Besen, Besen, sei’s gewesen

Der Mensch ist ein zwanghafter Zauberlehrling. Er glaubt nach all‘ den Erfahrungen immer noch, dass zwangsläufig segensreich sei, was machbar ist. Zum Beispiel KI wie Künstliche Intelligenz. 

Schon die Wortkombination bricht ein Tabu. KI steht für Künstliche Intelligenz. Künstlich soll also funktionieren, worauf der Mensch stets das Exklusivrecht hatte: Intelligenz.

Wir wissen, wozu die menschliche Intelligenz in relativ überschaubaren Zeiträumen führte: zu großen Kulturen, zu gewaltigen Kriegen. Die Geschichte der Zivilisation war stets auch eine Geschichte der Zerstörung. Intelligenz ist nicht nur der Nährstoff für Musik und Malerei, sondern auch der Bauplan für Kanonen und Granaten. Adolf Hitler und Josef Stalin war intelligente Menschen, erbarmungslose Nutznießer der Umstände. Keine Vernunft wird das leugnen. Intelligenz und Skrupellosigkeit sind oft nur die beiden Seiten eines Charakters. Große Geister predigten Ethik und Moral und gaben ihre Kinder ins Waisenhaus.

Man muss kein Genie sein, um die menschliche Intelligenz zu hinterfragen.

Jetzt kommt der Fortschritt um die Ecke und redet der Künstliche Intelligenz das Wort. Noch sind die Maschinen Maschinen. Und die Menschen bleiben Menschen. Die Gefahr, die Kontrolle zu verlieren, wird einfach ignoriert. Die erstaunliche Sorglosigkeit ist nicht neu. Man baut seit 60 Jahren Atomkraftwerke, obwohl man weiß, dass eine Kernschmelze nicht beherrschbar ist.

KI sind Algorithmen, die so algorithmisch sind, dass sie von sich selber lernen, sich also selber fortschreiben. KI versteckt sich in Rechnern klein wie Streichholzschachteln. Sie passen in nützliche und gefährliche Maschinen auf dem Feld, in der Fabrik, in Drohnen oder in Kampfrobotern.

Die kleinen Rechner beobachten ihre Arbeit, ihre Umgebung, sich selbst und die anderen Rechner um sich herum. Daraus lernen sie, was sie besser machen können, was sie anders machen müssen. Die Biologie dieser Erde – vulgo: Leben – kennt dieses Prinzip schon seit grob geschätzt 3,5 Milliarden Jahren. Man nennt es Evolution.

Das vorläufige Ende der Evolution ist der Mensch, ein erstaunliches Säugetier mit hochentwickelten Fähigkeiten.

Die Experten streiten sich darüber, ob die Evolution den Erfindergeist des Menschen in dessen kurzer Zivilisationsgeschichte positiv oder negativ beeinflusst habe. Unstrittig ist sicherlich, dass der medizinische und der technische Fortschritt die Menschheit förmlich explodieren lässt, wie die folgende Zahlenreihe belegt:

  • 1800 a.D.: 1 Milliarde Menschen 
  • 1927: 2 Milliarden
  • 2018: 7,6 Milliarden
  • Prognose 2050: 9,9 Milliarden

Was das für die Zukunft bedeutet? Wir werden sehen.

Skeptiker sagen, die Sache sei aus dem Ruder gelaufen. Denn die Evolution ist zwar schlau, sie lernt aber nur aus dem gestern und weiß nicht, was morgen ist.

Niemand weiß, wie sich die mathematische Evolution namens KI entwickelt. Wenn sie logischer denkt als ihr Erschaffer, wird sie dem Menschen über kurz oder lang überlegen sein. Kann sein, dass die Künstliche Intelligenz dann auch Gefühle entwickelt, am besten positive wie Empathie und Fürsorge. Wir sollten nicht darauf hoffen.

Künstliche Intelligenz wird auf jeden Fall kreativ sein. Algorithmen, die sich selber fortschreiben können, sind per se kreativ. Auch Atomphysiker sind kreativ. Von der Toyota-Tochter Lexus hören wir jetzt, das Drehbuch zum Werbefilm des neuen Lexus-Modells ES sei von Künstlicher Intelligenz geschrieben worden: Das ist natürlich ein netter Gag. Die Regie hat noch ein echter Mensch geführt, ein leibhaftiger Oscar-Gewinner. Der Film, ein Werbefilm, ist durchaus sehenswert. Der Film erzählt die Geschichte zweier starker Maschinen und zweier schwacher Menschen.

Hugo von Bitz