Pecunia non olet

Geld stinkt nicht, sagt der Lateiner. Leider ist das Gegenteil der Fall. Kohle ist schmutzig, wenn sie eine Gesellschaft nicht gleichmäßig wärmt. In Systemen, die dieses Prinzip vergessen, rutscht die Wirklichkeit irgendwann aus dem Rahmen.

Wir müssen reden. Über Geld. Was das mit Motoren zu tun hat? Viel. Was das mit Zukunft zu tun hat? Vielleicht alles.

Wir reden über drei Beispiele: Über Daimler, über Fiat-Chrysler (FCA) und über Volkswagen.

Daimler-Chef Dieter Zetsche, ist dieser Tage zu lesen, verdient das 171-fache des durchschnittlichen Konzernmitarbeiters. Beim Daimler verdient man gut. Wenn die kolportierten 13 Millionen Euro Jahresgehalt für Zetsche stimmen, bekommt der durchschnittliche Daimler-Mitarbeiter gut 76.000 Euro im Jahr. Das ist eine Menge Geld. Der Chef kassiert diese Summe in zwei Tagen, einschließlich der Sonn- und Feiertage. Das ist absurd. Bevor die deutschen AG-Aufsichtsräte in den 90er-Jahren begonnen haben, ihre Vorstände nach amerikanischem Vorbild zu besolden, gab man einem Vorstandsvorsitzenden das 20-fache eines guten Facharbeiters. Auch damals war die Differenz groß. Aber niemand stellte in Zweifel, dass 20 Durchschnittsgehälter eine angemessene Vergütung für die Leistung und Verantwortung eines Konzernchefs sind. Ein Blick in den Rückspiegel zeigt, dass die Soziale Marktwirtschaft, die Westdeutschland nach dem Krieg Wohlstand brachte, gerade einmal drei Jahrzehnte hielt.

In Turin, wo 100 Jahre lang Fiat residierte, ehe man den neuen FCA-Konzern (Fiat Chrysler Automobiles) aus Steuergründen in den Niederlanden ansiedelte, hat der konzerneigenen Fußballverein Juventus den portugiesischen Superstar Ronaldo eingekauft. Ronaldo kann kicken wie ein Gott. Er ist 33 Jahre jung. Der Verein, der einem Konzern gehört, der seit Jahr und Tag saniert, rationalisiert und aus der Belegschaft jeden Cent heraus presst, zahlt dem Fußballer 44 Millionen Euro Jahresgehalt. Das sind 120.548 Euro pro Tag. Einschließlich der Sonn- und Feiertage. Es ist dreieinhalb Mal mehr, als dem Daimler-Chef Zetsche zugestanden wird. In Italien und den USA, wo FCA hauptsächlich produziert, kann man mit 44 Millionen Euro 1000 Arbeiter und Angestellte ein Jahr lang bezahlen. Im FCA-Produktionsstandort Polen sogar 2000. Man kann es natürlich auch andersherum rechnen: Für das Jahresgehalt des portugiesischen Fußballers muss der polnische Arbeiter 2000 Jahre lang schuften, wofür er, 40 aktive Arbeitsjahre vorausgesetzt, 50 Leben bräuchte.

Arbeiter in der Produktion und Angestellte in der Verwaltung schießen keine Tore. Chefs ebenfalls nicht. Die sonnen sich gerne in Aufsichtsräten im Glanz der Fußballshow. Der Ex-Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn zum Beispiel sitzt immer noch im Aufsichtsrat des FC Bayern. Winterkorn hat jetzt Zeit. Unter seiner Ägide wucherte im VW-Konzern der Diesel-Skandal heran, der das Unternehmen bislang einen hohen zweistelligen Milliardenbetrag gekostet hat. Volkswagen zahlt dem gescheiterten und gefallenen Pensionär ein Betriebsrente von 3000 Euro. Am Tag.

Der Vorstandsvorsitzende, der Fußballer und der Pensionär sind übrigens allesamt Angestellte. Sie gehen, anders als jeder richtige Unternehmer, noch nicht einmal ins Risiko für die gewaltigen Geldströme auf ihre Gehaltskonten. Man fragt sich, wo das Loch im System ist. Die Geschichte jedenfalls lehrt, dass auch duldsame Gesellschaften irgendwann nicht mehr wegschauen, wenn die Wirklichkeit aus dem Rahmen rutscht.

 

Oskar Weber