World Wide Wheels

Richard Lutz // Carlos Tavares // Karl-Thomas Neumann // Rüdiger Grube // Zahlen, bitte!

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Das Rad ist rund, die Welt ist bunt, und das Leben ist voller Überraschungen. Unsere Kolumne World Wide Wheels sucht die Nachrichten hinter den Nachrichten. Fakten oder Fake, Bingo oder Bullshit, Ross oder Reiter? Kommen Sie ran, lesen Sie rein, entscheiden Sie selbst.

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Bahnchef Richard Lutz macht sich unbeliebt. Wären die heute bekannten Zahlen und Fakten vor dem Baubeginn 2009 bekannt gewesen, hätte das Unternehmen in Sachen Stuttgart 21 „eine andere Entscheidung“ getroffen, ließ der Vostandsvorsitzende des größten Bundesunternehmens jetzt in einer nichtöffentlichen Ausschusssitzung des Bundestags wissen. Das wurmt die Politik in Berlin und Stuttgart, allen voran Union und SPD. Die Großkoalitionäre hatten das unterirdische Großprojekt mit brachialer Gewalt durchgepeitscht. Das wurmt vor allem aber auch die Wutbürger. So hatte die Politik damals die Projektgener diffamiert. Dabei hatten die Kritiker alle Fakten schon vor zehn Jahren parat: Der neue Bahnhof wird weniger leistungsfähig sein als der alte sein, die georgische Situation in Stuttgart ist prekär, und die Kalkulation ein schöngerechneter Witz. Jetzt ist das Desaster der Dilettanten angeblich unumkehrbar. Augen zu und durch, sagt der Bahnchef, der die Misere von seinen Vorgängern Mehdorn und Grube geerbt hat. Apropos: Der Preis für die Grube, also die Tieferlegung der Bahn am dafür wahrscheinlich ungeeignetsten Standort in ganz Deutschland, hat sich mittlerweile auf 8,2 Milliarden Euro verdoppelt. Und die Fertigstellung verzögert sich bis 2025. Vorerst. Bis dahin ist im Stuttgarter Talkessel Großbaustellen-Grobstaubalarm Übrigens: Das berühmt-berüchtigte Neckartor ist nur ein paar hundert Meter vom Milliardenloch entfernt.

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Vom Regen in die Traufe. Es kommt, wie es kommen musste bei Opel/Vauxhall, nur vielleicht noch schlimmer. Unter dem alten amerikanischen Konzerndach bei General Motors gab es für die europäische Tochter keinen erkennbaren Plan, die Geschäfte zu konsolidieren. Sogenannte Topmanager kamen und gingen, die meisten eitle Selbstdarsteller, die alles versprachen und nichts hielten. Unter dem neuen französischen Konzerndach der Peugeot-Citroën-Gruppe PSA ist die Strategie hingegen klar: Reduzierung der Technik-Plattformen, Badge-Engineering, Skaleneffekte in der Entwicklung, beim Einkauf und in der Produktion. Mehr Effizienz bedeutet aber weniger Personal. PSA-Chef Carlos Tavares ist ein harter Sanierer. Er hat den Amerikanern die seit fast 20 Jahren in den roten Zahlen schleudernde Europa-Tochter nur deshalb abgenommen, weil sein Geschäftsmodell Volumen braucht, Masse, Stückzahlen. Diie Marken Opel und Vauxhall sind gut für eine Milion Autos pro Jahr, plus Wachstumschancen in neuen Märkten. Was PSA nicht braucht, sind Produktionskapzitäten. Fabriken hat man selber, Mitarbeiter auch, und die Gewinne wachsen mit der Auslastung. Die Zeche werden wieder mal die kleinen Leute Zahlen. Die Mitarbeiter von Opel und Vauxhall in Rüsselsheim, in Eisenach, in Kaiserslautern und in Elesmere Port. Manche nennen es Marktwirtschaft, aber zuweilen darf man den Kapitalismus auch beim Namen nennen.

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Karl-Thomas Neumann ist ein Mann mit großem Sendungsbewusstsein. Bei Opel hat er nichts gerissen. Aber viel Geld verdient. Mit einem Teil davon steigt er jetzt in ein Elektroauto-Projekt ein. Natürlich in Kalifornien. Sendungsbewusstsein und vor allem Geschäftssinn reklamiert auch Rüdiger Grube für sich. Der Ex-Bahnchef stieg zwar beleidigt aus einem laufenden Vertrag aus, erstritt aber gleichzeitig einen Millionen-Abfindung. Das müsste mal ein normaler Arbeitnehmer versuchen. Auch Grube ist jetzt Investor. Er unterstützt die Expansionsaktivitäten seiner Ehefrau, einer Sterne-Köchin. Zum Beispiel in China. Neumann und Grube arbeiten tatsächlich mit eigenem Geld – und sind damit immerhin das, was ein angestellter Manager niemals sein wird: richtige Unternehmer.

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Mexiko ist dieses Jahr Partnerland der Hannover-Messe. Das mittelamerikanische Land hat abscheuliche Kriminalitätsprobleme und eine lange Grenze zu den Vereinigten Staaten. Und sonst? Zahlen, bitte! Mexiko hat 123 Millionen Einwohner (Deutschland:  82 Millionen). Die Bruttowertschöpfung der mexikanischen Industrie lag 2016 bei umgerechnet 148 Milliarden Euro (D: 649 Milliarden Euro) mit einem Anteil des Fahrzeugbaus von 19,5 Prozent (D: 22,1 Prozent). Exportquoten des verarbeitenden Gewerbes: Mexiko 36 Prozent, Deutschland 48 Prozent. Quellen: Statistisches Bundesamt und OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung).

 

Oskar Weber