Nach dem Urteil ist vor der Praxis

Die Richter in Leipzig sagen, was Recht ist. Wie das Recht in der Praxis umzusetzen ist, sagen sie nicht. Das müssen sie auch nicht. Kommentar.

Das Recht mag am Dienstag in Leipzig zu seinem Recht gekommen sein. Millionen Besitzer von Dieselfahrzeugen sind es nicht. Bestandsschutz, ein hohes Gut in der rechtsstaatlichen Gesellschaft, gilt plötzlich nicht mehr, wenn vermeintlich höherwertige Interessen zählen.

In diesem Fall ist saubere Luft vorrangig, was immer das sein mag. Die monokausale Wirkung von Stickoxid ist wissenschaftlich nicht bewiesen. Im richtigen Leben gelten willkürliche Grenzwerte, die an Industriearbeitsplätzen 20 mal so hoch sein dürfen wie an Straßenkreuzungen in Auspuffhöhe. Das ist absurd. Die Diskussion um die Diesel-Stickodie wurde im wesentlichen von Leuten bestritten, die einen Verbrennungsmotor nicht von einer Nähmaschine unterscheiden können.

Die Besitzer von zehn Millionen Dieselautos, die nicht die Abgasnorm Euro 6 erfüllen, dürfen sich bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH) bedanken. Die selbsternannten Umweltschützer vom Bodensee sind ein windiger Abmahnverein mit undurchsichtigen Statuten. Die DUH ist dafür verantwortlich, dass viele Milionen Bürger mit dem Leipziger Urteil einen empfindlichen Wertverlust ihres Autos akzeptieren müssen. Für den Autohandel wird der Kapitalverlust in vielen Fällen existenzbedrohend sein.

Wie es jetzt weitergeht, sagen die Bundesverwaltungsrichter nicht. Das müssen sie auch nicht. Sie haben die geltende Rechtslage interpretiert, alles andere ist Sache der Politik. So funktioniert Gewaltenteilung, so funktioniert ein Rechtsstaat.

Man darf gespannt sein, was sich Bund, Länder und Gemeinden einfallen lassen, um den Besitz seiner Bürger zu schützen. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD findet sich übrigens explizit der Hinweis, dass das Verbandsklagerecht auf den Prüfstand soll. Es ist jenes juristische Konstrukt, das es DUH und Konsorten erlaubt, Gott und die Welt nach Gutdünken zu verklagen. Gut möglich also, dass sich der Sieg von Leipzig für die DUH zum Pyrrhussieg wandelt.

Einen Hinweis verdient sich in diesem Zusammenhang auch die mächtige Autoindustrie: Compliance wurde nicht erfunden, um Zulieferer und Mitarbeiter zu gängeln. Chefs, die tricksen, sind eine Schande für die freie Wirtschaft.

 

Hintergrund

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Oskar Weber