China ist smart

Smart geht nach China. Wie zuvor schon Volvo oder Kuka. Das ist kein Zufall, sondern die Zukunft. Und dann?

China ist ein Gigant: 1,4 Milliarden Menschen. Das entspricht in etwa der Einwohnerzahl der USA, Europas, Russlands, Japans und Südkoreas zusammengenommen – Südkorea mit dem Faktor 3.

Es sollen hier keine Erbsen gezählt werden, nur Fakten. 1,4 Milliarden Menschen sind 1,4 Milliarden Verbraucher. Tendenz steigend, denn China lernt schnell. Die Ein-Kind-Politik hat ihre Schuldigkeit getan – Verhinderung einer zügellosen Bevölkerungsexplosion -, jetzt sind wieder zwei Kinder das Maß der Familie. China ist eine Volksrepublik, die Partei ist das Volk. Wenn die Partei heute „A“ sagt, sagt das Volk „A“. Wenn die Partei morgen „Z“ sagt, sagt das Volk „Z“. Das K im Parteinamen KPC steht für den Kommunismus und meint längst den Kapitalismus. K könnte auch Konsens meinen, und Konsens ist in China alles, was die Partei für gut befindet.

Es gibt im Westen Wirtschaftsführer und mittlerweile auch Politiker, die das für einen Vorteil halten. Dabei vergessen sie, dass Wohlstand ohne Freiheit wie ein gutes Essen ohne Wein ist. Und selbst das ist falsch: Man kann ohne Wein essen, aber man will nicht ohne Freiheit leben.

Die chinesische Führung ist ein Apparat, der Entwicklungen nicht fordert, sondern anordnet. Infrastrukturprojekte wie Flughäfen, Seehäfen oder Autobahnachsen werden nicht diskutiert, sondern dekretiert. Der Wohlstand soll sich entfalten, aber das Zentralkomitee bestimmt die Richtung. Die Partei denkt für das Volk und lenkt das Volk. Das „A“ von heute kann morgen schon ein „Z“ sein. Echte Marktwirtschaft geht anders.

Die Abhängigkeit des Westens von diesen einfachen, totalitären Strukturen ist enorm. Der VW-Konzern verkauft fast die Hälfte seiner Autos in China. In keinem einzigen der China-Joint-Ventures haben sie das Sagen. Der Milliardär und Geely-Gründer Li Shufu kaufte erst Volvo, dann zehn Prozent der Daimler Aktien, schließlich die Hälfte der Daimler-Marke Smart – alles gute Deals, Win-win gewissermaßen. Im Moment jedenfalls. Aber der Chef darf nicht in Ungnade fallen, und die großen Politiklinien dürfen keine Pirouetten drehen. Wenn die Partei heute beschließt, den motorisierten Individualverkehr in den 49 Millionen-Städten des Landes zu verbieten, dann ist das morgen Gesetz. Und wenn die Führung die Idee hat, alle Autoproduzenten zu einem China-Konzern zusammenzufassen, dann folgt dem Rat die Tat.

Das Reich der Mitte versteht sich als Reich der Mitte. Wenn Smart seine Produktion nach China verlegt, dann werden Smart künftig in China gebaut und nicht mehr in Lothringen. Wenn die Geely-Tochter Polestar ihre Elektroautos in China produziert, dann fehlen die Arbeitsplätze in Schweden. Und wenn der Roboterspezialist Kuka 300 Stellen streicht, dann passiert das am Stammsitz in Schwaben – die neuen chinesischen Eigner wollen es so. 

Das gigantische China spielt mit dem Westen, aber es spielt nach seinen Regeln. Der Westen darf mitspielen. China ist smart.

Foto: motorfuture

Oskar Weber