Wahlprogramme und Klimapolitik: Union

Am 26. September findet die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag statt. Wir vergleichen die Standpunkte der Parteien zum Klimathema in einer kleinen Serie. Heute: Union.

Wenn man sich die Wahlprogramme der Parteien vor der diesjährigen Bundestagswahl ansieht, fällt einem vor allem zweierlei auf: Die Programme werden meistens kürzer und das Klima spielt die Hauptrolle. Fast hat es den Anschein, als wäre Deutschland in der Lage, wesentlichen Einfluss auf die weltweite Steuerung von Tornados, Tsunamis, Vulkanausbrüchen, Eisschmelzen und Waldbränden zu nehmen. Fakt ist: 2019 betrug der seit Jahrzehnten sinkende (!) deutsche Anteil am weltweiten fossilen CO2-Aufkommen 1,85 Prozent, rund 20 Prozent davon gingen auf das Konto des gesamten Verkehrssektors.

Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit

Betrachtet man die Wahlprogramme der drei Kanzlerkandidaten-Parteien, sind die Themen fast identisch, insbesondere bei Mobilität und Energie. Allerdings divergieren die Konsequenzen zum Teil erheblich. Die Union, deren Kanzlerkandidat Armin Laschet Anfang September ein Team dazu vorgestellt hat, setzt in ihrem 139 Seiten starken Programm statt auf Verbote zum Erreichen der Klimaziele auf innovative Technologien, wirtschaftliche Investitionen und vor allem marktwirtschaftliche Instrumente zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit. Sie erkennt, dass ausschließlich nationale Maßnahmen wenig bedeutsam für das weltweite Klimasystem sind.

Sicher, bezahlbar, klimafreundlich

Treibhausgasneutralität soll 2045 erreicht werden. Bis 2030 sollen in Deutschland 65 Prozent weniger Treibhausgase entstehen als 1990. Klimakooperationen sind auf internationaler Ebene geplant, insbesondere beim Emissionshandel. Die Einnahmen aus dem Emissionshandel sollen durch Abschaffung der EEG-Umlage und Stromverbilligung an Bürger und Betriebe zurückgegeben, die höheren Abgaben damit kompensiert werden.

Besonderes Augenmerk wird auf die Einbeziehung von Drittstaaten durch einheitliche Klimastandards gerichtet, um Produktionsprozesse und Arbeitsplätze nicht ins Ausland zu zwingen. Grenzüberschreitende Energiekooperationen im Offshore-Bereich sollen angestrebt werden.

Die CO2-Bilanz soll bei Produkten für die Verbraucher nachvollziehbar sein. Clean-Tech-Forschung und Digitalisierung zu mehr Ressourceneffizienz sollen stärker gefördert werden.

Sichere, bezahlbare und klimafreundliche Energie soll durch intelligenten und diversifizierten Energiemix zur Versorgung mit Strom beitragen. Dazu gehören der naturschutzverträgliche Ausbau der Photovoltaik (Sonnenpaket), Windkraft, Biomasse, Geothermie und Wasserstoff.

Energiespeicher, beschleunigter Bau von Stromtrassen, mehr Forschung in neuen Energieerzeugungsverfahren, der Aufbau einer CO2-Infrastruktur mit CO2-Speicherung (europäische Kooperation), Förderung der Energieeffizienz und der energetischen Sanierung von Gebäuden gehören dazu.

Technologieoffen

Stärker als andere Parteien ist die Union technologieoffen. Deutschland soll Wasserstoffland Nr. 1 werden, Wasserstoff aus Erneuerbaren Energien gewonnen, die Forschung zur Serienfertigung von Elektrolyseuren, Brennstoffzellen und Wasserstoff-Technologie- und Innovationszentren vorangetrieben werden. Ein Europäisches Wasserstoffnetzwerk soll angestoßen werden.

Zum Schutz der Ressourcen sollen nachhaltiges Wirtschaften durchgesetzt und die Kreislaufwirtschaft gestärkt werden. Exporte von Abfällen sollen verboten werden.

Mobilität als Ausdruck individueller Freiheit

Die Union steht zur Mobilität als Ausdruck individueller Freiheit. Rekordinvestitionen sollen in die Infrastruktur von Schiene und Straße fließen. ÖPNV und Schienenverkehr sollen gestärkt, der ÖPNV um Pooling-Angebote verstärkt und über neue Mobilitätsstationen mit dem motorisierten Individualverkehr verzahnt werden. Rad- und Fußwege will die Union kräftig ausbauen. Güterverkehr soll stärker auf ausgebaute und elektrifizierte Schienennetze und ausgebaute Wasserstraßen verlagert werden.

Der Automobilstandort Deutschland findet besondere Aufmerksamkeit, und zwar mit allen Antriebsformen, Elektromobilität, synthetischen Kraftsoffen und Wasserstoff, insbesondere für den Schwerlastverkehr. Der Umstieg in emissionsfreie Mobilität soll attraktiv gestaltet werden. Dieselfahrverbot und generelles Tempolimit auf den Autobahnen werden abgelehnt. Der Infrastrukturausbau in Straße und Schiene geht weiter.

Der Luftverkehrsstandort Deutschland soll preislich wettbewerbsfähig bleiben. Schiene und Flughäfen mit internationalen Flügen sollen vollständig vernetzt werden. Weitere Aspekte sind Befreiung der Flüge mit alternativen Kraftstoffen von der Luftverkehrssteuer und ein starkes Luftfahrtforschungsprogramm.

Die maritime Wirtschaft mit Werftenstandorten, Schifffahrt und Häfen soll wettbewerbsfähig bleiben. Die Binnenschifffahrt soll Technologieführer bei alternativen Kraftstoffen wie E-Fuels und Wasserstoff werden. LNG-Technik (Liquid Natural Gas) soll ausgebaut werden, ein Importterminal für verflüssigte Gase soll entstehen.

Klimaschutz und Arbeitsplätze

CDU und CSU stehen in ihrem Wahlprogramm für „konsequenten Klimaschutz und sichere Arbeitsplätze. Technologieoffenheit bei der Mobilität, den Turbo für die Infrastruktur durch Planungsbeschleunigung.“ Die Union versucht in der Klima- und Mobilitätspolitik den Spagat zwischen alt und neu.

 

Der Autor: Dietrich Austermann ist Jurist und CDU-Politiker. Von 1982 bis 2005 war er Mitglied im Deutschen Bundestag, von 2005 bis 2008 gehörte er der Landesregierung Schleswig-Holstein als Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr an.

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Dietrich Austermann