidene Häuser bauen.

Kritiker monierten den Kampf ums Goldene Kalb und meinten die Gans, die goldene Eier legt.

Die Messestadt Frankfurt war alle zwei Jahre zwei Wochen lang der Nabel der Weltwirtschaft. Die Experten waren sich einig: Laboriert das Auto an einem Schnupfen, droht der Konjunktur ein Schnupfen. Das galt nicht nur für Deutschland, es war auch ein Befund für die anderen großen Automobilnationen. Das Auto stand spätestens seit der ersten Ölkrise in den frühen 70er-Jahren am Pranger, aber niemand bezweifelte seinen Nutzen fürs Gemeinwohl und für den privaten Wohlstand.

Tschüss Frankfurt

Die Diskussion ist müßig, warum sich die politische Verantwortlichen in Frankfurt am Main vor vier Jahren den Luxus erlaubten, die IAA aus der Stadt zu vertreiben. Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) war mit dem Versuch gescheitert, der Branche zur Messereröffnung in seinem Grußwort die Leviten zu lesen. Der Veranstalter VDA (Verband der Automobilindustrie) lehnte dankend ab und strich die Messe Frankfurt aus dem IAA-Kalender.

Heute heißt die Veranstaltung IAA Mobility, das zweiwöchige Programm schrumpfte auf sechs Tage. In den Messehallen in München stehen ein paar Exponate und auf den Plätzen der dezidiert autofeindlichen bayerischen Landeshauptstadt gibt es den Open Space. Das sind kundenorientierte Außenevents, die sich in den ersten Tagen der Messe immerhin als Publikumsattraktionen erweisen. Die Aussteller sind mit der Resonanz zufrieden.

Letzte Generation und Frau Portman

Der VDA verbeugt sich vor dem Zeitgeist. Bewertete man die versuchte Publikumsbeschimpfung des fröhlichen Frankfurters Feldmann vor vier Jahren noch als Majestätsbeleidigung, bot man für die aktuelle Veranstaltung (5. bis 10. September) der Letzten Generation einen kostenlosen Messestand an. Die Letztgenerationisten – ihre klebringen Nötigungsaktionen würden Nina und Nico Normalverbraucher als schwere Verkehrsgefährdung und Landfriedensbruch ausgelegt – lehnten ab. Konsequent sind sie immerhin. Sie wollen die IAA Mobility in Ruhe stören.

Womit wir bei einer IAA sind, die an einen Christbaum ohne Kerzen erinnert.

Das Automobil als Attraktion hat 2023 ausgedient. Neben den deutschen Herstellern und einigen Newcomern aus China gibt es viele Startups und Podiumsdiskussionen – und die Oscar-Preisträgerin Natalie Portman als Keynote-Speakerin. Das macht die Veranstalter stolz: „Seit Jahren positioniert sie sich zu gesellschaftspolitischen Themen – etwa gegen soziale Ungleichheiten und Armut sowie für  Veganismus und den Klimaschutz. Entsprechend ihres Interesses, den Klimawandel zu bekämpfen, ist ihr auch das Thema der nachhaltigen Mobilität ein großes Anliegen.“ Es ist nicht bekannt, ob die Gagen-Millionärin per Privatjet anreist. 

Peugeot, Citroen, Fiat, Jeep und Alfa Romeo fehlen bei der diesjährigen IAA. Ebenso Dodge, RAM, Chevrolet, Cadillac und Corvette. Abgesagt haben auch Hyundai, Kia, Mazda, Suzuki, Toyota, Jaguar, Land Rover und Ferrari.

Tesla ist in München am Start, immerhin. Elon Musk wirbt plötzlich aktiv für seine Autos. Auch das ist neu bei der einstmals wichtigsten Leistungsschau der Branche.

Unser Aufmacherbild: IAA 2023 mit Opel-Studie Experimental. Foto: Opel

Beitrag am 7. September aktualisiert.

 

Oskar Weber