Alles was Recht ist. Die Geschichte der bundesdeutschen Umweltgesetzgebung und der Diesel-Skandal. Serie, Teil 2.
2009 wurde eine Umstrukturierung der Besteuerung von Kraftfahrzeugen vorgenommen, die sich am C02-Ausstoß orientiert.
Im September 2018 trat eine weitere Neuregelung in Kraft: Die steuerrelevanten CO2-Werte werden jetzt verbindlich nach dem WLTP (Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure) gemessen, für neu zugelassene Autos steigen die Steuern.
CO2 pro Kopf
Es wurde viel erreicht: Die deutschen Flüsse wurden sauber, über der Ruhr ist der Himmel wieder blau (die Arbeitslosigkeit im ehemaligen Stahl- und Kohlerevier stieg allerdings kräftig an). Der Ausstoß von Schadstoffen ging zurück – bei CO2 um 27 Prozent, bei Stickoxid um 58 Prozent, allein im Straßenverkehr um eine Million Tonnen. Apropos CO2: Die Deutschen emittierten nach Angaben des Global Carbon Project im vergangenen Jahr pro Kopf 9,1 Tonnen des Treibhausgases, die USA kamen auf einen Pro-Kopf-Wert von 17,0 Tonnen, das kalte Russland auf 11,0 Tonnen und das arme Indien auf 1,5 Tonnen.
Saubere Luft, alles geregelt
Regelungen gibt es also genug. Am wichtigsten war wohl das Bundesimmissionsschutzgesetz, das seit 1974 den Schutz vor Luftverunreinigung, Lärm, Strahlen und Erschütterungen gewährleisten soll. Der verkehrsbezogene Immissionsschutz ist in den Paragraphen 38 bis 43 geregelt. Dort ist unter anderem vorgeschrieben, dass Luftreinhaltepläne von den Ländern aufgestellt und umgesetzt werden. Diese Regelungen ermöglichten es der „Deutschen Umwelthilfe“, beim Verwaltungsgericht Stuttgart das erste Diesel-Urteil zu erwirken.
Allerdings hatten insbesondere die Regelungen für Diesel den Nachteil, dass die Messwerte nicht auf den Fahrbetrieb sondern die Typprüfung im Labor abstellten. Eine vom Wissenschaftlichen Dienst der EU-Kommission 2011 durchgeführte Prüfung ergab, dass die Emission von Diesel-Fahrzeugen in Straßenverkehr deutlich über der Typprüfung lag. Eine andere Studie kam 2014 zum Ergebnis, dass Euro-6-Diesel um ein Mehrfaches über dem Grenzwert lagen. Ein Jahr später wurde festgestellt, dass zwei Drittel aller geprüften Fahrzeuge den Stickoxid-Grenzwert nur im Labor erreichten. Laut Umweltbundesamt erfüllen die meisten Fahrzeuge der Euro-Normen 4/5/6 im Realverkehr nicht einmal die Normen von Euro 3.
Morgen in Teil 3: Winterkorn, Hatz, Stadler und Co: Im Zweifel für die Angeklagten.
Teil 1: Berlin, Bonn, Brüssel und noch einmal Berlin.
Der Autor: Dietrich Austermann ist Jurist und CDU-Politiker. Von 1982 bis 2005 war er Mitglied im Deutschen Bundestag, von 2005 bis 2008 gehörte er der Landesregierung Schleswig-Holstein als Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr an.
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