Porsche setzt auf Firmentradition und blickt mit der Konzeptstudie Mission E in die Zukunft des Automobilbaus.
Tradition und Innovation werde bei Porsche groß geschrieben. Die Vorstellung der Konzeptstudie Mission E, dem ersten rein elektrischen Porsche auf der diesjährigen Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt, ist deshalb nur konsequent. Sportwagen und Elektromobilität? Innovativ ist das. Aber traditionell?
Ja. Denn die erste Konstruktion Ferdinand Porsches war ein reines Elektroauto. 1898 konstruierte und baute der damals 23-jährige das Egger-Lohner-Elektromobil Modell C.2 Phaeton, kurz P1. Am 26. Juni 1898 rollte der drei PS starke P1 zum ersten Mal rein elektrisch über die Straßen Wiens. Höchstgeschwindigkeit 35 km/h, Reichweite 80 Kilometer. Zwei Jahre später entwickelte Porsche das erste Hybridfahrzeug der Geschichte, den Lohner-Porsche Semper Vivus. Den Siegeszug des Verbrennungsmotors konnten die beiden Autos allerdings nicht aufhalten: Die Energiespeicher-problematik und die damit begrenzte Reichweite ließen dem Elektroantrieb in der frühen Phase der Automobilentwicklung – und dann für lange Zeit – keine Chance.
Heute ist das Thema wieder auf der Tagesordnung, und der Mission Elektromobilität winkt langfristig der große Erfolg. Porsche stellte auf der diesjährigen IAA eine neue Konzeptstudie vor. Der Name ist Programm: Mission E. Die Konzeptstudie ist ein innovativer Sportwagen mit zukunftsweisendem Elektroantrieb. Porsche-Vorstandsvorsitzender Oliver Blume erklärt: „Die herkömmlichen Verbrennungsmotoren stoßen vor allem schadstofftechnisch an Grenzen, die von den Gesetzgebern in den globalen Märkten immer restriktiver definiert werden. Langfristig gehört die Zukunft den Elektroantrieben. Und weil wir als Sportwagen-Hersteller die Know-how-Hoheit über die Antriebstechnik zwingend behaupten müssen, machen wir jetzt unsere Hausaufgaben.“
Der Porsche-Aufsichtsrat sieht das genauso. Er gab Anfang Dezember grünes Licht für das Projekt. Die Serienversion des Mission E soll Ende dieses Jahrzehnts auf den Markt kommen.
Die Studie gibt erste Hinweise auf das technische Konzept. Der Mission E wird, ähnlich wie der LMP1-Bolide 919 Hybrid in der FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft, von zwei permanent-erregten Synchronmotoren (PSM) angetrieben, die das Auto in weniger als zwölf Sekunden auf 200 km/h beschleunigen. Die Gesamtleistung beträgt 600 PS (440 kW), die Höchstgeschwindigkeit 250 km/h und das bei einer Reichweite von über 500 Kilometern.
Doch damit nicht genug. Kurze Ladezeiten machen den Mission E absolut langstreckentauglich: eine Viertelstunde an der Steckdose genügt für 400 Kilometer Reichweite, denn Porsche setzt als Pionier erstmals die 800-Volt-Technik ein. Die Spannungsverdoppelung im Vergleich zu aktuellen Elektrofahrzeugen mit 400 Volt birgt mehrere Vorteile: kürzere Ladezeiten und weniger Gewicht, weil leichtere Kupferkabel mit reduziertem Querschnitt zum Energietransport ausreichen. Alternativ kann der Technologieträger aber auch an eine übliche 400-Volt-Ladestation angeschlossen oder ganz komfortabel in der heimischen Garage induktiv mit Energie versorgt werden – über einer im Boden eingelassenen Spule, die die Energie drahtlos an ihr Gegenstück im Wagenboden überträgt.
Die Unterbodenbatterie des Mission E erstreckt sich über die gesamte Länge zwischen Vorder- und Hinterachse. Der auf der Lithium-Ionen-Batterie des 919 Hybrid basierenden Stromspeicher dient aber nicht nur dem Energiemanagement, er steigert durch die optimale Gewichtsverteilung auch die Performance des Autos. Leitgedanke: Auch ein elektrisch angetriebener Porsche ist stets ein Sportwagen. Oliver Blume bestätigt das: „Wir nehmen die Herausforderung der Elektromobilität konsequent an. Auch bei rein batteriebetriebenen Sportwagen bleibt Porsche seiner Philosophie treu und bietet unseren Kunden das sportlichste und technologisch anspruchsvollste Modell im Segment.“
Aber nicht nur der Antrieb ist zukunftsweisend, auch im Innenraum setzt Porsche technisch neue Maßstäbe. Der Mission E besitzt vier gegenläufig öffnende Türen, die B-Säule fehlt. Kameras in den vorderen Kotflügeln ersetzen die klassischen Außenspiegel, die Kamerabilder werden in die unteren Ecken der Frontscheibe eingeblendet. Intuitiv, schnell und ablenkungsfrei sind die Anzeige- und Bedienkonzepte. Ein Eye-Tracking-System erkennt dabei mittels Kamera, auf welches Instrument der Fahrer schaut. Per Tastendruck am Lenkrad aktiviert der Fahrer das entsprechende Menü und kann dann navigieren.
Ein holografisches Display zeigt zudem individuell wählbare Apps, über die der Fahrer oder Beifahrer Medien, Navigation, Klimaanlage und Kontakte steuert – berührungsfrei, allein durch Gesten. Last not least verbindet Porsche Car Connect das Auto mit dem Smartphone oder dem Tablet, das Herunterladen neuer Funktionen für Fahrwerk, Motor oder Infotainment-System erweitern den Ausstattungsumfang des Fahrzeuges quasi über Nacht.
Zurück in die Zukunft? Nachhaltigkeit ist das Stichwort der Stunde. Kein Fremdwort für den Technikpionier Porsche. Der Cayenne S Hybrid (Vorgänger des Cayenne S E-Hybrid) hatte bereits 2007 Premiere. Mit dem Panamera S E-Hybrid und dem 918 Spyder folgten dem Cayenne zwei weitere Serien-Plug-in-Hybride ins Porsche-Programm. Und auch das Engagement in der Langstrecken-Weltmeisterschaft mit seinem ambitioniertem Hybrid-Reglement zeigt, dass man sich in Stuttgart intensiv mit dem Antrieb der Zukunft beschäftigt. „Was wir in den zwei Jahren seit unserer Rückkehr in die Langstrecken-WM mit dem 919 Hybrid in Bezug auf die Themen Speichertechnik, Energierückgewinnung und Systemsteuerung gelernt haben, übertrifft unsere kühnsten Erwartungen“, sagt Porsche-Chef Oliver Blume.
Mit Mission E setzt Porsche weiter auf nachhaltiges Wachstum. Allein in Zuffenhausen entstehen mehr als 1.000 neue Arbeitsplätze. Etwa 700 Millionen Euro investiert das Unternehmen an seinem Stammsitz. In den nächsten Jahren werden dort eine neue Lackiererei und eine eigene Montage errichtet. Das bestehende Motorenwerk wird für die Herstellung der Elektroantriebe ausgebaut. Außerdem wird der vorhandene Karosseriebau erweitert. Dazu kommen weitere Investitionen etwa im Entwicklungszentrum Weissach, die in diesem Kontext stehen. Uwe Hück, Gesamtbetriebsrats-vorsitzender und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Porsche AG: „Ein Tag zum Jubeln! Ja, wir haben es geschafft und den Mission E nach Zuffenhausen und Weissach geholt, wo Zukunft Tradition hat.“